Jürgen Mäder, der Bodenständige
Mäder wächst in Bischweier mit vier weiteren Geschwistern auf, sein älterer Bruder ist behindert. Die Familie prägt ihn bis heute. Er lernt, nicht im Mittelpunkt stehen zu müssen, bleibt bodenständig. Edeka-Kaufleute, die er lange kennt, herzt er schon mal. Er hat keinen Chauffeur, isst in der Kantine, ist mit vielen per Du.
Vom Polizisten zum Manager
Der junge Jürgen Mäder ist sportlich, wird auch deshalb Polizist. Über fünf Jahre arbeitet er in diesem Beruf, lernt dann seine Partnerin kennen, die Tochter eines Metzgers ist. Mäder hilft mit, ist begeistert. Er erlernt den Beruf, wird Metzgermeister, sattelt den Betriebswirt im Handwerk obendrauf. Dann der Bruch: Die Ehe geht auseinander. Mäder will nur noch weg: nach Namibia, wo er als Deutscher in einer Metzgerei arbeiten kann. Es ist eine BNN-Stellenanzeige, die ihn kurz vor der Vertragsunterzeichnung umschwenken lässt. Er wird 1992 bei der damaligen Edeka Fleischzentrale in Offenburg Assistent der Geschäftsleitung, später Chef der Edeka Südwest Fleisch mit ihrem Fleischwerk in Rheinstetten. Im April 2018 zieht er in die Chefetage von Edeka Südwest ein, ist für Vertrieb, Marketing, Nachhaltigkeit und Ladenbau zuständig. Er ist ein Edeka-Mensch durch und durch. Statt einer Rolex trägt er ein Werbebändchen am Handgelenk. Der Spruch darauf: „Edeka. Wir lieben Lebensmittel.“
Heimat statt Namibia
„Das wäre der Kapitalfehler meines Lebens gewesen. Ich brauche Heimat“, sagt Mäder rückblickend über seine Namibia-Pläne. Heute lebt der 55-Jährige mit seiner zweiten Frau Andrea in Gaggenau-Sulzbach. Ein Landhaus mit unwahrscheinlich vielen Dingen von Flohmärkten, die sie gerne besuchen, ist es. „Mit den Nachbarn schwätzen“, Kinderstimmen hören, seinen Dialekt sprechen, den er nicht ablegt. Das gehört für ihn zum „Paket Heimat“ dazu, wie er sagt. Das Ehepaar hat 14 Hühner, drei Enten, zwei Katzen, zwei Hunde. In Malsch, bei Freunden, hat er zwei Schweine, „Jiminy“ und „Schweini“ heißen sie. Sonntags schauen sie dort regelmäßig vorbei.
Der Tierschützer
2017 bekommt er in Brüssel vom europäischen Tierschutzdachverband „Eurogroup for Animals“ den Europäischen Tierschutzpreis. Mäder ist gerührt. Da kullern auch bei einem Manager Tränen. Er ist zudem Greenpeace-Aktivist. Mäder sagt, er sehe sich nicht als Weiße-Weste-Typ. Hausaufgaben gebe es noch viele zu erledigen. Er mache, was möglich ist, nimmt Einfluss auch bei Aufzucht und Mast. Im Fleischwerk Rheinstetten könnte man bei weniger Kosten industrieller arbeiten. „Ich hätte hier auch schneller Fleisch vom Schlachthof in Mailand, als wenn ich mich aus der Region versorge.“ Ihm sei der Respekt vor dem Tier wichtig. In so manchem Schweinestall habe er schon vor dem Eigentümer gesagt: „Raus hier. Das geht nicht.“ Es sei gut, dass die Menschen für Nachhaltigkeit auf die Straße gingen. Nachhaltigkeit müsse aber auch im Alltag gelebt werden. Er wolle mit Produkten Impulse geben, so wie er als Fleischwerk-Chef auch vegetarische Wurst anbot, als das noch nicht Zeitgeist war. Mäder: „Ökologie und Ökonomie vereint, das ist die Kraft der Zukunft.“
Vegetarisches darf sein
„Ich komme aus der Kochkultur“, sagt Mäder. Bei der gehöre Fleisch dazu. „Alles mit Maß und Ziel und ein würdiger Umgang mit dem Tier“ sei eine Maxime. Seine Frau ist Vegetarierin, wofür er auch Verständnis habe. Beide kommen mit ihren Einstellungen zum Essen klar. Mäders Lieblingsspeise hat übrigens kein Fleisch: „Omelette mit Champignons“ schätzt er seit seiner Kindheit. „Und mit Pasta können Sie mich jederzeit wecken“, sagt er und streicht sich über seinen Bauch. Als neugieriger Mensch, der er ist, lässt er sich aber schon mal auf ein Sternelokal ein. Zu steif und kompliziert sollte es dort aber nicht zugehen.
Es geht auch ohne Abitur
Als sich Mäder beim Rotary-Club vorstellt, sagt er klipp und klar: „Ich habe kein Abitur.“ Und wird genommen. Er schätze die Vorträge und auch das soziale Engagement des Clubs, wäre gerne öfter dort. Aber als Edeka-Manager ist Mäder häufig in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Saarland, Südhessen sowie in Teilen Bayerns unterwegs. Und das ist nur das Edeka-Südwest-Gebiet.
Leitfigur Albert Schweitzer
Ethik, Glaube, Respekt, wie Albert Schweitzer dies vorgelebt hat, das beeindruckt Mäder. Im Rheinstettener Fleischwerk hängt ein Portrait des Mediziners und Menschenfreundes. Kürzlich hat Mäder auch im Elsass, wo Schweitzer aufgewachsen ist, ein verlängertes Wochenende verbracht. Auch in Mäders Büro sind Leitsätze Schweitzers zu finden. „Ich beende jede Woche mit einem Gebet an meinem Schreibtisch“, sagt Mäder. „Ich bin dankbar. Für mich ist nichts selbstverständlich.“
Der Workaholic
Um 4.30 Uhr klingelt bei dem Manager der Wecker. Zwischen 6 und 6.30 Uhr ist er dann im Büro in Offenburg. Er sei ein Macher. „Ich liebe Entscheidungen“, sagt Mäder. Dabei müsse auch nicht alles bis aufs I-Tüpfelchen analysiert sein. „Die letzten 20 Meter kommen bei mir aus dem Bauch.“ Dass er auch detailverliebt ist, sei Fluch und Segen zugleich.