Bergamo gilt als Epizentrum der Coronakrise in Europa. Die verstörenden Bilder aus den Krankenhäusern der 120.000-Einwohner Stadt zeigen die Folgen der Lungenkrankheit in ihrem ganzen Schrecken. Der Militärkonvoi, der Tote abtransportierte, weil das örtliche Krematorium mit den Einäscherungen nicht nachkommt, er wurde vor drei Tagen zum Sinnbild der Ohnmacht.
Sasbacher Partnergemeinde Mapello liegt im Zentrum der Krise
Acht Autobahnkilometer entfernt liegt Mapello, Partnergemeinde von Sasbach. Der vergleichsweise kleine Ort (5.500 Einwohner) liefert keine Schlagzeilen, die um die Welt gehen. Doch seine Bewohner leben im Zentrum der Krise. Ist die Ortenau in wenigen Wochen in der selben Lage?
Als der Acher- und Bühler Bote sich vor einem Monat erkundigte, wie es den Menschen in Mapello geht, war die Gefahr schon da, aber sie war abstrakt. 200 Infektionen gab es damals in der ganzen Lombardei, sieben Todesopfer – und die Diskussion darüber, warum die Bürger in den Supermärkten hamstern.
600 Intensivbetten sind jetzt alle voll
Um wie viel schrecklicher ist die Lage vier Wochen später: „Es gibt fast 600 Intensivbetten im Raum Bergamo, und sie sind alle voll“, sagt der ehemalige Sasbacher Bürgermeister Ewald Panther. Nach Medienberichten sind dort allein am Freitag 90 Menschen an der Krankheit gestorben.
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Und die Opferzahlen in Italien steigen. „Wenn man bedenkt, dass wir im Ortenaukreis mit 150 Intensivbetten anfangen, kriegt man es mit der Angst zu tun“, so Panther.
Weiter enge Kontakte nach Mapello trotz Covid-19
Als einer der Väter der Partnerschaft zwischen den beiden Kommunen pflegt er noch immer enge Kontakte nach Mapello, und die Nachrichten von dort sind nicht gut. Ganz und gar nicht. Mindestens zehn Menschen seien in Mapello inzwischen an dem Virus gestorben. Wahrscheinlich sind es viel mehr, doch so richtig weiß das keiner.
Viel Kranke kommen gar nicht in den Kliniken an, und so weiß man letztlich nicht, ob sie zuhause an Corona gestorben sind oder an einer anderen Krankheit, sagt Panther. Nur eines ist klar: In den Lokalzeitungen der Region gebe es inzwischen „seitenweise Todesnachrichten“.
Wir haben überlegt, wie wir helfen können.Ewald Panther, ehemaliger Bürgermeister
Was bleibt da von der Gemeindepartnerschaft mit den viel zitierten Amici? Nicht viel derzeit. Wie auch? „Wir haben überlegt, wie wir helfen können, aber es gibt bei uns auch keine Schutzausrüstung. Und eine Überführung von Patienten geht nicht, die Grenzen sind geschlossen“, sagt der ehemalige Sasbacher Bürgermeister.
Alle Informationen gibt es auf bnn.de/coronavirus
So bleibt, für Panther wie für Johannes Allgöwer als zweiten Motor diese Partnerschaft, der Kontakt per Mail, oder auch mal übers Telefon. Fragen, wie es geht.
Ärzte und Atemgeräte wegen Coronavirus dringend benötigt
„Die Situation ist dramatisch“, schreibt Samantha Sala, mit der der Acher- und Bühler Bote auch vor vier Wochen schon Kontakt hatte. Die ehemalige Mitarbeiterin der Gemeinde Sasbach ist beim Bremsenhersteller Brembo beschäftigt, doch produziert wird da nicht mehr. Die Krankenhäuser sind überfüllt, „wir benötigen dringend Ärzte, Krankenschwestern, Atemgeräte und Schutzvorrichtungen“.
Viele sterben allein.Samantha Sala, ehemalige Mitarbeiterin der Gemeinde Sasbach
Das Traurigste bei alledem sei, dass man nicht zu den Kranken darf, auch nicht in den letzten Stunden – „viele sterben allein“. Seit acht Tagen, so berichtet Sala, sei sie selbst nur noch zu Hause, sie gehe nur einmal in der Woche vor die Tür, um einzukaufen – „meine Eltern und meine Schwiegereltern machen das Gleiche“.
Das sei nicht einfach, aber die einzige Möglichkeit, eine Ansteckung zu vermeiden, schriebt sie und beendet die Mal mit den Worten „bitte passen Sie auf sich auf“.
Wir sind enttäuscht von Europa.Fabrizio Locatelli, Motor der Partnerschaft
„Wir sind enttäuscht von Europa, das Italien nicht geholfen hat“, mailt bitter Fabrizio Locatelli, der die Partnerschaft auf italienischer Seite immer begleitet und vorangetrieben hat. Er sei gerade sehr damit beschäftigt, Ethylalkohol für medizinische Zwecke herzustellen, so Locatelli, der eine Brennerei betreibt.
Jetzt solle ein Krankenhaus auf dem Mailänder Messegelände entstehen, finanziert unter anderem auch von Spendern aus den USA. Unterstützung komme zudem aus China, das mit Medikamenten, Masken und Ärzten aushelfe.
Feldkrankenhaus für Bergamo
Einige seien auch in Bergamo im Einsatz, dort wurde gerade ein Feldkrankenhaus errichtet. Das Virus verbreite sich, ohne dass es bisher ein Mittel dagegen gibt: „Wir machen uns auch Sorgen um Euch“, schreibt Locatelli an Johannes Allgöwer.