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Lieblingsgebäude online vorschlagen

Jeder darf Vorschläge machen und abstimmen: Badischer Architekturpreis wird zum zweiten Mal verliehen

Der Badische Architekturpreis wird zum zweiten Mal ausgelobt. Jeder kann online sein Lieblingsgebäude vorschlagen. Auch über die Sieger in zehn Kategorien entscheidet das Publikum.

Richard Meier
Preisübergabe in New York: Richard Meier (Mitte) erhält den Badischen Architekturpreis in der All -Star-Kategorie aus der Hand von Jürgen und Mila Grossmann. Foto: Karsten Staiger

Ein Leben ohne Architektur ist nicht vorstellbar. „Der Mensch hat drei Häute“, schrieb Friedensreich Hundertwasser. „Er wird mit der ersten geboren, die zweite ist sein Kleid, und die dritte ist die Fassade seines Hauses.“ Im Kulturbetrieb tut sich Architektur dennoch schwerer als Kunst oder Theater.

Staat, Architektenkammern und -verbände stiften Preise, um das Interesse der Öffentlichkeit auf Architektur zu lenken. Die bedeutendste Auszeichnung ist der 1979 von Jay Arthur Pritzker gestiftete Preis, der gerne als Nobelpreis der Architektur bezeichnet wird.

Jürgen Grossmann ist ein völlig anderer Typ als der US-amerikanische Unternehmer. Der 1962 in Bühl geborene Architekt und Projektentwickler sieht sich gerne als „Macher“. Er ist aber mindestens ebenso bodenständig. Nach dem Studium an der Universität in Karlsruhe (heute KIT), gründete er 1990 ein Büro in seiner Heimatstadt. Das hat Grossmann inzwischen ins von ihm selbst entworfene Europäische Forum am Rhein in Neuried (Ortenaukreis) verlegt.

Jürgen Grossmann
Ein Leben für die Architektur: Jürgen Grossmann erklärt vor dem denkmalgeschützten Veraltungsgebäude von Müller Stahlbau in Offenburg die Restaurierung der Fenster. Das Gebäude ist ein Werk von Egon Eiermann. grossman hat es 2020 erworben. Foto: Ulrich Coenen

Grossmann steht für eine Architektur mit großer Geste, engagiert sich aber auch für das bauliche Erbe in Mittelbaden. Nur seinem Einsatz als Projektentwickler ist die erfolgreiche Sanierung einer ganzen Reihe Kulturdenkmälern zu verdanken, darunter komplett aussichtslos erscheinende Fälle wie Schloss Rittersbach (Bühl).

Wichtigster Architekturpreis in Baden-Württemberg ist der Hugo-Häring-Preis

Der Bühler ist ein Mann, der gerne mal aneckt, auch bei Kollegen. Als er 2019 den Badischen Architekturpreis (BADAP) stiftete, hat das nicht jedem gefallen. Auszeichnungen auf baden-württembergischer Landesebene gibt es bereits mehrere. Die älteste und wichtigste ist der bereits seit 1969 vom Bund Deutscher Architekten (BDA) ausgelobte Hugo-Häring-Preis. Doch Grossmann ist heimatverbunden. „Ich komme aus Baden“, antwortet er, ohne auch nur eine Sekunde nachzudenken, auf die Frage, warum er ausgerechnet einen Architekturpreis für diesen Landesteil initiiert hat.

Museum Burda
In den Kurstädten entstanden nach 1945 nur wenige bedeutende Neubauten. Das Museum Burda von Richard Meier ist eines der wichtigsten Beispiele. Foto: Ulrich Coenen

Grossmann ist am Montagmorgen gerade mit dem Flugzeug aus New York gelandet, wo er den BADAP in der All-Star-Kategorie gemeinsam mit seiner Frau Mila, die ebenfalls Architektin ist, an Richard Meier überreicht hat.

Das ist gleichzeitig der Auftakt für die zweite Vergabe des Preises, der dieses Mal in insgesamt zwölf Kategorien ausgelobt wird. Den Träger des All Star Award wählt der Stifter persönlich aus – und er hat sich publikumswirksam für Richard Meier, einen der bedeutendsten Architekten der Gegenwart entschieden, der diese Auszeichnung für sein 2004 eröffnetes Museum Burda in Baden-Baden auch angenommen hat. Das adelt den noch jungen Preis weitaus mehr als Meier, der bereits alle wichtigen internationalen Architekturpreise erhalten hat.

Die Menschen sollen sich mit Architektur beschäftigen.
Jürgen Grossmann, Architekt

Der Badische Architekturpreis ist anders als die meisten anderen Auszeichnungen. In den meisten Kategorien wird er vom Publikum in einer Online-Abstimmung vergeben. Grossmann spricht selbstbewusst von einem „demokratischen Ansatz“. „Die Menschen sollen sich mit Architektur beschäftigen“, fordert er. „Ich wollte keinen weiteren Preis von Architekten für Architekten.“

Geis & Brantner Architekten, Freiburg
© 2018 by Jörg Hempel
 www.joerg-hempel-com
Prominentester Preisträger 2019 war der damalige DFB-Präsident Fritz Keller, der für sein vom Büro Geis und Brantner erbautes Weingut im Kaiserstuhl in der Kategorie Industrie- und Gewerbebau ausgezeichnet wurde. Foto: Joerg Hempel

Die zweite Runde läuft bereits. Auf der Homepage des BADAP kann jeder bis zum 15. Mai in zehn Kategorien für verschiedenste Bauaufgaben vom Wohnhaus über das Industriegebäude bis zum Bauen im Bestand Vorschläge online einreichen. Diese Möglichkeit besteht nicht nur für Architekten oder Bauherren, sondern schlichtweg für jedermann, dem ein Haus in Baden besonders gefällt. Vor drei Jahren hat das hervorragend funktioniert. Es gab mehr als 240 Vorschläge.

Fachjury wählt die besten Beiträge aus

So ganz traut Grossmann den Laien dann doch nicht. Wie 2019 tagt nach dem 15. Mai eine Fachjury und wählt in jeder Kategorie die besten Beiträge aus. Das Preisgericht solle eine gewisse Qualität garantieren und sein Know-how einbringen, sagt Grossmann. Anschließend haben die Laien das letzte Wort und bestimmen erneut online den Sieger in jeder Kategorie. 2019 gaben mehr als 20.000 Menschen ihre Stimme ab.

Die Preise werden nach dem aufwendigen mehrmonatigen Verfahren am 15. Oktober im Europäischen Forum am Rhein an die Gewinner vergeben. Die Erfahrung von 2019 lässt erneut eine pompöse Gala mit rotem Teppich erwarten. Denn wie gesagt: Jürgen Grossmann liebt die große Geste, vor allem wenn er für Architektur werben kann.

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