Söder oder Laschet? Baerbock oder Habeck? Schwarz und Grün ringen derzeit mehr oder weniger öffentlich um ihren Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl.
Während es bei den Christdemokraten vor allem um die Frage geht, wer nach Merkel Kanzler kann, fragen sich die Bündnisgrünen, wer der erste grüne Kanzler werden könnte – oder die erste grüne Kanzlerin.
Auch in der Region verfolgen die Politiker beider Parteien die Diskussionen gespannt. Und wollen sich nur ungern festlegen, wer das Rennen machen könnte.
Eine Auswahl zu haben, finden alle gut
Einigkeit herrscht in einer Sache: Beide Parteien seien in der komfortablen Situation, zwischen zwei hervorragenden Politikern die Wahl zu haben. „Ein Luxusproblem“, nennt der Grünen-Landtagsabgeordnete Thomas Hentschel die Situation. Der CDU-Landtagsabgeordnete Tobias Wald spricht von „der Qual der Wahl“.
Doch während das Angebot zweier Kandidaten bei den Grünen zu einer großen Einigkeit führt, zeigt die Union bei ihrer ersten K-Frage nach 16 Jahren Ära-Merkel Zerfleischungserscheinungen, die sonst eher die SPD an den Tag gelegt hat. Während die Bundesspitze Laschet will, ruft die Basis nach Söder.
Ein Spitzenkandidat allein macht noch keinen Wahlsieg.Kai Whittaker, CDU-Bundestagsabgeordneter
Ein Mitgliederentscheid wäre jedoch nicht der richtige Weg, finden die Christdemokraten der Region. „Eine Mitgliederumfrage wäre etwas schwierig, fünf Monate vor der Wahl“, sagt Wald. Zumal es sich formal um Kandidaten aus zwei Parteien handelt – der Entscheid also in der CDU und der CSU nötig würde.
„Die einzige echte Verbindung ist die Bundestagsfraktion, da könnte man nachfragen“, meint der CDU-Landtagsabgeordnete Alexander Becker. Realistisch findet er das allerdings nicht.
Ich rechne mit großen Chancen für das Kanzleramt.Hans-Peter Behrens, Grünen-Landtagsabgeordneter
Einer, der dann die Möglichkeit hätte mitzureden, ist Kai Whittaker. Er sitzt seit 2013 für die Christdemokraten im Bundestag und sieht beim Entscheidungsprozess seiner Partei ebenfalls „noch Luft nach oben“. Auf einen Namen will er sich dennoch nicht festlegen, auch nicht sagen, ob er einen persönlichen Favoriten hat.
„Das ist unwichtig“, sagt Whittaker. Ein Spitzenkandidat allein mache noch keinen Wahlsieg. Es komme vielmehr darauf an, dass Kandidat und Programm zusammenpassten.
Etwas, das der SPD nicht gelungen sei, die ihren Kanzlerkandidaten Olaf Scholz bereits im August präsentiert hat. „Die haben jetzt einen mittigen Kandidaten mit linkem Programm. Und profitieren nicht davon“, ist Whittaker überzeugt.
Die Umfragewerte allein sollten nicht entscheidend sein.Brigitte Schäuble, CDU-Kreisvorsitzende
Die CDU-Kreisverbandsvorsitzende Brigitte Schäuble sieht ganz andere Parallelen zur SPD. „Die Umfragewerte allein sollten nicht entscheidend sein“, sagt sie mit Blick auf die Söder-Befürworter, die sich auf dessen Beliebtheitswerte berufen.
„Das erinnert mich doch sehr an Martin Schulz.“ Eine baldige Entscheidung würde aber auch sie begrüßen: „Schon allein, damit wir wissen, wen wir auf die Plakate kleben sollen.“
Wir alle sind gespannt, ob es Annalena oder Robert wird.Stephanie Mirow, Grünen-Kreisvorsitzende
Auch Stephanie Mirow, die einen Teil der weiblichen Doppelspitze des grünen Kreisverbands ausmacht, rätselt: „Wir alle sind gespannt, ob es Annalena oder Robert wird.“ In ihrer Familie würden sogar Wetten auf den einen oder die andere platziert. „Und der Sieger ist ständig ein anderer.“
Ob es nach 16 Jahren mit einer Frau im Kanzleramt nicht mal wieder Zeit für einen Mann wird? „Nein, so weit sind wir dann doch noch nicht“, sagt Mirow. Angela Merkel sei „zufällig“ eine Frau gewesen, aber keine Feministin. „Annalena ist Feministin, aber im besten Sinne des Wortes.“
Ich sehe uns schon in der Pole Position.Alexander Becker, CDU-Landtagsabgeordneter
Während Laschet und Söder mit der Erfahrung als Ministerpräsidenten, die „erfolgreich die größten Bundesländer“ führen, punkten können, werden bei Baerbock und Habeck andere Kriterien herangezogen. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Hans-Peter Behrens betont die „umfassenden politischen Kenntnisse und das politische Gespür“, das beide Kandidaten auszeichne.
„Habeck bringt Regierungserfahrung aus Schleswig-Holstein mit, Baerbock einen Schwerpunkt in Außen- und Europapolitik.“ Egal, wer Spitzenkandidat oder Kandidatin werde, Behrens blickt optimistisch auf den Herbst. „Ich rechne mit einem hervorragenden Ergebnis der Grünen und mit großen Chancen für das Kanzleramt.“
Wir haben die Qual der Wahl.Tobias Wald, CDU-Landtagsabgeordneter
Die sieht auch sein Kollege Thomas Hentschel. „Ich würde mir wünschen, dass es für eine Regierungsbeteiligung reicht. Und am liebsten natürlich für das Kanzleramt.“
Schwarz-grün im Bund – vielleicht sogar grün-schwarz nach baden-württembergischem Vorbild – hält Hentschel sowohl mit Laschet als auch mit Söder für denkbar – falls sich der CDU keine anderen Koalitionspartner aufdrängen würden, wie etwa die FDP. Oder am Ende doch die SPD.
Das ist ein Luxusproblem.Thomas Hentschel, Grünen-Landtagsabgeordneter
In der CDU ist man mit solchen Prognosen vorsichtiger, rechnet aber letztlich auch damit, dass es die Grünen und nicht die SPD sein werden, die im Rennen vorne dabei sind.
„Aber ich sehe uns schon in der Pole Position“, erklärt der CDU-Landtagsabgeordnete Becker lachend. Da ist sich die grüne Kreisvorsitzende Mirow nicht so sicher. „Wenn man sich die Umfragen anschaut, welche Auswirkungen es hat, ob die Spitzenkandidaten Laschet und Habeck oder Söder und Baerbock oder in welcher Kombination auch immer heißen, dann bleibt das wahnsinnig spannend.“