
Konzentrierte Atmosphäre vor dem Bürgersaal im Rathaus Achern. Jugendliche sitzen in kleinen Gruppen zusammen und diskutieren, die Köpfe über Zettel gebeugt. Die Stadt Achern hat zum Jugendhearing eingeladen – und viele sind dem Ruf gefolgt. Die Veranstaltung ist ein kleiner Ersatz für den Jugendgemeinderat, der wegen zu geringer Resonanz nicht mehr zustande kommt.
Drei Stunden lang haben die Teilnehmer gemeinsam mit Mitarbeitern des städtischen Fachgebiets Jugend die Themen erarbeitet, die sie in Achern am meisten beschäftigen. „Das ist eine Chance, unsere Stadtpolitik besser zu machen“, sagt Oberbürgermeister Klaus Muttach (CDU). Gemeinsam mit einigen Stadträten hört er sich die Ergebnisse im Bürgersaal an.
Manche Jugendlichen sind aufgeregt
Die Jugendlichen stehen aufgereiht vor dem vollen Saal und reichen sich das Mikrofon hin und her. Bei einigen ist die Aufregung greifbar: Die Blicke kleben am Boden, Wörter werden vernuschelt. Andere schauen hingegen selbstbewusst ins Publikum, manche sprechen Muttach direkt an.
„Wir wünschen uns einen Jugendtreff, der ein ‚Safe Space‘ ist“, trägt eine Jugendliche vor. „Einen Raum, wo ich mich ohne Rassismus wohlfühlen kann.“ Sportlicher sind die Ideen anderer Gruppen: Im Schwimmbad wünschen sie sich einen Fünf-Meter-Turm und gesünderes Essen, im Skatepark einen Trinkbrunnen und eine Eishalle zum Schlittschuhlaufen.
Ein Jugendlicher erinnert sich: „In der Illenau gab’s einen Volleyballplatz, den könnte man doch erneuern.“ Ein anderer regt an, Schulsporthallen zu öffnen, damit Freizeitsportler bei schlechtem Wetter drinnen kicken können.
Muttach geht direkt auf die Ideen der Jugendlichen ein. Bei manchen sorgt er für Ernüchterung. „Natürlich sind fünf Meter cooler als drei“, sagt er und spielt auf den bereits vorhandenen Sprungturm im Schwimmbad an. Das Gelände sei aber für einen höheren Turm wahrscheinlich zu eng. Im Fall der Sporthallen weist er darauf hin, dass eine Öffnung ohne einen immer anwesenden Verantwortlichen schwierig sei – schließlich müsse jemand aufpassen, dass die Einrichtung nicht demoliert wird.
Ich will nichts versprechen, was ich nicht halten kann.Klaus Muttach, Oberbürgermeister
„Ich will nichts versprechen, was ich nicht halten kann“, sagt Muttach. Eine Eishalle wäre ein paar Millionen teuer und damit nicht machbar. „Und eine kleine Fläche draußen im Winter? Vielleicht?“, fragt ein Jugendlicher vorsichtig. Bei Muttach kommt das gut an. Er verspricht, über die Idee nachzudenken.

Eine Jugendliche bringt den Stadtgarten ins Spiel. Dieser solle renoviert werden, insbesondere das Wassertretbecken sei in die Jahre gekommen. „Da liegen auch Scherben drin, es ist dreckig.“ Auch die Sicherheit ist ihr wichtig: „Wir brauchen dort mehr Polizeikontrollen. Viele trauen sich gar nicht mehr da hin.“
Das Tretbecken sei mit zehn Jahren noch kein Renovierungsfall, entgegnet Muttach. Er notiert sich die Ideen der Teilnehmer auf einem Block. Um das verschmutzte Tretbecken wolle er sich kümmern.
Schülerinnen fordern mehr Transparenz beim Klinik-Neubau
Zwei Schülerinnen des Gymnasiums Achern beschäftigt der anstehende Neubau des Klinikums auf dem angrenzenden Grundstück. Sie wünschen sich, dass die Pläne an ihrer Schule ausgehängt werden, um für mehr Transparenz zu sorgen. Die beiden denken noch weiter: „Wie sieht es mit den Parkplätzen an der Schule aus, wenn die Klinik steht?“, fragt eine.
Einen Raum, wo ich mich ohne Rassismus wohlfühlen kannJugendliche
Sie befürchtet, dass Klinikbesucher anstelle der kostenpflichtigen Klinikparkplätze auf die kostenfreien Parkplätze an der Schule ausweichen könnten.
„Das ist ein sehr spannender Hinweis“, sagt Muttach. „Daran habe ich selbst noch nicht gedacht.“ Er lädt die Schülerinnen zu einem Vortrag des Klinik-Geschäftsführers und des Deutschen Roten Kreuzes ein, um das Thema direkt besprechen zu können.
Der Jugendbeauftragte Tim Fallert lobt die Jugendlichen für ihren Einsatz. „Oft wird auf die Jugend geschimpft. Heute hat man wieder gesehen, dass es nicht so einfach ist.“ Die Ergebnisse des Hearings wollen die Jugendarbeiter bei einem Nachtreffen sichern.