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Blick in die Geschichte

Warum der Adlerplatz für Achern so wichtig ist

Das 1908 enthüllte Denkmal auf dem Adlerplatz soll an den Mummelsee erinnern. Zur Einweihung gab es damals ein dreitägiges Fest.

Brunnen auf dem Adlerplatz erinnert an den Mummelsee
Bei der Einweihungsfeier: Dicht gedrängt standen die Acherner Bürger am 27. September 1908 um den Brunnen, als der Jüngling enthüllt wurde. Foto: Roland Spether

Dicht gedrängt standen die Bürger Acherns am 27. September 1908 unter den Kastanienbäumen beim Gasthaus Adler. Alle Augen starrten neugierig und festtagsfroh das weiße Tuch, das in Kürze das Denkmal zum 100. Jubiläum der Verleihung der Stadtrechte enthüllen sollte.

Ob Ehrenjungfern, Stadträte oder Honoratioren an der Schnur ziehen und das Kunstwerk offenbaren durften, ist nicht überliefert. Auch nicht, wie die Reaktionen der vornehmen Damen und honorigen Herren auf das Kunstwerk ausfielen, ob junge Mädchen etwa ihre Köpfe zusammenstreckten und kicherten und freche Lausbuben gar eindeutige Gesten machten.

Dass es Reaktionen auf den „Masterplan“ der Stadtoberen gab, muss angenommen werden, da Kunst nicht jedem gefällt. Denn als die Hülle fiel, war ein Jüngling in paradiesischer Unschuld zu sehen, ja von schöner, vollkommener Gestalt und in einer Haltung, die Deutungen von „wie finden ich den Sinn des Lebens“ bis „über beide Ohren maßlos verliebt“ zulässt.

Es war ein prächtiges Bild, als der Brunnen während eines dreitägigen Festes mit Konzerten, Gottesdiensten, Umzügen und einer Handwerker-Ausstellung eingeweiht wurde. „Die Städtische Polizei hatte Helmzier und Uniformknöpfe auf Hochglanz poliert und die Schnurrbärte nach allen Regeln der Kunst auf Kaiser Wilhelm II. dressiert“, schreibt Max Jörger.

Die männlichen Honoratioren und Festgäste waren mit Zylinder und Gehrock angetreten, während die Frauen „unter überdimensionalen, bänder- und blumengarnierten Hüten erschienen“, so Jörger.

„Die Vereine standen mit Fahnen da, der Fähndrich und seine Begleiter glänzten in Angstrohr, Gehrock und Schärpe, das männliche Festtagspublikum war mit der steifen Melone bedacht, während die Gäste vom Land und aus dem Gebirge den bequemeren, weichen Filzhut bevorzugten.“

Bürgermeister Wilhelm Schechter würdigte den Brunnen als ein „unvergängliches Erinnerungszeichen“ an das Jubiläumsjahr 1908, in dem viele „Blumen von Festlichkeiten“ aus dem „Boden echten Bürgertums sprossen“ und zu einem „duftenden Strauß“ gebunden wurden.

Dass das Motiv aus der Natur und der Sagenwelt stammt, werde seine Wirkung auf das „Gemüt der Menschen“ nicht verfehlen. „Damit ist auch für unsere, an Kunstschönheiten so arme Stadt der Anfang geschaffen, denn wo eine innere Entwicklung stetig vorwärts schreitet, darf ein gewisser äußerer Schmuck nicht fehlen.“

Nach einem „Hoch“ auf das Großherzoglich Haus kam der große Moment. Die Hülle fiel und es erschien ein Jüngling, der einen Schäferstab im Arm hielt, auf einem Granitblock saß und wie ein unglücklich Liebender vor sich hin sinnierte.

Bildhauer Konrad Taucher schuf den Brunnen

„Bildausklopfer“ Conrad Taucher schuf den Brunnen, die Baupläne liegen im Stadtarchiv und die Intention war es, dass der Brunnen mit seinem halbrunden Wasserbecken an den Mummelsee erinnert. An den Ufern dieses sagenumwobenen Sees sitzt eben jener Jüngling, der sich scheinbar unsterblich in eine der hübschen Nixen aus dem utopischen Unterwasserkönigreich verliebte.

Daran erinnert die Sage „Die verlorene Geliebte“, als ein Bauernbursche den Seejungfrauen nachstellte und sie beim nächtlichen Tanz ertappte. Danach war die Auserkorene enttarnt, sie stürzte ins Verderben und tauchte aus den Tiefen des Sees nie wieder auf. Der Bursche mit Namen Wilhelm erkannte seine Schandtat, entsagte der Welt und seinen Freuden und trat ins Kloster Allerheiligen ein.

Wer dem Brunnen-Jüngling auf dem Adlerplatz den Namen Philipp gab, bleibt ein Mysterium rund um den „Acherner Mummelsee“.

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