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Ehemalige Lehrerin

Inklusiv, bevor es Inklusion gab: Elisabeth Fuchs aus Achern engagiert sich seit Jahrzehnten

Seit Jahrzehnten kümmert sich die pensionierte Lehrerin Elisabeth Fuchs um Menschen mit Behinderungen - und vor allem um deren Teilhabe. Einrichtungen wie das in Achern geplante Begegnungszentrum sieht sie als große Chance.

Elisabeth Fuchs, pensionierte Lehrerin für Kinder mit Behinderung, macht sich mit für ein Begegnungszentrum in Achern stark, in dem alle willkommen sind.
Elisabeth Fuchs, pensionierte Lehrerin für Kinder mit Behinderung, macht sich mit für ein Begegnungszentrum in Achern stark, in dem alle willkommen sind. Foto: Michaela Gabriel

Elisabeth Fuchs hat unzählige gute Erfahrungen mit Menschen mit Behinderung gemacht. Gesetze und Institutionen allein könnten nicht dafür sorgen, dass Menschen mit und ohne Behinderung gut zusammenleben, sagt die pensionierte Lehrerin, die seit sieben Jahren in Achern lebt. Nach ihrer Überzeugung wird Inklusion vor allem durch Begegnungen von Mensch zu Mensch gefördert. Deshalb sieht sie eine große Chance in einem Begegnungszentrum in der Acherner Innenstadt, wie es der Verein Achern Miteinander anstrebt.

Vor der 69-Jährigen liegen Karten mit Beispielen von „gelebtem „Brückenbau” zwischen Menschen. Sichtbar und greifbar zu machen, worum es geht, das war für ihre Tätigkeit als Lehrerin an der Mooslandschule der Lebenshilfe in Ottersweier ganz wesentlich. Deshalb hat sie aufgeschrieben, wo Menschen mit Behinderung überall dazu gehören: in den Schulen, bei Festen und Feiern, bei Gottesdiensten, am Arbeitsplatz und in der gesamten Gesellschaft.

Initzialzündung ein Wunsch aus Ottersweier

Elisabeth Fuchs, Jahrgang 1951, kommt aus dem Markgräfler Land. Sie wuchs in Staufen auf und leitete als Jugendliche eine Mädchengruppe der Pfarrjugend. Nach der Mittleren Reife wurde sie Erzieherin. Ihre erste Stelle führte sie in ein Kinderheim nach Baden-Baden.

Weil die Aufgabe so fordernd war, kündigte sie nach fünf Jahren: „Ich war ausgepowert.” 1976 an einer kleinen Schule für Kinder mit geistiger Behinderung anzufangen, gefiel ihr zunächst vor allem wegen der geregelten Arbeitszeiten. Doch daraus wurde in 38 Jahren viel mehr. 1980 bildete sie sich zur Lehrerin für geistig Behinderte weiter. Ihren Schülern zusätzlich zum Unterricht Kontakte zu anderen zu ermöglichen, das wurde danach ihre Leidenschaft und Berufung.

Dabei haben die nicht behinderten Kinder Inklusion erlebt, bevor es das Wort überhaupt gab.
Elisabeth Fuchs, ehemalige Lehrerin

Initialzündung dafür sei der Wunsch von Firmlingen aus Ottersweier gewesen, an die Mooslandschule zu kommen. Dazu kamen gemeinsame Aktivitäten von Familien mit und ohne behinderte Kinder an den Wochenenden. „Wir waren zusammen im Wald, auf dem Spielplatz oder auf dem Trimm-dich-Pfad. Dabei haben die nicht behinderten Kinder Inklusion erlebt, bevor es das Wort überhaupt gab. Der Samen war gelegt”, erinnert sich Elisabeth Fuchs.

Elternbeiratsvorsitzende hätten weitere Begegnungsmöglichkeiten außerhalb der Schule geschaffen, etwa Besuche bei der Feuerwehr und gemütliche Kaffeerunden.

Verbesserungswürdige Wahrnehmung von Menschen mit Behinderungen

Manche der Kinder von damals seien als Zivis wiedergekommen, einige seien Lehrer geworden und hätten den Kontakt zu der damaligen Sonderschule wieder gesucht, um ihren eigenen Schülern Begegnungen mit behinderten Kindern zu ermöglichen. Heute ist die Mooslandschule ein sonderpädagogisches Bildungs- und Beratungszentrum mit dem Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Sie hat Außenklassen an Grund- und Werkrealschulen der Region und begleitet einzelnen Schüler bei inklusiven Unterrichtsformen.

Die Wahrnehmung der Menschen mit Behinderung in der Gesellschaft, die oft eine Leistungsgesellschaft ist, sei aber weiterhin verbesserungswürdig, sagt Elisabeth Fuchs: „Menschen mit Behinderung gehören dazu, wie alle anderen auch.” Inklusive Beschulung sei nicht für alle umsetzbar und reiche für ein gutes Miteinander nicht aus. Deshalb sollte nach ihrer Überzeugung mehr Begegnungen in der Freizeit geben, wo nicht die Leistung im Mittelpunkt stehe, sondern der Spaß: bei Festen, bei Ausstellungen, bei Bewegung und Spiel.

„Ein Begegnungszentrum, wie es der Verein Achern Miteinander anstrebt, ist eine große Chance”, freut sich die Pensionärin. Daran könnten sich auch Menschen mit Behinderung beteiligen, wenn sie dazu abgeholt werden: „Man sollte deshalb unbedingt darauf achten, dass die Zugänge barrierefrei werden und dass es einen großen Raum für gemeinsames musizieren und tanzen gibt.” Menschliche Brücken zu bauen, das sei ihr Wunsch und damit werde sie sich gern in das Projekt einbringen, so Elisabeth Fuchs.

Wo Menschen mit Behinderung dabei seien, da verändere sich die Atmosphäre, weil alle besser aufeinander achten, zeigt ihre Erfahrung. „Die Menschen in der eigenen Nachbarschaft zu sehen ist wichtiger als immer unterwegs zu sein. Vielleicht hilft uns die Corona-Pandemie dabei, das zu spüren.” Ihr selbst sei der christliche Glaube eine große Motivation: „Jesus schließt keinen aus. Er nimmt jeden an.”

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