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Zahlreiche Bäume in Gefahr

Alarmierender Befund aus der Ortenau: Borkenkäfer lieben den Schwarzwald

Paradiesische Zeiten für den Borkenkäfer: Weil der Winter mild war und der Frühling warm und trocken, verbreiten sich die Tiere in den Wäldern der Ortenau derzeit stark. Darunter leiden nicht nur zahlreiche Bäume, ganze Wälder sind in ihrem Bestand gefährdet. Helfen kann auf lange Sicht nur ihr grundlegender Umbau.

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IMAGE-411411 Foto: N/A

Das hört man nicht gerne: Die Förster in der Region hoffen auf einen regnerischen und nassen Sommer. Mit dieser ironischen Feststellung jedenfalls beendet Hans Georg Pfüller, Leiter des Amts für Waldwirtschaft im Ortenaukreis, eine Mail an diese Zeitung.

Dieser Tage bohren sich die Käfer in die Rinde

Darin hatte er noch einmal nachgerechnet, wie viele Nachkommen ein Borkenkäfer-Weibchen in nur einem Jahr hervorbringt. Mehr als 100.000. Bei guten Bedingungen. Und, so haben die Waldfachleute festgestellt, in diesem Jahr sind die Voraussetzungen in der Region nicht nur gut, sie sind geradezu ideal: „Der Borkenkäfer ist mit Volldampf in das neue Jahr gestartet.“

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Die typischen Fraßgänge verraten den Buchdrucker: Der Borkenkäfer ist in diesem Jahr besonders agil. Gerade schwärmt er, der milde Winter und das trockene und warme Frühjahr bieten ideale Voraussetzungen für den Schädling. Foto: Hiekel

Eine starke Population 2019, ein sehr milder Winter, und nun schon wieder ein trockenes und warmes Frühjahr – paradiesische Zustände. Und schlecht für den Wald: „Das trockene Frühjahr spielt dem Käfer massiv in die Hände“, sagt Pfüller.

Man werde in den nächsten Tagen sehr deutlich sehen, wie aktiv der Käfer ist – gerade schwärmt er, dann bohrt er sich in die Rinde vor allem geschwächter Bäume. Nur ein kühl-feuchter Sommer würde die Ausbreitung bremsen, selbst die so genannte Schafskälte in diesem Mai habe erkennbar geholfen. Doch auf Sicht dürfte der kleine Schädling gewinnen: „Wir rechnen damit, dass der Borkenkäfer drei vollständige Generationen ausbilden kann“.

Die Gefahr besteht auch ohne Nationalpark

Der Nationalpark, bei der Einrichtung misstrauisch beäugt, weil man den Borkenkäfer zumindest in den Kernzonen gewähren lassen will, wäre nach Ansicht des Behördenchefs dabei nicht ausschlaggebend. Einerseits seien rund um den Park weitreichende Pufferzonen eingerichtet, die sehr genau beobachtet würden.

Im Nationalpark selbst seien Wetter und Temperaturen für das Schwärmen des besonders gefürchteten Buchdruckers ohnehin noch nicht optimal, sagt Tim Tschöpe vom dortigen Sachbereich „Wald und Naturschutz“. Man rechne mit dem Start des Schwarms in den kommenden Tagen oder Wochen und hoffe bis dahin auf Regen: „Jeder Tropfen ist wertvoll.“

Auf der anderen Seite braucht der Käfer nicht den Nationalpark, um sich auszubreiten: „Der Druck auf die Wälder in der Ortenau kommt aus der Befallsdynamik der eigenen Bestände und aus den Nachbarregionen, der Nationalpark wird nicht der entscheidende Faktor sein“, sagt Pfüller.

Immer mehr widerstandsfähige Mischwälder

Immerhin: In weiten Bereichen des Kreises sind die Waldbestände bereits recht gut gemischt, das bremse den Borkenkäfer. Ein wenig zumindest. Reine Fichtenbestände seien „labil und anfällig“, die Tanne habe dem Käfer meist mehr entgegenzusetzen. Doch auch sie leidet mittlerweile, wenn sie im Trockenstress ist. Und der sei vor allem an Südhängen seit Jahren Realität. Der Wald kämpft mit dem Klimawandel.

„Es gab seit dem Zweiten Weltkrieg immer mal wieder Probleme mit der Massenvermehrung des Borkenkäfers“, sagt Pfüller. Doch inzwischen gebe es „eine unheimliche Dynamik im gesamten Wald-Ökosystem“.

Diese Veränderung, vor allem ihre Geschwindigkeit, setzt vor allem den älteren Beständen zu: „Unsere Altbäume stammen aus einer Zeit, zu der das Thema Klimawandel noch keine Rolle gespielt hat.“ Der Wald müsse jetzt Schritt für Schritt umgebaut werden, um mit den klimatischen Veränderungen mithalten zu können. Der Borkenkäfer sei dabei „nur das Symptom des Problems, vor dem wir stehen“.

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