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Sozialer Treffpunkt

Die Kleiderkiste der evangelischen Kirche in Achern wird geschlossen

Die Diakonie und die evangelische Kirchengemeinde können das Defizit der Kleiderkiste in Achern nicht länger tragen.

Die Kleiderkiste hat am 21. Dezember zum letzten Mal geöffnet. Ingeborg Reiling vom ehrenamtlichen Helferteam hätte gern weiterhin Menschen aller sozialen Schichten hier begrüßt.
Die Kleiderkiste hat am 21. Dezember zum letzten Mal geöffnet. Ingeborg Reiling vom ehrenamtlichen Helferteam hätte gern weiterhin Menschen aller sozialen Schichten hier begrüßt. Foto: Michaela Gabriel

Zum Jahresende schließt die Kleiderkiste, ein sozialer Treffpunkt in den Räumen des Diakonischen Werks in der Ratskellerstraße 8. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter und die Kunden, die dort regelmäßig nach günstigen gebrauchten Kleidungsstücken gesucht haben, sind enttäuscht. Ein Nachfolgeprojekt scheitert bisher an fehlenden Räumen in der Innenstadt.

Rote Zahlen hat die Kleiderkiste wohl immer geschrieben. Davon ist in der Info zu lesen, die die Evangelische Kirchengemeinde für ihren Gemeindebrief vorbereitet hat. Die Kleiderkiste war ihr soziales Projekt zusammen mit dem Diakonischen Werk im Evangelischen Kirchenbezirk Ortenau.

Es startete vor sechs Jahren unter der Leitung der damaligen Pfarrerin Renate Müller-Krabbe mit zwölf ehrenamtlichen Mitarbeitern. Tragbare gebrauchte Kleidung wurde hier sehr günstig an Menschen weitergegeben, die wenig Geld haben oder die bewusst keine neuen Dingen kaufen wollten.

Sieben Ehrenamtliche arbeiten bei der Kleiderkiste

„Es tut mir im Herzen weh, dass am 21. Dezember Schluss ist”, sagt Ingeborg Reiling. Sie ist eine von zuletzt sieben ehrenamtlichen Mitarbeitern und liebt ihre Einsatzzeiten am Dienstagvormittag: „Wann hat man schon mal dankbare Leute um sich?” Um die Schließung vielleicht abzuwenden habe das Team Briefe geschrieben und Unterschriften gesammelt – leider ohne Erfolg: „Die armen Leute haben keine Lobby.”

Auch Doro Steurer-Braun, hauptamtliche Mitarbeitern der Diakonie, findet es schade, dass das Projekt zu Ende geht: „Der Laden ist gut besucht, es ist reges Leben da.” Man könnte ihn auch weiterhin gut in der Stadt brauchen.

Die Schließung zum Jahresende sei ein langer Prozess gewesen, erklärt die Dienststellenleiterin des Diakonischen Werkes in Achern, Gabriele Gröger. Es habe mehrere Gespräche der Verantwortlichen gegeben, um das Projekt zu retten. Während der Lockdowns in der Pandemie seien die Einnahmen ausgeblieben und die Fixkosten für Miete und Nebenkosten weitergelaufen.

Neue Umsatzsteuervorschriften ab 2022 würden die finanziell schlechte Lage weiter verschärfen. Bei der Kirchengemeinde und der Diakonie handle es sich um Körperschaften, die Kleiderkiste gelte als gewerblicher Betrieb. Deshalb dürften potenziellen Unterstützern auch keine Spendenquittungen ausgestellt werden.

Wir sind alle traurig, dass es so ist. Aber uns bleibt nichts anderes übrig.
Katrin Bessler-Koch, Pfarrerin

„Wir sind alle traurig, dass es so ist. Aber uns bleibt nichts anderes übrig”, erklärt Pfarrerin Katrin Bessler-Koch. Die evangelische Kirchengemeinde habe das Projekt jedes Jahr bezuschusst.

Die Entscheidung zur Schließung sei letztlich im Aussichtsrat des Diakonischen Werkes gefallen. Der Kirchengemeinderat hoffe, dass diese für viele Menschen wertvolle Arbeit an anderer Stelle weitergehen kann.

Bis Ende 2019 hat der Caritasverband Acher-Renchtal einen Kleiderladen im alten Josefshaus in der Kronengasse. Dann musste er die Räume verlassen und sucht seitdem eine Möglichkeit, an anderer Stelle neu zu eröffnen – ohne Erfolg. Vorstandsvorsitzender Robert Sauer weiß, dass jetzt die Zeit drängt.

„Es braucht dieses Angebot in Achern. Wir streben an, dass es nicht zu einer Versorgungslücke kommt”, sagt er. Regale und Kleiderständer habe man eingelagert, ehrenamtliche Helfer gäbe es und an der Kleidung würde es auch nicht scheitern. Aber einen neuen Raum habe man noch nicht.

Das gleiche Ziel, einen Laden für gebrauchte Kleidung zu eröffnen und dazu ein täglich geöffnetes Begegnungscafé, hat der Verein Achern Miteinander. Vorsitzende Monika Huber würde dabei gern mit den Sozialverbänden zusammen arbeiten.

Doch auch sie hat noch keine Räume gefunden. Damit die Miete künftig finanziert ist, habe der Verein bereits Förderanträge gestellt. Ein Anlaufpunkt zum Treffen, zum Reden und zur Versorgung mit gebrauchter Kleidung in der Innenstadt brauche es dringend. Genau dieser Meinung waren vor sechs Jahren auch die Erfinder der Kleiderkiste, die jetzt schließt.

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