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Belastung mit 47 Tonnen Wasser

Aluminiumbrücke bei Rheinau besteht finalen Test

Mit Bravour hat der neue Aluminiumkoloss, der seit dem 5. Juni das Becken vor dem Gambsheimer Wasserkraftwerk überspannt, an diesem Montag den finalen Belastungstest bestanden. Ein Ingenieur gibt detaillierte Einblicke in den Verlauf des statischen Belastungstests.

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Belastungsprobe vor der Eröffnung: Die zehn mit Wasser gefüllten Beschwerungssäcke wiegen 47 Tonnen, das entspricht einer Belastung von 627 Personen. Das Aluminiumbauwerk ist nach Angaben der Départementsverwaltung Bas-Rhin mit 63 Metern die längste öffentlich passierbare freischwebende Fußgänger- und Radwegbrücke in Europa. Foto: Atelier Sieffert

Mit Bravour hat die neue Aluminiumbrücke, die seit dem 5. Juni das Becken vor dem Gambsheimer Wasserkraftwerk überspannt, an diesem Montag den finalen Belastungstest bestanden. Für den 74-jährigen Seniorchef Lucien Sieffert, dessen Unternehmen nur 800 Meter von der Staustufe entfernt im Gambsheimer Industriegebiet das Brückenbauwerk innerhalb eines dreiviertel Jahres konstruierte, eine Selbstverständlichkeit: „Sonst könnten wir unsere Firma gleich schließen.“

Wenige Wochen zuvor testeten auf dem Firmengelände 40 Straßburger Ingenieur-Studenten die Laufbelastung des 63 Meter langen und 1,1 Millionen Euro teuren Bauwerks, sprich wie die Brücke reagiert, wenn Menschen auf ihr laufen. Die zuvor theoretischen Berechnungen bestätigten dabei das Ergebnis, es sind keine zusätzlichen Dämpfer notwendig, die Schwingungen abfangen. Ulrich Rittner ist zufrieden. Bei Atelier Sieffert ist er Projektleiter und Planer für die Konstruktion von Aluminiumbrücken.

Vertikale Verformung nur um wenige Zentimeter

Wie er im Gespräch mit bnn.de erklärt, folgte nach dem Einbau nun der statische Belastungstest. „Die von einem externen Kontrollbüro gemessenen Werte stimmen sehr genau mit den theoretisch berechneten Zahlen überein. Bei diesen Werten handelt es sich um die vertikale Verformung der Brücke von nur wenigen Zentimetern unter der Last von 47 Tonnen“, so Rittner. Solche Tests sind nach Angaben des Ingenieurs bei neuen Brücken obligatorisch und gängige Praxis, „das schreiben die Normen vor“. So brachten Arbeiter am Montagvormittag gegen 10 Uhr die Last auf das Brückenbauwerk, insgesamt „Zweidrittel der Nutzlast der Brücke in Form von Wasser“, erklärt Rittner.

Aluminiumbrücke hält bis zu 627 Personen aus

In zehn große Kunststoffbehälter, gleichmäßig auf der Lauffläche der Aluminiumkonstruktion verteilt, wurde Wasser gefüllt. Insgesamt wogen die überdimensionalen Wassersäcke 47 Tonnen, das entspricht etwa 627 Personen, wenn man von einem durchschnittlichen Körpergewicht von 75 Kilogramm ausgeht. Anhand der gleichmäßigen Verteilung der Wassersäcke ermittelten die Ingenieure die Biegung der Brücke über zehn Messpunkte. Auch dabei galt es, die in der Theorie ermittelten Werte in der Praxis zu erzielen – mit Erfolg. So steht fest, dass sich theoretisch bis zu 627 Menschen gleichzeitig auf der Brücke aufhalten können. „In der Realität wird dies jedoch niemals der Fall sein“, betont Rittner. Bei der Eröffnungsfeier am 22. und 23. Juni schätzt der Ingenieur, dass maximal 50 bis 80 Personen gleichzeitig das Bauwerk betreten.

Der Bau mit Aluminium hat noch lange nicht sein Limit erreicht

Groß sei der Zeitdruck für die Konstruktion der Aluminiumbrücke gewesen. Dank eines soliden Plans und dem vorhandenen Material bei Atelier Sieffert seien die Ingenieure und Konstrukteure gut vorangekommen. Zugleich sammelten die Planer neue Erfahrungen: „Der Bau mit Aluminium hat noch lange nicht sein Limit erreicht“, meint Rittner. Es seien noch Aluminiumbrücken mit größeren Spannweiten und ausreichender Stabilität für die Nutzung leichterer Fahrzeuge bis 3,5 oder 7,5 Tonnen möglich. Aluminium als Baustoff habe einen Hauptvorteil: Da es nicht rostet, sind beim Tragwerk keine regelmäßigen Instandhaltungsarbeiten notwendig. Da die Konstruktion zusammengeschweißt ist, können die Ingenieure ferner auf zusätzliche Verbindungselemente, zum Beispiel Bolzen aus Edelstahl, verzichten.

Zwischen 80 und 100 Jahre Lebenszeit

Im Vergleich zu Stahl und Stahlbeton sei Aluminium aufgrund geringerer Investitionskosten konkurrenzfähig. Die Lebensdauer der Brücke schätzt Rittner auf 80 bis 100 Jahren. Atelier Sieffert kooperiert mit dem Brückenkonstrukteur PML in Singen, der die Planung und Konstruktion von freischwebenden Aluminiumbrücken Ende der 1990er Jahre entwickelte. Weitere Brückenprojekte seien bereits in Planung.

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