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Keine Verhaltensauffälligkeit

Wolf im Murgtal darf nicht geschossen werden

Der Wolfsrüde "GW852m" wird mit mehreren Rissen in Verbindung gebracht. Nun besteht der Verdacht, dass der Wolf auch in Forbach Nutztiere getötet hat. Im Netz fordern viele seinen Abschuss. Dabei ist das derzeit weder möglich, noch erlaubt. Ein Experte erklärt, warum.

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Ausdauernder Jäger: Ein Wolf kann in einer Nacht 50 Kilometer zurücklegen. Auch deshalb ist es schwierig, ihn aufzuspüren. Foto: Bernd Thissen

Wieder einmal schießen die Spekulationen in den sozialen Netzwerken wild ins Kraut: Steckt der in der Region beheimatete Wolfsrüde „GW852m“ hinter dem Riss mehrerer Weidetiere am Wochenende in Forbach? Handelt es sich bei ihm mittlerweile um einen Problemwolf? Und warum wird er nicht endlich abgeschossen?

So einfach ist die Sache nicht, wie Martin Hauser, Wildtierbeauftragter des Landkreises Rastatt, gegenüber den BNN betont: „Der Wolf hat sich bislang nicht auffällig verhalten. Daher sind die Voraussetzungen für einen Abschuss nicht gegeben.“

Wolf hat sich Menschen nicht genähert

Damit eine „Entnahme“, wie Jäger das Töten des Wolfes euphemistisch umschreiben, überhaupt in Betracht gezogen wird, muss sich das Tier Menschen nähern. „Das war bislang nicht der Fall“, erklärt Hauser: „Alle bekannten Sichtungen fanden aus großer Distanz statt, und das Tier hat schnell das Weite gesucht.“ Auch ein mehrfaches Eindringen in wolfssichere Gehege liegt bis dato nicht vor. Alle Tiere, die der aus Niedersachsen eingewanderte Wolfsrüde in den vergangenen Monaten gerissen hatte, wurden laut Hauser auf „nicht ausreichend gesicherten Weiden“ gehalten.

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Christian Striebich aus Gausbach mit einem gerissenen Schaf Foto: Georg Keller

Und hier liegt der Knackpunkt: Zwar übernimmt das Land die Materialkosten für Zäune und Befestigungen. Den Arbeitsaufwand aber können viele Tierhalter, gerade angesichts der Topografie des Murgtals, nicht stemmen. „Hier ist die Politik gefordert“, findet Hauser. Er regt an, dass das Land – oder die EU – Tierhalter auch bei der Errichtung der Zäune unter die Arme greifen.

Abschuss wäre schwierig

Ein Abschuss des Wolfes mit der Kennung „GW852m“ wäre ohnehin ein schwieriges Unterfangen. Denn um ihn zu erschießen, muss man den Wolf zunächst einmal finden. Der ausdauernde Jäger, dessen Spuren vom Südschwarzwald bis an den Kaltenbronn reichen, kann in einer Nacht mühelos 50 Kilometer zurücklegen. Nur ein gutes Dutzend Fotofallen erfassen die Bewegungen der Tiere im Nordschwarzwald. „Um den Wolf aufzuspüren, bräuchte man wahrscheinlich die zehnfache Anzahl“, erklärt Hauser.

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Diese Ziege wurde mutmaßlich von einem Wolf gerissen. Foto: Georg Keller

Das letzte Wort über einen Abschuss hat das Umweltministerium Baden-Württemberg. Noch ist es aber nicht soweit: „Im Moment sehe ich keine Gefahr, dass der Wolf Menschen zu nahe kommt“, gibt Hauser Entwarnung. Am Montag stand bei dem Wildtierexperten das Telefon nicht mehr still. Auch während des Gesprächs mit dem BNN-Redakteur bimmelte es im Hintergrund: „Das Thema beschäftigt die Öffentlichkeit sehr“, weiß Hauser.

Hervorragende Lebensbedingungen

In seinem Forstrevier auf dem Kaltenbronn hatte er bereits mehrfach Spuren von „GW852m“ gefunden , darunter am abgenagten Skelett eines Hirsches.

„Der Wolf findet im Nordschwarzwald hervorragende Lebensbedingungen vor“, erklärt der Experte. Das heißt: Ausgedehnte Waldgebiete und eine vergleichsweise geringe Bebauung.

Wolf reißt mehrfach Nutztiere

In den vergangenen Monaten hatte der Rüde mehrfach Nutztiere gerissen , etwa in Baiersbronn und in Reichental. Das Problem: Auf eingezäunten Weiden gibt es für sie kein Entkommen. Die aufgeregten Tiere lösen beim Wolf immer wieder den Beutegreifreflex, eine Art Jagdtrieb, aus. So, und nicht etwa mit Mordlust, erklären sich Experten Vorfälle wie in Bad Wildbad 2018, als rund 40 Tiere getötet wurden.

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