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Klinikreform in der Ortenau

Dem Oberkircher Krankenhaus droht das vorzeitige Aus

Der Ortenaukreis plant weitere Sparschnitte bei seinen Kliniken. Nicht beschlossen, aber möglich: Das Krankenhaus in Oberkirch früher als erst 2030 vom Netz zu nehmen. Sinkende Patientenzahlen setzen des Ortenau Klinikum weiter unter Druck.

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Wird das Oberkircher Krankenhaus früher geschlossen als geplant? Das Ortenau Klinikum kündigt weitere Sparschnitte an. Foto: rul/Archiv

Geht das Oberkircher Krankenhaus bereits deutlich früher vom Netz als in der Agenda 2030 vorgesehen? „Wir werden uns Gedanken machen, ob wir nicht ein Haus schneller schließen“, räumte Klinik-Geschäftsführer Christian Keller am Montag ein. Die Antwort auf die Frage, ob sich Oberkirch mit nur noch 44 Betten dabei nicht anbiete, beantwortete Keller nur indirekt: „Ich sehe weder eine Chance für Kehl noch für Ettenheim, die Häuser schneller zu schließen."

Dies liege daran, dass die beiden Kliniken mit derzeit 140 und 100 Planbetten eine wichtige Stütze für die Krankenhausversorgung seien – auf sie könne man vor Fertigstellung der Neubauten in Offenburg und Achern nicht verzichten. Keller kündigte an, dass angesichts bundesweit rückläufiger Fallzahlen auch die Bettenplanung für die Agenda 2030 noch einmal auf den Prüfstand kommen werde.

Deutlich weniger Betten

Das heißt: Die Häuser in Offenburg, Lahr, Achern und Wolfach werden deutlich kleiner und damit auch billiger, als in der Planung für die Agenda 2030 unterstellt wird. Die Sorgen des Kreises dürften damit allerdings nur ein klein wenig kleiner werden.

"Zahlen nicht neu"

Die in der vergangenen Woche bekannt gewordenen Zahlen zum Defizit des laufenden Klinikbetriebs seien weder neu noch überraschend, betonte Keller in einem kurzfristig einberufenen Pressegespräch zur finanziellen Situation der Krankenhäuser gemeinsam mit dem medizinischen Direktor Peter Kraemer. Sie seien bereits in den beiden Gutachten der Jahre 2017 (CMK) und 2018 (Lohfert & Lohfert) enthalten gewesen. Allerdings: Seither hat sich eine Menge getan.

Patientenzahlen sinken

Auf der einen Seite hat der Kreis eine Entlastung von mehr als vier Millionen Euro jährlich durch die Umsetzung des Modells Landrat erreicht. Auf der anderen Seite hat der bundesweite Rückgang der Fallzahlen auch das Ortenau Klinikum im vergangenen Jahr unter Druck gesetzt – „ein Brandbeschleuniger“, so Keller.

„Wenn wir das Modell Landrat nicht umgesetzt hätten, dann hätten wir ein noch deutlich schlechteres Ergebnis“, sagt der Geschäftsführer, der im Hinblick auf die ausstehende Jahresrechnung für 2019 noch keine Details nennen wollte. Doch „vom Trend her“ gehe es allen Häusern wirtschaftlich schlechter.

Weitere Einschnitte zu erwarten

Konsequenz daraus: Kreis und Klinikum sinnen über weitere Sofortmaßnahmen zur Begrenzung des Defizits nach. Das „Modell Landrat“, das als schmerzlichste Einschnitte die Schließung des Krankenhauses in Gengenbach, die Zusammenlegung der Geburtshilfen aus Oberkirch und Achern (nach Achern) sowie der Apotheken aus Lahr und Offenburg (nach Offenburg) vorsah, wird nicht also nur weiter umgesetzt, sondern auch inhaltlich fortgeschrieben.

Eingriffe aus Berlin

Weitere Sparschnitte sind mithin nicht auszuschließen. Der Kreis reagiert damit auch auf die neuesten Eingriffe der Bundespolitik – zum Beispiel eine Verordnung, die empfindliche Strafzahlungen für die Kliniken vorsieht, wenn sie falsch abrechnen.

Der Pferdefuß dabei: Was Kassen und Gesetzgeber als „falsche“ Abrechnung betrachten, ist oft nur eine verlängerte Liegedauer, beispielsweise wenn ein dementer oder schwer kranker Patient zu Hause nicht angemessen versorgt werden kann.

"Ungeplantes Marktausscheiden"

Bleibt die Frage, wie viele Eingriffe der Bundespolitik der Kreis als Klinikbetreiber noch abfedern kann. Keller äußert dem Grunde nach Verständnis für die Vorgaben aus Berlin, zweifelt aber an den Methoden.

Es gebe, so räumt er ein, tatsächlich ein Kliniksterben in Deutschland, aber eben auch zu viele Krankenhausbetten.

Der Gesetzgeber werde aber nicht noch jahrelang die Schraube so anziehen können wie derzeit, auch weil am Ende möglicherweise zwar die Krankenhäuser mit den finanzstärksten Eigentümern überleben werden, aber nicht unbedingt die an den Orten, wo sie eigentlich gebraucht würden: „Das ungeplante Marktausscheiden kann so nicht weiter gehen."

Leistungen auf dem Prüfstand

Keller kündigte an, dem Krankenhausausschuss später in diesem Jahr ein weiteres Paket mit Maßnahmen zur Kostensenkung vorzulegen: „Wir werden Leitungen, die nicht systemrelevant sind, auf den Prüfstand stellen.“ Bei einem höheren Reformtempo werde man die Budgets entsprechend schneller entlasten können.

Keller sagte, dass das Klinikum derzeit mögliche Folgenutzungen für Oberkirch prüfe: „Wir werden ein gutes Konzept finden." Jetzt aber gehe es zunächst drum, den Mitarbeitern Ruhe und Planungssicherheit zu geben: „Derzeit wird immer wieder eine neue Sau durchs Dorf getrieben."

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