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Jung und motiviert

Durch Zufall: Wie Murat Tuncsoy Schulleiter in Achern-Fautenbach wurde

Murat Tuncsoy leitet die Grundschule in Achern-Fautenbach. An die Aufgabe geriet er auch durch einen Zufall. Der 34-Jährige stammt aus Berlin-Neukölln und ist Lehrer aus Überzeugung.

Jung und motiviert: Murat Tuncsoy hatte ein Jahr Zeit, sich in der Grundschule in Fautenbach einzuleben. Auch in den kommenden Jahren will er noch viel bewegen.
Murat Tuncsoy hatte ein Jahr Zeit, sich in der Grundschule in Fautenbach einzuleben. Foto: Hauke Heuer

Murat Tuncsoy, der neue Schulleiter der Grundschule in Achern-Fautenbach, sieht ganz anders aus, als man sich einen Mann in seiner Position gemeinhin vorstellt – und er verhält sich auch nicht so.

Tuncsoy trägt Nasenpiercing und Ohrring. Die langen Haare hat er hinter dem Kopf zusammengebunden. Immer wieder zieht er die Oberlippe hoch und grinst sein Gegenüber aus einem kernigen Dreitagebart an.

Der 34-Jährige hat eine Menge Energie, das spürt man sofort. Die braucht er auch. Frühmorgens, vor der ersten Stunde, beginnt sein Tag. Derzeit komme er nicht vor 20 Uhr nach Hause.

„Das liegt natürlich am Schuljahresbeginn. Dann ist besonders viel los“, stellt er klar. Eigentlich soll sich das Gespräch über die Überlastung von Lehrern sowie Schulleitern im Speziellen drehen.

Doch Tuncsoy ist dafür nicht wirklich zu haben. „Ich bin kein Meckerer und auch relativ belastbar. Arbeit macht mich so schnell nicht kaputt“, sagt er selbstbewusst.

Neuer Acherner Schulleiter stört Halbherzigkeit

Auch, dass er durch die Schulleiterstelle keinerlei finanziellen Vorteil habe, sei nicht der Rede wert. Er verdiene auch so genug. Was ihn hingegen störe, sei Halbherzigkeit.

„Ich habe Spaß daran, Dinge umzusetzen und die Ergebnisse direkt zu sehen“, erklärt er. In Fautenbach sind auf seine Initiative hin unter anderem bereits eine Karate- und eine Tanz-AG ins Leben gerufen worden.

Außerdem gibt es einen neuen Lesewettbewerb und ein Sommerfest für die Kinder. „Ich musste aber auch nicht bei null anfangen“, stellt Tuncsoy klar.

Seine Vorgängerin und das siebenköpfige Kollegium hätten auch schon vor seinem Erscheinen in Fautenbach Großes geleistet und auf den Weg gebracht.

Kleine Änderungen im Unterrichtskonzept

Und Tuncsoy verändert auch den Unterricht: „Wir arbeiten immer stärker in Projekten und weniger frontal“, beschreibt Tuncsoy seinen Ansatz. Die Kinder sollen Spaß beim Lernen haben.

In dieser Frage gelte es, bei einigen Eltern Überzeugungsarbeit zu leisten, die solchen Veränderungen eher skeptisch gegenüberstehen.

Dass der Kontakt mit den Eltern aber auch sehr aufbauend sein kann, zeigt ein Ordner in seinem Aktenschrank mit der Aufschrift „good vibes“, was soviel heißt wie „gute Schwingungen“.

Er ist gefüllt mit Ausdrucken von E-Mails, in denen sich die Eltern überschwänglich für sein Engagement bedanken. So hat der Schulleiter immer eine Quelle der guten Laune griffbereit.

Die Ernennung von Tuncsoy scheint ein Gewinn für die kleine Dorfschule zu sein. Entscheidend dafür, dass der junge Lehrer in Fautenbach landete, war aber auch der Zufall.

Offenburger Schulamt parkte Tuncsoy in der Grundschule zwischen

Tuncsoy, eigentlich ein Realschullehrer, war zunächst an einer anderen Schule in Achern beschäftigt, die er auf eigenen Wunsch hin zum Beginn des vergangenen Schuljahres verlassen hatte.

Weil sie nicht wussten, wohin mit ihm, parkten ihn die Verantwortlichen im Schulamt in Offenburg in der Grundschule zwischen. Es war geplant, nach einem Schuljahr eine andere Anstellung für ihn zu finden.

Ich hatte viel Zeit, in die Aufgabe reinzuschnuppern.
Murat Tuncsoy, Schulleiter Grundschule Fautenbach

Doch schon in der ersten Konferenz wird klar: Es braucht einen Ersatz für die erst drei Jahre vorher gestartete Schulleiterin. Tuncsoy erklärt sich bereit und leitete die Schule im vergangenen Schuljahr zunächst kommissarisch.

„Das war rückblickend genau das Richtige. Ich hatte viel Zeit, in die Aufgabe reinzuschnuppern. Habe viel Unterstützung vom Schulamt und den anderen Schulleitern bekommen

34-Jähriger baut mit seiner Frau ein Fachwerkhaus aus

Alles, ohne etwas riskieren zu müssen“, erklärt der Lehrer. Als die Stelle dann zuletzt wieder ausgeschrieben wurde, habe er sich endgültig für die verantwortungsvolle Aufgabe entschieden.

„Der Job passt gut zu mir. Ich habe ein sehr ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden“, sagt er. Es bereite ihm Freude, auf die Bedürfnisse seiner Kollegen einzugehen und dann zu sehen, dass diese besser arbeiten würden und zufriedener seien.

Auch sonst scheint Tuncsoy ein Mensch zu sein, der sich eher von Überzeugungen leiten lässt. In seiner eigenen Schulzeit in Berlin-Neukölln habe ihm ein sehr strenger Lehrer Struktur und Anstand beigebracht.

Im Ergebnis sei er bester seines Jahrgangs geworden. Das wolle er nun weitergeben und insbesondere auch Vorbild für Schüler mit Migrationshintergrund sein.

Die Chance dazu habe er vor allem in seiner Zeit als Realschullehrer in Hamburg gehabt. In die Ortenau hätte es ihn verschlagen, weil seine Familie in der Gegend lebt. Er wird wohl auch im Südwesten bleiben: Gemeinsam mit seiner Frau baut er sich derzeit ein Fachwerkhaus aus.

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