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Einschneidende Veränderungen

Bebauungsplan zugestimmt: So geht es mit Campingplatz und "Seehotel" in Achern weiter

Die Proteste der Camper hatten nichts genutzt: Gegen den Verkauf des städtischen Campingplatzes am Achersee kamen sie nicht an. Zwei Jahre später werden nun die ersten baurechtlichen Weichen für die Zukunft für die touristische Nutzung gestellt.

Ein Bebauungsplanverfahren wird die bauliche Entwicklung am Achernsee steuern. Dabei erhalten der Campingplatz und das „Seehotel“ (links) ein neues Gesicht.
Ein Bebauungsplanverfahren wird die bauliche Entwicklung am Achernsee steuern. Dabei erhalten der Campingplatz und das „Seehotel“ (links) ein neues Gesicht. Foto: Roland Spether

Für die Revitalisierung der „Seehotel“-Ruine und die Neukonzeption des Campingplatzes am Achernsee sind die ersten Weichen gestellt: Bei zwei Enthaltungen hat der Bau- und Umweltausschuss des Gemeinderats für die Aufstellung eines Bebauungsplan gestimmt.

Seit 2018 steht die 7,8 Hektar großen Fläche am Achernsee im Besitz der „Achernsee GmbH“ – als einer Geschäftsführer zeichnet der Kehler Architekt Jürgen Grossmann verantwortlich, dessen Firmengruppe den bis dahin in städtischem Besitz stehenden Campingplatz ebenso wie das private „Seehotel“ übernommen hatte.

Einschneidende Veränderungen für Camper

Die betroffenen Camper waren in großer Zahl zur Sitzung im Bürgersaal des Rathauses Am Markt erschienen. Sie werden sich auf einschneidende Veränderungen einstellen müssen.

Nach dem von Christof Birkhofer und Sami Hadi Salih (Grossmann Group) präsentierten Konzept, wird die Zahl der Plätze für Dauercamper und Tagesgäste drastisch reduziert. Zählte der Campingplatz am Achernsee bisher rund 300 Dauerparzellen, soll deren Zahl auf 110 verringert werden, für Gäste soll es statt 150 nur noch 70 Plätze geben.

Neugestaltung im Trend der Zeit

Dem Trend der Zeit entsprechend sollen die entstehenden „Lücken“ mit 25 Tinyhäusern“, 90 Mobilhomes und 40 Hotelhütten geschlossen werden. Geplant sind ferner neue Zugangswege, ebenso die Ausstattung der Campingparzellen mit Anschlüssen für Strom, Wasser und Abwasser.

Ihre Fortsetzung finden soll im übrigen die Zusammenarbeit zwischen der „Achernsee GmbH“ und der „Koufali Gastro GmbH“ der Pächterfamilie. Wie Christof Birkhofer und Sami Hadi Salih deutlich machten, entspricht das touristische Konzept nach den bisher vorliegenden Gutachten den gängigen Standards, was Lärmschutz, Artenschutz und Umweltschutz betrifft.

Statik-Unterlagen für Hotel fehlen

Während die Planer für den Campingplatz bereits über konkrete Absichten berichteten, blieben sie in Sachen „Seehotel“ eher vage. Man sei „guter Dinge“, dass die vorhandene Bausubstanz des Gebäudes genutzt werden kann – allerdings fehlen die notwendigen Unterlagen zur Beurteilung der Statik.

Die Stadtverwaltung hatte in ihrer Vorlage deutlich gemacht, dass über die Nutzung des revitalisierten Seehotels noch nicht entschieden ist: Neben einen klassischen Hotelbetrieb sei auch ein „Boarding-House“ im Gespräch.

Keine genauen Angaben gab es auch zu der Frage, wann mit der Einweihung des „neuen“ Hotels am See zu rechnen sei: „Da reden wir nicht von Monaten, sondern von Jahren“, so Christof Birkhofer.

Wir sind gottfroh, wenn der Schandfleck Seehotel verschwindet
Ortsvorsteher Helmut Huber
 

An der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses nahmen auch Mitglieder des Großweierer Ortschaftsrats teil, die in einer Abstimmung einhellig die Aufstellung des Bebauungsplans befürworteten.

Ortsvorsteher Helmut Huber setzte sich mit Nachdruck für das Vorhaben am Achernsee ein: „Wir sind gottfroh, wenn der Schandfleck Seehotel verschwindet.“ Und auch den seinerzeit umstrittenen Verkauf des städtischen Campingplatzes verteidigte Huber: Ohne diesen Schritt hätte die Stadt hier Mittel in beträchtlicher Höhe investieren müssen.

Sowohl Huber als auch Stadtrat Thomas Beck (Freie Wähler) widersprachen in diesem Zusammenhang einer Aussage des ABL-Fraktionschefs Manfred Nock: Jener hatte mit Blick auf die vorhandene Camping-Struktur mit vergleichsweise günstigen Preisen vor dem „Verlust einer sozialen Nische“ gesprochen.

Kommentar  

Erfahrene Dauercamper kennen das. Irgendwann kommt der Tag, dann ist es aus mit dem Zweitwohnsitz auf dem Campingplatz. Es droht nicht nur das Ende lieb gewordener Wochenend-Gewohnheiten, absehbar ist vielleicht auch der Abschied von einem über viele Jahre gefestigten Verhältnis zu den Nachbarn, deren Kinder man hat aufwachsen sehen, deren Freud und Leid man geteilt hat. Wenn so etwas droht, stecken meist hoch fliegende Pläne zur „Umstrukturierung“ des Platzes dahinter.

Nichts anderes droht nun den Campern am Achernsee. Hier werden eines Tages die Baumaschinen anrücken, um die Parzellen in „Komfortplätze“ mit Anschlüssen für Strom, Wasser und Abwasser zu verwandeln, neue Wege zu bauen und die Brandschutzvorschriften umzusetzen. Es führt wohl kein Weg daran vorbei, dass die Plätze geräumt werden müssen. Der Wohnwagen, der in vielen Fällen längst nicht mehr auf den eigenen Rädern steht, muss weg, ebenso die mit viel Liebe und auch viel Geld verwirklichten Anbauten: Von der gemütlichen Laube am See zum Sondermüll.

Den Weg dafür hat der Gemeinderat mit dem Verkauf des Campingplatzes geebnet. Konsequenterweise werden nun auch die Weichen für den Bebauungsplan gestellt, der die baurechtlichen Voraussetzungen für eine Umgestaltung des Campingplatzes schaffen und „nebenbei“ neue Perspektiven für das wirkliche Problem am Achernsee bieten soll – das zum Schandfleck gewordene Seehotel.

Die Camper können sich darauf einstellen, dass Achern zur Adresse für „Luxus-Camping“ wird. 110 statt 300 Dauerparzellen, dazu 70 statt bisher 150 Gästeplätze. Tinyhäuser, Mobilhomes und Hotelhütten sorgen für Glamour. Und eines dürfte auch bereits klar sein. Der Preis wird steigen – schließlich wollen die Investoren eine Rendite sehen. Michael Moos



 

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