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Von der Arbeit zum Rettungseinsatz

Baden-Württemberg zeichnet ehrenamts-freundliche Arbeitgeber aus

Wenn es brennt oder ein anderer Notfall ansteht, braucht es ehrenamtliche Helfer. Die müssen dafür mitunter schnell ihren Arbeitsplatz verlassen. Das Land Baden-Württemberg hat 27 Arbeitgeber ausgezeichnet, die ihren Mitarbeitern besonders entgegen kommen. Aber es gibt auch Schwierigkeiten.

Brand in einem Nebengebäude der Mosche am Stadion  Achern 2020
Wenn es brennt, braucht man sie: Ehrenamtliche Helfer im Bevölkerungsschutz sind darauf angewiesen, dass sie im Notfall kurzfristig von ihrem Arbeitgeber freigestellt werden. Weil das nicht immer leicht ist, zeichnet das Land besonders engagierte Betriebe aus. Foto: Roland Spether

Es brennt, aber keiner kommt. Weil die, die helfen könnten, das ehrenamtlich tun, aber gerade mitten in ihrem Arbeitstag stecken – ein Horrorszenario. Das Land Baden-Württemberg würdigt daher jährlich „ehrenamtsfreundliche Unternehmen“, die ihre Mitarbeiter bei Einsätzen im Bevölkerungsschutz unterstützen.

Der Staatssekretär im Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen, Wilfried Klenk, zeichnete in der Schlossfeldhalle Großweier 27 Betriebe aus, darunter aus Achern das Autohaus Stähle sowie die Firmen Hodapp, Kasto und Securiton.

Wir können uns auf den Bevölkerungsschutz verlassen.
Wilfried Klenk, Staatssekretär

„Wenn es brennt, sich ein Verkehrsunfall ereignet, ein vom Sturm gefällter Baum die Straße versperrt oder Hochwasser ganze Ortschaften unbewohnbar macht: Wir können uns auf unseren Bevölkerungsschutz verlassen“, sagte Klenk.

Um das leisten zu können, sind die ehrenamtlich tätigen Mitarbeiter darauf angewiesen, dass ihre Arbeitgeber sie spontan freistellen. Das sei insbesondere während der Pandemie dankenswert, die den Betrieben noch zusätzliche Herausforderungen bringt. Im kommenden Jahr wolle man in Baden-Württemberg zudem mit Katastrophenübungen beginnen, bei denen auch die Bevölkerung einbezogen werden solle, kündigte der Staatssekretär an.

Welche Schwierigkeiten es geben kann, wenn man Ehrenamt und Beruf unter einen Hut bringen will, machte Michael Wegel, Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbands und Acherner Feuerwehrkommandant, an einem Beispiel deutlich: Bei einer Bankenfusion vor mehreren Jahren seien über Nacht gleich fünf Kameraden von Achern nach Offenburg versetzt worden, die zuvor im Notfall zu Fuß zur örtlichen Wache hatten kommen können. Für Einsätze tagsüber standen sie nun nicht mehr zur Verfügung.

Viele Betriebe müssen selbst Spitz auf Knopf arbeiten.
Michael Wegel, Landesfeuerwehrverband

„Das Feuerwehr-Gesetz schreibt vor, dass Arbeitgeber Mitarbeiter für Einsätze freistellen müssen“, hatte Wegel vor der Veranstaltung auf Anfrage dieser Zeitung erklärt. Ähnliche Regelungen gibt es für Technisches Hilfswerk und Rettungsdienst. „Aber so einfach ist es nicht, viele Betriebe müssen selbst Spitz auf Knopf arbeiten“, so Wegel. „Wir verstehen auch jeden Handwerker, der sagt: Dieser Schrank muss einfach heute noch fertig werden, du kannst jetzt nicht weg.“

Stellen Firmen ihren Mitarbeiter für einen Einsatz zur Verfügung, können sie im Nachgang eine Kostenerstattung beantragen. „Manche machen das, viele auch nicht, weil sie sagen: Das ist unser Beitrag an die Gesellschaft.“

Umgekehrt profitieren auch die Betriebe von ihren ehrenamtlichen Mitarbeitern, „weil sie unsere Unternehmenskultur positiv prägen durch Weitsicht, ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein und entschlossenes Handeln“, sagte Caroline Wilkens, Geschäftsführerin der Edeka Südwest, am Abend als Vertreterin der Preisträger.

Staatssekretär Wilfried Klenk (links) zeichnete in Achern 27 „ehrenamtsfreundliche Arbeitgeber“ aus, darunter die örtlichen Unternehmen Autohaus Stähle, Hodapp, Kasto und Securiton.
Gemeinsam auf der Bühne: Staatssekretär Wilfried Klenk (links) zeichnete in Achern 27 „ehrenamtsfreundliche Arbeitgeber“ aus, darunter die örtlichen Unternehmen Autohaus Stähle, Hodapp, Kasto und Securiton – zu den Gratulanten zählten auch Vertreter der Politik. Foto: Stefanie Prinz

Baden-Württemberg sei dabei das Bundesland mit dem größten Anteil an Ehrenamtlichen, nämlich 76 Prozent der Einwohner. Darauf wies Acherns Bürgermeister Dietmar Stiefel hin. Die meisten Engagierten gebe es allerdings in den Bereichen Sport und Bewegung sowie Kultur und Musik.

Die nun ausgezeichneten Arbeitgeber hätten sich unter anderem dadurch hervorgetan, dass sie gezielt Menschen mit einem Ehrenamt im Bevölkerungsschutz einstellten, bis in die Chefetagen selbst aktiv seien oder die Beschäftigten beispielsweise nach psychisch belastenden Einsätzen unterstützten, war vom Ministerium zu hören. Vorgeschlagen worden waren die Betriebe von Kommunen oder den Hilfsorganisationen selbst.

Vier Preisträger aus Achern

Das Autohaus Stähle, nur 200 Meter vom Acherner Feuerwehrhaus entfernt, berate die Wehr bei Einsätzen und bei Reparaturen an Einsatzfahrzeugen, wenn es um Elektromobilität geht, während die Firma Hodapp ihr Firmengelände für Übungen zur Verfügung stelle und die Fortbildungen der Wehrmitglieder mit eigenen Fachleuten unterstütze.

Auch die Firma Kasto Maschinenbau stelle sicher, dass ihre Mitarbeiter, die in verschiedenen Blaulichtorganisationen und mehreren Gemeindefeuerwehren aktiv sind, jederzeit den Arbeitsplatz verlassen könnten, während die Firma Securiton Alarm- und Sicherheitssysteme die Fortbildung von Feuerwehren mit Fachwissen unterstütze. Eine coronabedingt zweite Feierstunde mit weiteren Auszeichnungen ist am 8. November in Albstadt geplant.

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