Sie betreiben eines der ältesten gewerblichen Handwerke und verdienen mit dem Backen ihr tägliches Brot. Doch auch in der Region schrumpft die Anzahl der handwerklichen Bäckereien schon seit vielen Jahren. Damit gibt es in den Bäckerinnungen „Rastatt und Umgebung“ und „Baden-Baden/Murgtal/Bühl“ auch immer weniger Mitgliedsbetriebe.
Sowohl für den Obermeister der Bäckerinnung Rastatt und Umgebung, Horst Ziegler, als auch für den Obermeister der Bäckerinnung „Baden-Baden/Murgtal/Bühl“, Oliver Braun, scheint eine Fusion naheliegend.
Die beiden Bäckermeister mit eigenen Betrieben in Rastatt und Kuppenheim erklärten im BNN-Gespräch, dass zwar noch nichts entschieden sei, der Zusammenschluss aber mit Sicherheit kommen werde. Und genauso sehen das auch einige der befragten Mitgliedsbetriebe, die den schon lange überfälligen Schritt begrüßen würden.
Mit einer Handvoll Betrieben kann man nicht weitermachen. Die Fusion muss kommen.Oliver Braun, Obermeister der Bäckerinnung Baden-Baden/Murgtal/Bühl
„Die Gespräche zwischen beiden Innungen laufen schon ewig, aber bislang nur auf Vorstandsebene. Fakt ist: Mit einer Handvoll Betrieben kann man nicht weitermachen. Die Fusion muss kommen, schon allein, weil die Kammern das so wollen“, erklärt Oliver Braun. Sein Kollege Horst Ziegler hatte bereits im Dezember vorigen Jahres bei einer Veranstaltung der Naturfreunde Rastatt den beabsichtigten Zusammenschluss angesprochen.
Vermutlich wäre auch schon eine Entscheidung gefallen, hätte die Corona-Krise den Bäckern nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nachdem bereits die geplante Feier zum 120-jährigen Bestehen der Rastatter Innung ausgefallen war, wurden auch deren Hauptversammlung und die gemeinsame Versammlung abgesagt.
Versammlung wird im Herbst nachgeholt
Das alles soll nachgeholt werden, „sobald sich die Lage beruhigt hat, vermutlich im Herbst“, berichtet Ziegler, der wie sein Kollege Braun und die Bäckermeister Patrick Dietsche (Rastatt), Thomas Leuchtner (Iffezheim) oder Michael Schröder (Ötigheim) zahlreiche Vorteile nennt, die für eine Verschmelzung sprechen. So würden etwa nur noch eine Geschäftsstelle, eine Verwaltung und ein Sicherheitsbeauftragter benötigt. Die Gesellenprüfungskommission arbeite eh schon lange zusammen. Die Arbeit ließe sich auf mehrere Köpfe verteilen, die Innung würde schlagkräftiger und hätte viel mehr Möglichkeiten.
Ich halte eine Fusion für sinnvoll und auf jeden Fall für notwendigPatrick Dietsche, Bäckermeister
„Ich halte eine Fusion für sinnvoll und auf jeden Fall für notwendig“, sagt Dietsche. Leuchtner betont: „Die Mehrheit ist für den Zusammenschluss.“ Schröder glaubt: „Wenn wir fusionieren, wird das nicht das Ende sein. Es wird noch weitere Fusionen zu noch größeren Einheiten geben.“
Die Zahlen sprechen für sich. Als der heute 84-jährige Obermeister Horst Ziegler vor bald 40 Jahren sein Amt übernahm, gab es seiner Aussage zufolge noch 65 Betriebe allein in Rastatt. Heute sind es noch 13 in der gesamten Innung. Die Innung Baden-Baden/Murgtal/Bühl zählt derzeit noch 15 handwerkliche Bäckereien; vor 40 Jahren waren es noch knapp 130.
Innungen verlieren jährlich ein, zwei Betriebe
Ziegler glaubt, dass der Tiefpunkt erreicht ist, „auch wenn ich in den letzten zwei, drei Jahren schon einiges erlebt habe“. Braun betont indes: „Wir verlieren jährlich ein, zwei Betriebe. Ich denke, dass sich in unserem Bereich die Anzahl in den nächsten zehn Jahren bei um die 20 bis 25 einpendeln wird.“
Die aktuellen Probleme ihrer Zunft sehen die Bäckermeister zum einen in der Konkurrenz durch Supermärkte und Discounter mit ihren Aufbackstationen, Angeboten aus industrieller Fertigung, Billigbrötchen und Tiefkühlware, „da können wir beim Preis nicht mithalten“, sagt Braun. Ziegler sagt: „Viele Betriebe finden auch keine Nachfolger.“ Rückkehrer und Neueinsteiger aus anderen Branchen sehe er derzeit nicht.
Konkurrenz durch Supermärkte und Discounter
Wer heute einen Betrieb neu eröffnen wolle, müsse erst mal 250.000 Euro investieren. Laut Braun wird es zudem immer schwieriger, Fachpersonal zu finden. Hinzu komme ein Verwaltungsaufwand, der sich längst nicht mehr in einem zumutbaren Rahmen halte, üben beide Obermeister Kritik an einer Bürokratie mit ständig neuen Auflagen.
Trotz der aktuellen Entwicklung und vieler Unwägbarkeiten wegen der Corona-Krise sind beide Obermeister überzeugt, dass das Bäckerhandwerk eine Zukunft hat. Im Übrigen arbeite man in einem schönen Beruf. „Ein Bäcker muss zwar früh raus aus den Federn, aber dafür hat er oft schon um 10 Uhr Feierabend und noch den ganzen Tag vor sich“, so Ziegler.