
Was ist das Geheimnis, dass 180 Kinder und Jugendlichen im Alter von vier bis 23 Jahren in acht Chorgruppen miteinander singen, Konzerte geben und Spaß miteinander haben? Die Antwort von Chorleiter Frank Hodapp (45) ist kurz, aber präzise: „Es ist die Qualität, die den Unterschied ausmacht.“
Das klingt plausibel. Doch dahinter steckt sehr viel Arbeit, um genau den richtigen Ton zu treffen, der bei jungen Leuten in der heutigen multimedialen Zeit jene Schwingungen auslöst, selbst singen zu wollen, in einen Chor einzutreten und vor Publikum weltliche und sakrale Lieder aufzuführen oder bei modernen Musicals mitzuwirken.
Vor 30 Jahren schuf die Erzdiözese eine Kantorenstelle für Kirchenmusiker in Achern
Eine Antwort auf diese sehr erfreuliche Tatsache ist, dass die Erzdiözese Freiburg vor über 30 Jahren eine hauptamtliche Kantorenstelle für Kirchenmusiker einrichtete. Damit verbunden ist die Erfolgsgeschichte des Kinder- und Jugendchores Unterwegs aus Fautenbach, den Gabriele Sichler-Karle und Pfarrer Michael Vollmert gründeten.
Mit der Mitgestaltung der Firmung im November 1989 erfolgte die Premiere des Chores, mit dabei war der junge Sänger Frank Hodapp, der heute Kantor in der Seelsorgeeinheit Achern ist.
Der damals noch kleine Chor erlebte eine sehr erfolgreiche Zeit, schon bald wurden Singspiele wie „Max und Moritz“ aufgeführt oder das Krippenspiel gestaltet. Ton für Ton entwickelte sich der Chor zu einer Singschule, die heute ein Leuchtturmprojekt der „Musica Sacra“ in der Erzdiözese ist und glänzende Erfolge bei Musicals wie der „West Side Story“ oder der „Dreigroschenoper“ hatte.
Von 2009 bis 2012 hatte Priska Schöner die Leitung inne, bevor der frühere Chorsänger Hodapp die Berufung nach Achern erhielt. Hodapp absolvierte nach seinem Abitur 1997 an der Heimschule Lender seine Bundeswehrzeit als Klavierbegleiter beim Ausbildungsmusikcorps in Hilden, bevor er 1999 an der ältesten Kirchenmusikschule der Welt in Regensburg sein Studium begann und als Diplom-Kirchenmusiker mit den Hauptfächern Orgel, Chorleitung und Klavier erfolgreich abschloss.
Dass er die musikalische Richtung einschlagen möchte, war für ihn früh klar: Bereits mit 14 Jahren spielte er schon die Orgel, im Musikverein kamen Trompete und Flügelhorn hinzu.
Die Kirchenmusik kristallisierte sich erst nach der Bundeswehrzeit heraus. Nach dem Studium bekam er eine Stelle in Erzingen am Hochrhein, bevor sich 2012 die Chance ergab, zurück zu den Wurzeln zu gehen. Seit November 2012 wird nun die Erfolgsstory „Unterwegs“ fortgesetzt, wobei die Bandbreite von den „MiMuMäusen“ über die Sing- und Spielkreise bis zu den Formationen Grundchor, Jugendchor, Junger Chor und Kammerchor reichen.
Ich gehe in die Kindergärten in Fautenbach und Oberachern, stelle mich vor und biete Sing- und Spielkreise an.Frank Hodapp
Kantor und Kirchenmusiker
„Ich gehe in die Kindergärten in Fautenbach und Oberachern, stelle mich vor und biete Sing- und Spielkreise an“, so Hodapp. Diese würden sehr gut genutzt und es bilde sich ein gewisser Grundstock, auf dem dann weiter aufgebaut werde.
„Wir haben aktuell mit einer Ausnahme aus allen Stadtteilen Kinder und Jugendliche, die bei uns singen.“ Für ihn sei dies zum einen ein Zeichen, dass die Kinder und Jugendlichen sich aus genügend Motivation hätten, außerhalb ihres Ortes in einem Chor zu singen.
Zum anderen spreche dies auch für die Qualität des Chorprojektes, das auch die Eltern bestens unterstützen und das mit Konzerten und Chorfahrten besondere Gemeinschaftserlebnisse biete. „Wenn die Chorsänger dann zusammenbleiben und zehn Jahre miteinander älter werden, haben sie auch ein besonderes Gefühl der Zusammengehörigkeit.“
Weshalb nun die Nachwuchsarbeit des Projekts Unterwegs seit 1989 bestens läuft, während sich andernorts traditionsreiche Chöre im weltlichen und kirchlichen Bereich schwertun oder gar auflösen, sei laut Hodapp nicht mit einem Patentrezept zu beantworten.
Spätestens mit dem Schulabschluss hören viele Jugendliche mit dem Gesang auf
Sicherlich gebe es in der hiesigen Region noch eine gute Kinder- und Jugendarbeit – auch als Projekt mit der Grundschule. Dann komme es oft spätestens mit dem Schulabschluss, dem Beginn der Ausbildung und des Studiums, oftmals fernab von zu Hause, zu einem Bruch, wodurch der Übergang in den Erwachsenenchor oft nicht stattfinde.
Dies könne laut Hodapp nur dann gelingen, wenn sich fünf, sechs Jugendliche gemeinsam zum Weitersingen entschließen würden, was allerdings – anders als früher – immer seltener der Fall sei. Vieles würden seine Kollegen versuchen, um junge Erwachsene zu binden, und manches gelinge auch, meint Hodapp.
Er selbst habe einen Kammerchor für junge Leute ins Leben gerufen, die schon etwas älter seien und vor allem Lust und Zeit für den Chorgesang hätten.
Zur Serie
Was ist Kunst? Und braucht man das? Der Acher- und Bühler Bote veröffentlicht in seiner Sommerserie in diesem Jahr Porträts von Künstlerinnen und Künstlern aus der Region. Sie sollen zeigen, welche Bandbreite künstlerisches Schaffen umfassen kann, von erfolgreichen Schülerinnen und Schülern bei regionalen Wettbewerben bis hin zu Künstlern, die von ihrer Arbeit leben können. Und wir fragen, was sich die Kreativen wünschen, wo sie Probleme sehen und wo sie sich gut gefördert fühlen.