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Zukunftswerkstatt mit Fokus auf Integration

Buntes Achern: Wie finden unterschiedliche Nationen gut zusammen?

Wie wollen die Acherner im Jahr 2030 leben? Mit dieser Frage beschäftigte sich die Zukunftswerkstatt. Bei dem Bürgerbeteiligungsprojekt ging es vor allem um das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft.

Spannende Diskussionen: In der Schlossfeldhalle in Großweier wurden bei der Zukunftswerkstatt der Stadt Achern viele Ideen gesammelt.
Spannende Diskussionen: In der Schlossfeldhalle in Großweier wurden bei der Zukunftswerkstatt der Stadt Achern viele Ideen gesammelt. 74 Teilnehmer waren gekommen. Foto: Ulrich Coenen

Über die Zukunft Acherns wurde auf dem Dorf diskutiert. Das hatte einen eher profanen Grund. Die Schlossfeldhalle in Großweier ist die einzige im Stadtgebiet, die unter Corona-Bedingungen Platz für mehr als 80 Menschen bietet. Mit 74 Teilnehmern war sie bei der ganztägigen Zukunftswerkstatt am Samstag fast an ihrer Kapazitätsgrenze.

Die jungen Leute fehlen hier meist
Eine Teilnehmerin der Zukunftswerkstatt in Achern

Der Veranstaltungsort Großweier war der Acherner Integrationsbeauftragten Franziska Möker keineswegs unrecht. „Auf diese Weise können wir die Stadtteile einbeziehen“, meinte sie gegenüber dieser Zeitung. Gleich mehrere Ortsvorsteher waren gekommen, um über Acherns Perspektiven im Jahr 2030 zu reden.

Kinder unterschiedlicher Nationen finden schnell zusammen

Auch sonst war das Publikum gemischt. Neben Vertretern der Vereine, Kirchen, Schulen und Blaulicht-Organisationen waren ganz normale Bürger dabei, mit unterschiedlicher Nationalität und Hautfarbe. Am Morgen der Veranstaltung gab es das, was man auf Neudeutsch Brainstorming nennt. Zuvor hatte Oberbürgermeister Klaus Muttach in seiner Begrüßungsansprache festgestellt: „Achern ist bunt.“ Als Beispiele nannte er die Illenau-Werkstätten, in denen sich junge und alte Menschen unterschiedlicher Hautfarbe treffen, das Stadtfest und den Volkstrauertag, bei dem der katholische Pfarrer, die evangelische Pfarrerin und der Immam beten.

Bunte Zettel: Die Acherner Integrationsbeauftragte Franziska Möker und Hans Jürgen Lutz von der Führungsakademie Baden-Württemberg erläutern an Stellwänden die Stärken und Schwächen der Stadt.
Bunte Zettel: Die Acherner Integrationsbeauftragte Franziska Möker und Hans Jürgen Lutz von der Führungsakademie Baden-Württemberg erläutern an Stellwänden die Stärken und Schwächen der Stadt. Foto: Ulrich Coenen

Die Redebeiträge am Vormittag waren so vielfältig wie das Publikum. Es gab auch mahnende Worte. „Die jungen Leute fehlen hier meist“, stellte eine Teilnehmerin fest. „Jungen Familien fehlt wohl oft die Zeit.“ Ein anderer lobte, wie schnell und problemlos Kinder unterschiedlicher Nationen zusammenfinden.

Ein weiterer Gast klagte über den großen Mangel an Schrebergärten in Achern. „Wenn immer mehr Menschen in Wohnungen in der Kernstadt wohnen, ist es schön, einen Ort zu haben, wo Kinder buddeln können“, meinte er. „Ich stehe seit fünf Jahren auf der Warteliste.“ Ein anderer ergänzte, dass diese 185 Personen lang sei. Die Idee wurde gleich aufgegriffen, weil es in der Vorgebirgszone viel brachliegende Grundstücke gibt, die von den Eigentümern nicht mehr bewirtschaftet werden. Die könne die Stadt doch für kleines Geld an Interessenten vermitteln, gerade auch an ausländische Mitbürger. Es sei gelebte Integration, gemeinsam etwas anzubauen und anschließend zu kochen.

Mit Menschen, die sich einhausen, bilden wir keine Nachbarschaft in der Stadt.
Ein Teilnehmer der Zukunftswerkstatt in Achern

Der Wunsch nach einem islamischen Kindergarten in Achern wurde geäußert. Dort könnten Kindergärtnerinnen mit oder ohne Kopftuch arbeiten. Das Integration nicht immer reibungslos verläuft, verdeutlichte ein weiterer Beitrag, der auf die deutschstämmigen Zuwanderer aus Osteuropa verwies, die in Achern Einfamilienhäuser erwerben und anschließend mit zwei Meter hohen Zäunen und Mauern einhausen. „So bilden wir keine Nachbarschaft in der Stadt“, erklärte der Mann. Die gebe es aber noch in den Dörfern.

Ein weiteres Thema war preiswerter Wohnraum. Die Stadt soll als Vermittlerin und eventuell als Bürge auftreten, um ungenutzte Wohnungen zu aktivieren. Dem nächsten Redner war das Acherner Freibad zu klein. Er regte einen Neubau an, damit in Zukunft nicht nur die „Armen“ in Achern bleiben und die, die es sich leisten können, nach Baden-Baden ins Bad fahren.

Die Moderatoren Daniela Schweizer und Hans-Jürgen Lutz von der Führungsakademie Baden-Württemberg, die das Bürgerbeteiligungsprojekt im Auftrag der Stadt begleiten, klebten während der Diskussion fleißig bunte Zettel auf Stellwände. Aus zahlreichen Beiträgen hatten sie die Stärken und Schwächen der Stadt filtriert und gleichzeitig eine Ideenliste angelegt.

Das Gruppenfoto aller Teilnehmer entstand in der Mittagspause vor der Kulisse der Großweierer Pfarrkirche.
Das Gruppenfoto aller Teilnehmer entstand in der Mittagspause vor der Kulisse der Großweierer Pfarrkirche. Foto: Ulrich Coenen

Zu den Stärken Acherns gehören das ehrenamtliche Engagement, die Illenau Werkstätten, das Stadtfest und das friedliche und gesellige Zusammenleben der Menschen. Als Schwächen wurden der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, die Verkehrsbelastung der Innenstadt und die langen Wartelisten für einen Kindergartenplatz genannt. Außerdem wurden Drogen- und Alkoholkonsum im Stadtgarten, das Fehlen eines Treffpunkts nach dem Vorbild des Bühler Johannesplatzes und die mangelnde Akzeptanz zwischen Deutschen und Ausländern kritisiert. Die Ideenliste, die unter anderem eine städtische Wohnbaugesellschaft und Mehrfamilienhäuser auf dem Dorf forderte, zeigte erste Lösungsansätze.

Mit dem Ergebnis der Zukunftswerkstatt wird sich in den nächsten Wochen die sogenannte Begleitgruppe beschäftigen. „Ihr gehören 13 Personen aus Stadtverwaltung, Schulen, Kirchen und Blaulicht-Organisationen an“, berichtete Franziska Möker. Wie die Acherner im Jahr 2030 leben wollen, sollen dann mehrere Arbeitsgruppen klären, die von der Begleitgruppe initiiert werden. In diesen Arbeitsgruppen können auch Acherner mitarbeiten, die bei der Zukunftswerkstatt am Samstag nicht dabei waren. „Jeder kann sich einbringen“, sagte Möker.

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