Der Bund Deutscher Architekten (BDA) ist Deutschlands ältester Architektenverband und engagiert sich seit mehr als einem Jahrhundert für Baukultur. Wenn die Kreisgruppe Baden-Baden/Rastatt/Ortenaukreis eines durch und durch seriösen Berufsverbandes die „badische Revolution“ probt, ist das schon ungewöhnlich.
Doch die Architekten aus Mittelbaden sind mit ihrem wachsenden Frust keineswegs alleine. Nicht nur fast alle anderen badischen Kreisgruppen sind auf ihrer Seite, auch die württembergischen Kreisgruppen in der ländlichen Region stehen vor demselben großen Problem.
Zu viel Elite?
Um was geht es? Der BDA ist ein Berufungsverband. Man kann also nicht einfach beitreten wie bei den meisten anderen Berufsverbänden, sondern muss berufen werden. Für die Bewerber gelten also gewisse Qualitätskriterien. Das ist durchaus elitär, inzwischen aber ein wenig zu elitär, wie Kritiker meinen.
Der Landesverband hat knapp 1000 Mitglieder in 15 Kreisgruppen, die mit Abstand größte ist die Stuttgarter. Während die prosperiert, geht die Mitgliederzahl in fast allen anderen Kreisgruppen, vor allem in denen auf dem Land, zum Teil dramatisch zurück. Das liegt nicht an Austritten, die alten Mitglieder sterben schlicht und ergreifend weg.
Stuttgart lehnt ab
Die sorgsam vorbereiteten und gut begründeten Vorschläge der ländlichen Kreisgruppen für neue Mitglieder werden von der Berufungskommission in Stuttgart aus schwer durchschaubaren Gründen nur allzu oft abgelehnt. Die Qualität der Stuttgarter Architektur erscheint aber kaum anspruchsvoller als die in der Provinz, denn die großen Zeiten der berühmten „Stuttgarter Schule“ sind lange vorbei.
Die Folgen der Berufungspraxis sind verheerend. Die mittelbadische Kreisgruppe ist von ursprünglich fast 50 Mitgliedern auf nicht einmal mehr 30 geschrumpft. Eine Kreisgruppe hat inzwischen weniger als 20 Mitglieder. Die zeitintensive ehrenamtliche Arbeit der Vorstandsmitglieder lässt sich bei einer solch kleinen personellen Basis kaum mehr aufrechterhalten.
Keine Einsicht
Dass Thema ist keineswegs neu. Es hat die mittelbadische BDA-Kreisgruppe auf ihrer Jahreshauptversammlung 2014 bereits intensiv beschäfigt. Eine entsprechende Initative gemeinsam mit anderen ländlichen Kreisgruppen auf Landesebene hatte damals nicht den gewünschten Erfolg. Der aus Stuttgart zentralistisch regierte Landesverband zeigte keine Einsicht.
Dabei hat die Überalterung der Mitglieder in den ländlichen Kreisgruppern auch für den Landesverband insgesamt unangenehme Folgen. Wenn die Entwicklung nicht gestoppt wird, könnte die Zahl der Mitglieder in den beiden nächsten Jahrzehnten auf 600 sinken, mit den entsprechenden Folgen für die nicht ganz billige Finanzierung der wichtigen Infrastruktur des Berufsverbandes wie der Landesgeschäftsstelle oder des Ausstellungsraums „Wechselraum“ in Stuttgart.
Geduld ist erschöpft
Die Geduld der Kreisgruppen auf dem Land ist inzwischen erschöpft. Auf der Jahreshauptversammlung der Kreisgruppe Baden-Baden/Rastatt/Ortenaukreis in Bühl erhielt der Vorsitzende Urban Knapp (Baden-Baden) die volle Rückendeckung der Mitglieder, gemeinsam mit den anderen ländlichen Kreisgruppen eine neue dezentralere Struktur des Landesverbandes und vor allem auch dezentrale Kompetenzen für die Aufnahme von neuen Mitglieder einzufordern. Gibt es keine Einigung, droht eine Aufspaltung des baden-württembergischen Landesverbandes. Die Verärgerung über den Stuttgarter Zentralismus ist inzwischen in den ländlichen Regionen Badens riesengroß.