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Nur noch 14 Mitglieder

Corona halbiert den Acherner Gemeinderat

Wie können Gemeinderäte unter Pandemiebedingungen sicher beraten, ohne gleich die Demokratie auf kommunaler Ebene auf Eis zu legen? Viele Gremien zieht es in große Hallen. In Achern hat die Stadt eine andere, kreative, Lösung gefunden.

Menschen mit Masken
Kommunalpolitik mit Abstand und Maske: Wie hier bei einer Kreistagssitzung im Frühjahr in Offenburg muss auch in der Kommunalpolitik umgedacht werden. Viele Gemeinderäte tagen inzwischen in Hallen. In Achern verkleinert man das Gremium - vorübergehend. Foto: Frank Löhnig

Wie können Gemeinderäte unter Corona-Bedingungen sicher tagen? Im Frühjahr hatte man nach dem ersten Schrecken über das Virus die Sitzungen kurzerhand ausfallen lassen und vielerorts im Umlaufverfahren entschieden.

Ein Verfahren, das durchaus zu Kritik führte. Im Herbst gehen die Städte und Gemeine differenzierter vor. Eine besonders kreative Lösung präsentiert jetzt die Stadt Achern. Hier soll, bis auf Weiteres, nur der halbe Gemeinderat tagen, 14 statt 26 Volksvertreter. Dazu wird es eine CO2-Ampel im Sitzungssaal geben. Dies hat der Ältestenrat am Montag entschieden.

Ein Ausweichen in eine Halle sieht Oberbürgermeister Klaus Muttach aus verschiedenen Gründen als schwierige Option. So müsste zum Beispiel die nahe liegende Jahnhalle mit einem speziellen Boden ausgestattet werden. Das wäre teuer.

Nur noch unaufschiebbare Verhandlungspunkte

„Jede Fraktion schickt nur noch die vereinbarte Zahl an Stadträten, die die Mehrheitsverhältnisse widerspiegelt“, sagt Muttach. Dies ist das Ergebnis einer Sitzung des Ältestenrats am Montag, bei der auch beschlossen wurde, nur noch unaufschiebbare Punkte zu verhandeln – und ausufernde Diskussionen möglichst zu vermeiden, damit die Sitzungen schnell zu Ende sind.

Angeregt habe die neuerliche Debatte über das Thema, die nur wenige Stunden nach einer Anfrage dieser Zeitung zum Corona-Schutz im Gemeinderat stattfand, der Acherner Stadtrat und Arzt Thomas Kohler.

Andere Kommunen haben längst durchgegriffen: Rheinau zum Beispiel hat die Sitzungen im Januar abgesagt, anderswo weicht man in Hallen aus, die den nötigen Sicherheitsabstand und vor allem das erforderliche Raumvolumen garantieren, um eine Konzentration virengesättigter Aerosole zu vermeiden.

In Achern geht man einen anderen Weg. Neben der Reduzierung der Zahl der Sitzungsteilnehmer – Zuhörern ist die Anwesenheit natürlich weiter freigestellt – setzt der OB auf die Überwachung der Raumluft.

Schon am Montag stand ein Gerät zur CO2-Messung im Bürgersaal, das, wie Muttach nach der Beratung versicherte, beruhigende Ergebnisse geliefert habe. Der Anteil von Kohlendioxid in der Atemluft sei durchgehend unter 500 ppm gelegen (Parts per Million), also sicher im grünen Bereich, der erst bei 1.000 ppm endet.

Erst bei 2.000 ppm leuchte die Ampeln rot als Hinweis, dass es an der Zeit sei, zu lüften oder den Raum zu verlassen. Die Sitzordnung und die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasenschutzes erhöhe die Sicherheit zusätzlich, zeigt sich der OB überzeugt.

Weitere Stadträte als Zuhörer erlaubt

Das so genannte Pairing, also die Halbierung der Teilnehmer an den Sitzungen, erlaube gleichwohl, dass auch weitere Stadträte im Saal Platz nehmen – in den Zuhörerreihen. Dies sei mit dem Fraktionsvorsitzenden so vereinbart worden. „Ob dies aufgrund der angestrebten Kontaktbeschränkungen geboten ist, obliegt der individuellen Verantwortung und Prüfung“.

Offen ist laut Muttach noch, ob auch die Ausschüsse künftig ebenfalls in halber Besetzung tagen. Dies soll gemeinsam mit der Frage besprochen werden, ob die Stadt Achern am Bürgersaal als Sitzungsort festhält „wofür sicherlich die jetzt gemessene gute Luftqualität spricht“.

Er sei sehr dankbar, dass man immer wieder reflektiere, ob das Verhalten in den Sitzungen des Acherner Gemeinderats pandemiegerecht ist.

Für „kaum praktikabel“ hält Muttach aus rechtlichen und technischen Gründen ein Ausweichen auf die Beratung per Videokonferenz. Der OB muss es wissen: Als Seelbacher Bürgermeister hatte er mit seinem „Seelbach TV“ aus dem Gemeinderat für landesweites Aufsehen gesorgt. Dieses war 2012 ins Visier des Datenschutzbeauftragten geraten, wurde dann aber noch Jahre weitergeführt.

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