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Tödlicher Unfall im März

400 Meter Bremsweg: Debatte um Sicherheit an den Bahngleisen in Achern hält an

Bei einem Unfall an einem Bahnübergang bei Oberachern ist im Frühjahr ein Autofahrer ums Leben gekommen. An der Unfallstelle ging es bei einem Ortstermin einmal mehr um die Frage, wie man entlang der Achertalbahn mehr Sicherheit schaffen kann.

OB Klaus Muttach / Achern / Oberachern / Achertalbahn / SWEG
Ortstermin: Oberbürgermeister Klaus Muttach will die Bahnlinie zwischen Achern und Oberachern sicherer machen. Eigentümern, die das dafür benötigte Gelände nicht verkaufen wollen, droht er mit Enteignung. Foto: Michael Moos

„Ein Triebwagenfahrer hat nur zwei Möglichkeiten: Gas geben oder bremsen.“ André Marlow weiß als zuständiger Mitarbeiter der Südwestdeutschen Landesverkehrs-GmbH (SWEG) um die Sorgen und Nöte der Menschen im Cockpit der Achertalbahn. „Wenn man sich mit 60 Stundenkilometern einem Hindernis auf den Gleisen nähert, leitet man eine Vollbremsung ein und kann dann nur noch auf den Knall warten.“ Der Bremsweg eines Zuges ist bei diesem Tempo bis zu 400 Meter lang.

Zusammen mit Dirk Weber, Betriebsleiter der Achertalbahn, warb Marlow bei einem Ortstermin am Montagabend mit Vertretern der Gemeinderatsfraktionen und leitenden Mitarbeitern der Stadtverwaltung für das Konzept der SWEG zur Sicherung der technisch bislang nicht gesicherten Bahnübergänge zwischen Achern und Oberachern.

Die Bahnübergänge sollen dort bis auf einen geschlossen werden, wobei der dem „Acherrain“ am nächsten gelegene Übergang dann mit Schranken gesichert würde.

Das seit 40 Jahren andauernde Bemühen um mehr Sicherheit entlang der Bahngleise zwischen „Acherrain“ und „Bölgen“ scheitert am Widerstand einiger Grundstücksbesitzer: Sie weigern sich standhaft, die benötigten Flächen abzugeben. Zum Teil geht es dabei um nur wenige Quadratmeter.

Es darf nicht passieren, dass ein Fahrzeug auf dem Bahnübergang stehen bleibt.
André Marlow, Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG)

Die Debatte um die Sicherung der Bahnübergänge hatte im Frühjahr nach einem tödlichen Unfall am Bahnübergang „Bölgen“ wieder an Fahrt aufgenommen. Oberbürgermeister Klaus Muttach (CDU) wiederholte am Montag vor Ort an der Unfallstelle seine Drohung mit einer möglichen Enteignung. Das kürzlich eingeleitete Planfeststellungsverfahren werde dafür die juristische Grundlage schaffen – und mit einem Abschluss des Verfahrens rechnet Bürgermeister Dietmar Stiefel „in etwa einem Jahr“.

In Achern ist am Freitagmittag ein Auto mit einer Bahn kollidiert.
In Achern ist Ende März ein Auto mit einer Bahn kollidiert, ein Mann starb. Der Unfall heißt die Debatte um die Sicherheit der Gleise an. Foto: Roland Spether

Doch es sind nicht nur die Gefahren an den unbeschrankten Bahnübergängen, die der Debatte Brisanz geben: Die Zugführer sind zu lauten Hup-Signalen verpflichtet, wenn sie sich den Übergängen nähern. „Sie müssen jeweils drei Sekunden pfeifen“, sagt Dirk Weber. Die Warnsignale sind weithin hörbar und nerven die Anwohner. Da kommen zwischen 5 Uhr am Morgen und 22 Uhr am Abend bei mindestens zwei Zügen pro Stunde einige „Pfiffe“ zusammen. Manchmal sind es auch ein paar mehr: Die SWEG-Vertreter wissen, dass das Wissen um den tödlichen Unfall so manchen Zugführer durchaus „nervös“ gemacht hat.

Dirk Weber und André Marlow wiesen bei dem Ortstermin die von Oberacherner Landwirten erhobene Forderung nach einem Standortwechsel für den einzig verbleibenden und gesicherten Bahnübergang zurück: Zum einen würde das an dem Flächenbedarf nichts ändern, zum anderen müsse man verhindern, dass eine „Sackgasse“ entsteht. Komme ein Wanderer oder ein Radfahrer ans Ende einer solchen „Sackgasse“, bestehe die Gefahr, dass er, um einen Umweg zu vermeiden, „einfach so“ die Gleise überquert. „Und das kann nicht nur tödlich enden, sondern wird als gefährlicher Eingriff in den Eisenbahnverkehr bewertet“, so Marlow.

Nicht überall am Gleis werden die Vorgaben eingehalten

Dass entlang der Schienen zwischen Achern und Oberachern nicht alle Einrichtungen den aktuellen gesetzlichen Vorgaben entsprechen, weiß man auch bei der SWEG: „Hier gilt der Bestandsschutz“.

Sämtliche Änderungen jedoch müssten den geltenden Vorschriften angepasst werden. Deshalb komme man auch beim Bau einer technischen Sicherung nicht darum herum, Aufstellflächen zu schaffen. „Es darf nicht passieren, dass ein Fahrzeug auf dem Bahnübergang stehen bleibt.“ Die Kosten für die technische Sicherung eines Bahnübergangs können sich übrigens auf bis zu einer Million Euro summieren. Schon deshalb, so Marlow, komme die Sicherung eines weiteren Bahnübergangs in diesem Bereich nicht in Betracht.

Apropos Sicherheit: Kein Thema war bei dem Ortstermin eine aus der jüngsten Sitzung des Oberacherner Ortsrats stammende Anfrage: Ein Mitglied hatte eine „Sicherheitslücke“ am Bahnübergang in der Oberkirchstraße moniert. Dort fehlt eine Schranke für Radfahrer und Fußgänger, die aus Richtung Mösbach nach Oberachern kommen. Wie es hieß, sei ein Nachrüsten der Schranke für Radfahrer nicht möglich – wegen des Alters der technischen Sicherungsanlage.

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