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Ausreichend Geld, aber zu wenig Personal

Haushaltsberatungen in Achern: Die Stadt hat mitten in der Pandemie ein Luxusproblem

Während andere Städte unter den Folgen der Pandemie ächzen, geht es der Stadt Achern finanziell gut. So gut, dass der Oberbürgermeister den Gemeinderat fast schon dazu aufruft, den Rotstift zu zücken.

Illenau
Zu wenig Personal im Rathaus: Von der Illenau aus wird Achern regiert. Dort aber sitzen, folgt man der Verwaltung, zu wenige Mitarbeiter, um das anspruchsvolle Programm der kommenden Jahre zu stemmen. Foto: Jörg Seiler

„Herr Schmiederer, Frau Roth, was haben wir bis jetzt eingespart?“ Die Antwort auf die Frage an seinen Finanzchef und die Leiterin der Fachgebiets Haushaltswesen konnte sich ein gut gelaunter Oberbürgermeister Klaus Muttach am Samstag an den Fingern einer Hand abzählen: Nichts. Keinen müden Heller.

So gesehen war der Auftakt der üblicherweise mühsamen Etatberatungen in der Hornisgrindestadt zumindest in der Theorie ein Schlag ins Wasser. Hatten doch frühere Gemeinderäte unter anderen Umständen sich alle Mühe gegeben, das Zahlenwerk zu zerpflücken, um ein paar Euro zutage zu fördern. Doch inzwischen ist alles anders: Nicht das fehlende Geld ist das Problem, sondern der Mangel an Personal. Über den aber wurde hinter verschlossenen Türen gesprochen.

Finanziell, so die Botschaft von Rolf Schmiederer, steht die Stadt mitten in der Pandemie ausnehmend gut da. Und es gibt Hoffnung, dass auch die verbleibenden Makel in Bilanz und Ausblick noch wegpoliert werden können.

Stadt Achern hat Millionen auf der hohen Kante

In Zahlen: Zwölf Millionen Euro mehr als erwartet sind 2020 übriggeblieben, am Ende des Jahres hatte die Stadt fast 17,5 Millionen Euro auf dem Girokonto. 2021 ist es nicht ganz so prall, doch aller Voraussicht nach wird man auch hier rund siebeneinhalb Millionen Euro übrig haben, sechs Millionen mehr als berechnet.

Am Ende des Personals haben wir noch relativ viele Projekte.
Dietmar Stiefel, Baubürgermeister

Da lässt sich verschmerzen, dass die Perspektiven für den Doppelhaushalt, über den nun zu beraten ist, nicht ganz so rosig sind. Das liegt vor allem am üblichen Rhythmus des kommunalen Finanzausgleichs, nach dem die Kommunen immer mit Verspätung für fette Jahre zur Kasse gebeten werden.

Doch auch hier ist längst nicht gesagt, dass die geplante Neuverschuldung wirklich notwendig wird. „Wir haben immer versucht, die Darlehen nicht aufzunehmen“, sagt der Oberbürgermeister dazu. An diesem Optimismus werde er festhalten: „Mal sehen, was aus dem Jahr 2021 noch so alles herüberschwappt“. Was man jetzt erlebe, sei eine „kleine Delle“, die sich in den Jahren 2024 und 2025 wieder glattbügeln werde.

Achern hat Geld, aber zu wenig Personal, um es auszugeben

Ein Befund, von dem andere Städte gerade träumen. Und so hat man in Achern so etwas wie ein Luxusproblem: Die Stadt kann längst nicht alles, was sie könnte. Es fehlt am Personal, und Verstärkung ist schwer zu bekommen.

Das aber ist nicht einmal das Kernproblem, sondern drei Riesenaufgaben, die es in den kommenden Jahren zu stemmen gilt: Der 19 Millionen Euro teure Breitbandausbau, der die Stadt zwar wenig Geld, aber doch Arbeitskraft kostet; dazu der Bau der Nordtangente, für den das Rathaus 87 Grundstücke zusammenbekommen muss; und schließlich das Acherner Jahrhundertprojekt, das neue Krankenhaus.

Auch hier gilt: Der Haushalt wird nicht so sehr belastet wie die Verwaltung, die das Großvorhaben begleiten muss. Auch die Fachbüros, an die man Aufgaben auslagern könnte, haben alle Hände voll zu tun.

Baubürgermeister Dietmar Stiefel brachte es in Abwandlung eines alten Kalauers auf den Punkt: „Am Ende des Personals haben wir noch relativ viele Projekte“. Im Hochbau komme man einigermaßen über die Runden, aber im Tiefbau und bei den Werken übersteige der Umfang der Aufgaben die Kapazitäten in der Abteilung um etwa das Doppelte.

Wir haben immer versucht, die Darlehen nicht aufzunehmen.
Klaus Muttach, Oberbürgermeister

So klang die wohl auch auf die anstehende Beratung des Stellenplans gemünzte Anmerkung von Oberbürgermeister Klaus Muttach fast schon wie die Bitte an den Gemeinderat, den Rotstift zu zücken: „Die Frage ist, was können wir aus Priorität 1 streichen, um einen realistischen Haushalt zu bekommen?“

Neue Einsegnungshalle in Achern kostet Millionen

Den Gefallen aber tat das Gremium der Verwaltung nicht – noch nicht. Und dies, obwohl manches Einzelvorhaben derart teuer ist, dass einigen Räten erst einmal der Atem wegblieb. Dazu zählt beispielsweise der Millionenaufwand für die neue Einsegnungshalle.

Heftig teuer wird es auch in Sasbachried: Dort sind für die Sanierung der Toiletten in der Schule 250.000 Euro eingeplant. Carmen Weber, Chefin für den Hochbau im Acherner Rathaus, nannte die Erneuerung von Leitungen als Grund.

Doch der Gemeinderat bleibt skeptisch. Man habe erst vor wenigen Minuten gehört, dass Sasbachried die kleinste Schule in der Stadt sei, erinnerte CDU-Fraktionschef Karl Früh. „Da stellen wir uns dann schon vor, was erst passiert, wenn einmal die großen Schulen an die Reihe kommen“.

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