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Entscheidung vertagt

Bürger lehnen Blankoscheck für Dorfzentrum von Achern-Önsbach ab

Es wäre ein Erfolg für die Gegner des neuen Dorfzentrums in Önsbach: Die Zahl der Zweifler steigt. Die Mitglieder des Verwaltungsausschusses beklagen offene Fragen und fordern mehr Informationen.

Standort Dorfzentrum Önsbach
Erste Weichenstellung: Am Ortseingang von Önsbach soll das neue Dorfzentrum entstehen. Insgesamt acht Millionen Euro sind dafür veranschlagt. Über die Finanzierung wird noch gestritten. Foto: Niklas Spether

Die schier unendliche Geschichte des sogenannten „neuen Dorfzentrums“ in Önsbach ist um ein Kapitel reicher. Der Verwaltungs-, Kultur- und Sozialausschuss des Gemeinderats (VKSA) hat das Thema am Montagabend vertagt: Der Mehrheit der Bürgervertreter fehlt es an Informationen, um über Art und Umfang der Beteiligung der Stadt Achern an dem in der Bevölkerung heftig umstrittenen Projekt entscheiden zu können.

Die von einem Bürgerverein angestoßenen Überlegungen für das neue Dorfzentrum bewegt die Gemüter in Önsbach seit mehreren Jahren.

Mehrfach wurde das ursprüngliche Konzept geändert, das letztlich eine Kombination aus einem Lebensmittelgeschäft, der Ortsverwaltung samt „Multifunktionsraum“ und einer Tagespflegeeinrichtung vorsah.

Immer neue Pläne sorgen für Unmut bei Anwohnern

Neu ins Gespräch gebracht wurde von der Stadtverwaltung nun ein Bereich mit preisgünstigen Wohnungen, dafür taucht das ursprünglich geplante Bistro-Café nicht mehr auf. Nicht zuletzt die immer wieder neuen Variationen sind es, die nicht nur bei den Anwohnern für Argwohn sorgen.

Diese hatten sich im Vorfeld der Sitzung schriftlich an die Mitglieder des Ausschusses gewandt und eindringlich davor gewarnt, mit einer Zustimmung zur Beteiligung der Stadt an dem Projekt gewissermaßen einen „Blankoscheck“ auszustellen.

Bürgermeister Dietmar Stiefel (parteilos) hatte sich im Namen der Stadtverwaltung in einer umfangreichen Vorlage dafür ausgesprochen, die „öffentlichen“ Bestandteile des Dorfzentrums zwar in zeitlicher Koppelung mit den von der Projektträgergesellschaft vorgesehenen Baumaßnahmen zur verwirklichen, diese aber in Regie der Stadt selbst zu planen und zu realisieren.

Ortschaftsrat spricht sich bei einer Enthaltung einstimmig für das Projekt aus

Für die Verlagerung der Ortsverwaltung, den Dorfplatz, den „Multifunktionsraum“ und die Fläche von 230 Quadratmetern für die preisgünstigen Wohnungen würden sich die Kosten auf rund 2,42 Millionen Euro zu Lasten der Steuerzahler summieren.

Im Übrigen sehe die Stadtverwaltung trotz der massiven Proteste der Anwohner keinen Anlass, sich „über den erkennbaren Willen der Önsbacher Bevölkerung hinwegzusetzen“: Der Ortschaftsrat hatte sich im Vorfeld bei einer Enthaltung einstimmig für das Projekt und die Beteiligung der Stadt Achern ausgesprochen.

Das Projekt hat sich im Lauf der Zeit stark verändert.
Edgar Gleiß, Freie Wähler

Oberbürgermeister Klaus Muttach (CDU) unterstrich die Bedeutung des Projekts für die Entwicklung des Stadtteils Önsbach und verwies auf die im Dezember 2020 und im Februar 2021 getroffenen positiven Grundsatzentscheidungen der städtischen Gremien. Ähnlich äußerte sich CDU-Fraktionschef Karl Früh.

Beide konnten letztlich aber nicht verhindern, dass die Mehrheit des Ausschusses mit neun gegen fünf Stimmen für den Vertagungsantrag der Freien Wähler stimmte.

Für die Freien Wähler gibt es zu viele offene Fragen

„Wir müssen feststellen, dass wir zu wenig Klarheit haben“, fasste Gebhard Glaser die von den Freien Wählern beklagten offenen Fragen zusammen. Ebenso wie sein Fraktionskollege Edgar Gleiß verwies Glaser auf nach wie vor fehlende inhaltliche und wirtschaftliche Informationen. „Das Projekt hat sich im Lauf der Zeit stark verändert“, meinte Gleiß. „Dass die Stadt als Investor mit einsteigt, war nicht vorgesehen.“

Auch der gewählte Standort auf dem ehemaligen Gelände der Raiffeisen-Warengenossenschaft wollte den Freien Wählern nicht so recht einleuchten: „Wir haben in Önsbach eine Waschanlage an einem Standort genehmigt, der für das Dorfzentrum besser geeignet gewesen wäre.“

Auch andere Mitglieder des Ausschusses haben Zweifel

Doch nicht nur die Freien Wähler meldeten Zweifel an. Auch Heike Schwenk (Acherner Bürger Liste) sah angesichts der mehrfach geänderten Konzeption „viele Fragezeichen“ und sprach unter anderem die noch offene Nachnutzung des bisherigen Rathauses an.

Wir müssen feststellen, dass wir zu wenig Klarheit haben.
Gebhard Glaser, Freie Wähler

Martin Siffling (Grüne) sprach sich dafür aus, die Frage einer Beteiligung der Stadt „unter einen Finanzierungsvorbehalt“ zu stellen. „Wer zahlt was genau?“, fragte er und vermutete angesichts „diffuser Planungen im Detail“ eine „Salamitaktik“.

Massive Kritik kam von Alois Berger-Köppel (SPD): „Die Rede ist von einem Leuchtturmprojekt – nur die Schatten sind immer größer geworden“, meinte er und unterstrich: „So etwas Undurchsichtiges habe ich noch nicht gesehen.“ Viel Widerspruch erntete Berger-Köppel dann jedoch mit seiner Vermutung, dass angesichts des digitalen Wandels eine Ortsverwaltung eines Tages überhaupt nicht mehr gebraucht werden könnte.

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