
Feuerwehrmenschen stehen oft im Fokus. Schnell ist von Helden die Rede, wenn sie Menschen aus höchster Not retten, oft unter Einsatz des eigenen Lebens.
56 Jahre lang war auch der Michelbacher Leo Lust Teil dieses Kreislaufes. „Die Eltern und später die Ehefrau haben mich ziehen lassen“, erzählt Lust von seinem Einstieg mit 18 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr (FFW), nachdem er zuvor bereits mit vielen seiner Kollegen bei Jugendfeuerwehr aktiv war. Um Auszeichnungen ging es ihm während seiner Zeit sowohl bei der FFW Ottenau als auch bei der FFW Michelbach nie, sagt er, ehe er zurückblickt.
Hochwasser 1978 lässt Lust Senior bis heute nicht los
Das Einsatzgeschehen sei zu seiner Zeit weniger gefährlich gewesen als heutzutage. „Das Spektrum hat sich erweitert“, fügt Sohn Andreas hinzu, der gemeinsam mit seinem Bruder Michael die Familientradition weiterführt.
Ein Hochwasser 1978 blieb dem Senior dennoch im Gedächtnis haften. Als der Michelbach am 23. Mai des Jahres über die Ufer trat und die Wassermassen begannen, den Ort zu bedrohen, seien die Hilfskräfte an ihre Grenzen gestoßen, sagt Leo Lust.
Auch seine Söhne können in der Zwischenzeit einiges berichten. Die Brüder sind in den Abteilungen Gaggenau und Michelbach aktiv. Zusätzlich unterstützt Michael Lust die Kameraden der in Gaggenau vom Landkreis stationierten sogenannten ABC-Einheit. Diese kommt immer dann zum Einsatz, wenn bei einem Unfall Gefahrstoffe mit im Spiel sind.
Ein Suizid auf den Gleisen, Dauereinsatz nach Sturmereignis Lothar, Hochwasser, Unfall – es sei nicht immer klar, was die Einsatzkräfte bei einem Einsatz erwarte, meint der 42-jährige Andreas Lust.
Michael Lust in Doppelfunktion bei Feuerwehr und Rettungsdienst
Einen seiner ersten Einsätze habe er bei Moosbronn gehabt. Ein Unfall mit zwei toten Menschen erinnert er sich. Doch man lerne, mit dem Erlebten umzugehen. Zudem ist der 42-Jährige im Hauptberuf Rettungssanitäter und sieht sich dadurch bei Einsätzen für die Feuerwehr im Vorteil.
Es ist einfach ein anderer Zusammenhalt.Michael Lust
Feuerwehrmann
Es sei aber zu kurz gedacht, dass allein die Tatsache, dass der Vater bei der Freiwilligen Feuerwehr war, ausschlaggebend dafür gewesen sei, dass auch die beiden Söhne diesen Weg einschlugen.
Vielmehr seien die Entscheidungen für die Jugendfeuerwehr und später den Übertritt zu den Aktiven eigenständig gefallen, stellen die Brüder unisono klar. Eine Entscheidung, die sie bisher nicht einen einzigen Tag bereut haben. „Es ist einfach ein anderer Zusammenhalt“, hebt Michael Lust die besondere Gemeinschaft unter den Feuerwehrleuten heraus.
Jeder der Brüder hat sein eigenes Aufgabengebiet im Abteilungsgeschehen. Während der eine unter anderem Atemschutzträger unterstützt, kümmert sich der andere um sein Fahrzeug.
Auf die bei der Feuerwehr herrschenden Hierarchien angesprochen, heißt es: unverzichtbar im Einsatzfalle. „Alles muss funktionieren“, betont Michael Lust.
Die Räder müssen reibungslos ineinander greifen, dafür werde regelmäßig geübt. Entscheidungen sind oftmals innerhalb von Sekunden zu fällen. Ein Fehler kann ungeahnte Folgen haben. Priorität habe aber dennoch immer die Gesundheit der Mannschaft.
Wir machen das alle freiwillig, das verdient Anerkennung.Michael Lust
Feuerwehrmann
In den USA wird Feuerwehrleuten mehr Respekt gezollt
Ist Feuerwehrwesen dann mehr als nur ein Hobby? Darauf kommt ein entschiedenes Ja, ehe sich bei beiden die Blicke verfinstern. Der oftmals fehlende Respekt gegenüber Einsatzkräften, nicht nur bei der Feuerwehr, bereite ihn Sorgen, sagen die beiden Brüder.
„Wir machen das alle freiwillig, das verdient Anerkennung“, betont Michael Lust. In den USA sei das ganz anders. Dort werde den Feuerwehrkameradinnen und Feuerwehrkameraden in hohem Maße Respekt gezollt, fahren sie fort.
Bruder Michael Lust arbeitet in der Zwischenzeit als Metzgermeister in Karlsruhe. Jedoch werde er bei einer bedeutsamen Schadenslage ebenfalls angerufen. Probleme ergeben sich für ihn daraus nicht. Sein Arbeitgeber zeigt dafür Verständnis. „Geh, heißt es dann“, sagt Michael.
Zur Serie
In der Vergangenheit verbreiteten große Brände Angst und Schrecken. Drei folgenreiche Stadtbrände ließen in einem Zeitraum von rund 300 Jahren die Gernsbacher Altstadt in Schutt und Asche versinken. Im Rahmen einer siebenteiligen Serie geht diese Redaktion unter anderem der Frage nach: Was bringt junge Menschen dazu, sich bis zur Altersgrenze mit 65 Jahren freiwillig und ohne Bezahlung, nur für eine Aufwandsentschädigung, für den aktiven Feuerwehrdienst zu begeistern?