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Kehl als Brennpunkt

In den Freibädern der Region erhitzen sich die Gemüter

Mit dem Ruf nach mehr Polizei reagiert die Stadt Kehl auf das Auftreten vor allem französischer Jugendlicher in den beiden Freibädern. Diese mussten schon mehrfach aus Sicherheitsgründen geräumt werden, teilweise kam es zu massiven Übergriffen.

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Das Freibad in Kehl steht unter Druck: Vor allem Gruppen französischer Jugendlicher sorgen für Ärger. Foto: Archiv Heck

Nur ein einziges Freibad gibt es im Großraum Straßburg – und das für 500.011 Einwohner. Das führt zu regem Badetourismus auf die andere Rheinseite – mit erheblichen Folgen. Bereits viermal musste die Stadt Kehl in diesem Sommer eines ihrer beiden Bäder räumen lassen – wegen Gruppen „unangepasster französischer Jugendlicher“ , wie es seitens der Stadt offiziell heißt. 

Noch konzentriert sich das Problem auf Kehl – doch auch im Raum Achern zeigte das vergangene Wochenende, dass die Bäder nicht zuletzt wegen der Nachfrage aus dem Elsass an Grenzen stoßen. Achern oder Renchen schrieben am Sonntag Allzeit-Rekorde bei den Besucherzahlen, in Oberkirch wurden wegen Überfüllung die Kassen gesperrt.

Herausforderung für Bademeister

Auch einige Kilometer von der Grenze entfernt müssen viele Bademeister inzwischen aufpassen, dass grundlegende Regeln des Miteinanders eingehalten werden. Der Vorteil hier: Bei den Gästen aus dem Elsass handelt es sich meist um Familien und nicht um Gruppen bisweilen sogar gewaltbereiter Jugendlicher wie in Kehl, wo schon mehrfach die Polizei gerufen werden musste.

Korrekte Badebekleidung?

Ein Thema für sich ist die angemessene Badekleidung. „Wir haben vor allem Familien mit Kleinkindern aus Frankreich, Probleme hat es noch nicht gegeben“, sagt Thomas Lang, Bademeister in Achern. Aufpassen müsse man aber auf die korrekte Badekleidung gerade bei männlichen Gästen: Jeder zweite oder dritte Jugendliche versuche, mit Shorts und darunter getragenen Unterhosen ins Wasser zu gehen: „Wir greifen da konsequent durch“, sagt Lang.

Probleme in Renchen

Deutlich zugespitzter die Situation in Renchen, wo man am Sonntag 3 300 Badegäste zählte: „Hätten Sie mich am Samstag gefragt, hätte ich gesagt, wir haben keine Probleme“, sagt Bürgermeister Bernd Siefermann. Das hat sich geändert: Ihn habe, über soziale Netzwerke oder auch direkt per E-Mail, eine ganze Reihe von Beschwerden erreicht. „Viele halten sich nicht mehr an die Regeln, gehen mit Essen ins Wasser, oder ungeduscht, das ist alles andere als ein Badespaß“, sagt Siefermann. Das Thema werde dem Gemeinderat vorgetragen, es werde zu diskutieren sein, ob man weiter das Rauchen von Shishas in den Bädern zulasse, oder auch Shorts, die oft auf der Straße getragen werden, bevor man damit ins Wasser geht. Am Sonntag habe man erstmals französische Jugendliche abgewiesen, die zuvor mit gewagten Fahrmanövern vor dem Bad aufgefallen waren.

Regeln nicht leicht durchzusetzen

Nur einmal habe man im vergangenen Jahr durchgreifen müssen, sagt Sasbachwaldens Bürgermeisterin Sonja Schuchter, die Regel seien solche Probleme nicht. Man werde aber verstärkt auf angemessene Badekleidung achten. Ähnlich sieht es in Ottenhöfen aus: Dass teilweise Unterhosen unter Badeshorts getragen würden, „geht gar nicht“, sagt Klaus Kordick, Hauptamtsleiter in Ottenhöfen. Im Naturbad komme sonst die Bioregeneration an ihre Leistungsgrenze. Viele Besucher kämen aus dem Elsass, aber in der Regel seien das Familien. Doch auch hier gelte: „Es ist heute nicht mehr so leicht, Regeln durchzusetzen, wie früher“.

Mit einem Hilferuf hat sich der Kehler Oberbürgermeister Toni Vetrano (CDU) an die Politik auf beiden Rheinseiten gewandt. Vier Mal mussten die beiden Freibäder in der Kehler Kernstadt und im Stadtteil Auenheim in den vergangenen Wochen geräumt werden, teilweise kam es zum massiven Übergriffen. Die Stadt Kehl macht „Gruppen unangepasster französischer Jugendlicher“ verantwortlich. 

Jetzt fordert Vetrano – nicht zum ersten Mal – dass die Polizeipräsenz in Kehl an die Herausforderungen der nahen Großstadt abgepasst werden solle. Auch die Stadtgemeinschaft Straßburg sieht man in der Pflicht – gibt es doch für den gesamten Großraum mit mehr als 500.000 Einwohnern nur ein einziges Freibad auf französische Seite – und das wird bei 2800 Besuchern konsequent geschlossen. Ähnliche Versuche in Kehl – nämlich das Bad bei Überfüllung zu schließen – hatten zuletzt zu Tumulten geführt und zu Versuchen, die Anlage zu stürmen. 

Stadt und Sicherheitsdienst sehen sich am Ende ihrer Möglichkeiten, doch die Polizei will nur punktuell eingreifen: Es sei in erster Linie Sache der Stadt, im Bad für Ordnung zu sorgen, sagt Polizeisprecherin Karen Stürzel. Am Sonntag eskalierte die Situation erneut, nach Angaben der Stadt mussten beide Bäder am frühen Nachmittag wegen Überfüllung geschlossen werden.

In Kehl sei das Nichtschwimmerbecken von einer Gruppe junger Männer regelrecht belagert gewesen, ein kleines Mädchen sei herumgeworfen worden, ihren Vater habe man geschlagen. Deshalb wurde erneut die Räumung des Bades veranlasst. Jugendliche hätten daraufhin Mitarbeiter der Security mit Pfefferspray attackiert. 

„Das Aggressionspotenzial ist gestiegen, die Frustrationstoleranz gesunken“, sagt Stadtsprecherin Annette Lipowsky, „wir brauchen die Polizei, um diese Probleme zu lösen“, Seit fast 20 Jahren beschäftigt die Stadt zwei Mediatoren in den Bädern, doch auch sie sind an ihre Grenzen geraten: „Wir sind an einem Punkt, wo wir nicht mehr sicher sind, dass manche Leute zum Baden zu uns kommen. Da geht es ums Kräftemessen“.

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