„Am 10. September und 3. Oktober 1944 legten feindliche Bomber Gaggenau in Schutt und Asche“, blickte Oberbürgermeister Christof Florus auf die furchtbare Katastrophe vor 75 Jahren zurück. „Wir fühlen uns mit der Teilnahme an dieser Gedenkfeier auch der lokalen Geschichte verpflichtet“, sagte Robert Scharff, Leiter des Kulturrings, in seinem Grußwort.
205 Menschen starben
Karin Hegen-Wagle und Manfred Mayer vom Stadtarchiv Gaggenau vermittelten mit einer Bilderschau die einschneidenden geschichtlichen Ereignisse jener Zeit. 1942 hatten abgeworfene Flugblätter einen „verheerenden Luftkrieg britischer Kampfflugzeuge“ prophezeit, der sich auf grausame Weise erfüllen sollte. Trotz fünf Luftschutzstollen fanden 205 Menschen den Tod.
Unter dem Titel „Gegen das Vergessen“ referierte Manfred Reufsteck mit einem Bildvortrag über den Amalienbergstollen, den Daimler-Benz 1944 als Luftschutzstollen für Werksangehörige und Bevölkerung anlegen ließ. Dessen 23 Meter dicke bombensichere Felsendecke rettete vielen Menschen das Leben, denn er bot mehr als 3 000 Sitzplätze.
Menschen sollten auf Taschentücher pinkeln
Dennoch spielten sich dort dramatische Szenen ab, so Reufsteck: „Durch die Bombeneinschläge bebte der ganze Berg und löste den durch die Felssprengungen abgelagerten Staub von den Wänden. Die Menschen drohten fast zu ersticken“.
Ein Wachmann habe den Menschen zugerufen, „sie sollten auf ihre Taschentücher pinkeln, um ein feuchtes Tuch vor dem Mund zu haben“. Reufsteck verlor sein Elternhaus, doch die fünfköpfige Familie überlebte. Sein Schlusswort: „Frieden ist möglich – es gibt keine bessere Alternative“.
Manch stille Träne geflossen
Moderiert von OB Florus, schilderten zehn Zeitzeugen ihre erschütternden Erlebnisse als Kinder bei den Fliegerangriffen. Besonders anrührend: Riesenschnauzer „Strolch“ hatte einen kleinen Jungen beim Fliegerangriff instinktiv in seine Hundehütte gezogen. Ein anderer berichtete: „Mein Elternhaus brach unmittelbar neben mir zusammen – Sekunden, die für mich über Leben oder Tod entschieden“.
Es herrschte eine bedrückende Stille im Saal, und manch‘ stille Träne floss bei Aussagen wie: „Die Häuser haben lichterloh gebrannt. Es war die Hölle!“, „Meine verschüttete Mutter wurde ausgegraben“, „Die Kinder haben vor Angst geschrien“.