Aus dem Kirschendorf in die Welt: In Mösbach wurde die powercloud GmbH gegründet, eine Firma des Acherner Unternehmers Marco Beicht. Von außen wirkt der Firmensitz wie ein großes Mehrfamilienwohnhaus in einer dörflichen Idylle der Schwarzwälder Vorbergzone.
Hier am Standort arbeiten 35 Menschen, gemeinsam mit weiteren rund 270 Branchenexperten, daran, dass das noch unscheinbare Unternehmen immer größer wird – mit Erfolg: powercloud vermietet digitale Cloudlösungen an Energieversorger, damit sie für Endkunden beispielsweise Stromrechnungen erstellen oder den Kundenservice abwickeln können.
Meinungen zur Bonpflicht für Bäckereien gehen auseinander
Energieversorger wechseln zu powercloud
„Unser Angebot ist digital, einfacher zu nutzen und kostensparender“, erklärt Beicht im BNN-Gespräch, „und es ist Grundlage der Digitalisierungsstrategie der deutschen Branchenschwergewichte“. So wechselte beispielsweise EnBW in den vergangenen Monaten mit nicht weniger als den energiewirtschaftlichen Kernsystemen von SAP auf das Cloud-Angebot aus Achern. Auch weitere Versorger sind mittlerweile an Bord, wie die Branchen-Riesen EWE und E.ON. Das Angebot von powercloud ist für sämtliche Infrastrukturprodukte anwendbar. So zum Beispiel auch für Gas, Wasser, Nah- und Fernwärme, Elektromobilität, Parkraum oder die Entsorgung.
Kontinuierliche Einnahmen durch Vermietungsmodell
powercloud wird, wie der Name schon suggeriert, komplett in der Cloud betrieben. Somit müssen Anbieter nicht mehr auf teure Softwarelizenzen und Hardware zurückgreifen und powercloud kann sich über das Vermietungsmodell kontinuierliche Einnahmen sichern. „Wir haben SAP bei den großen deutschen Versorgern den Markt schon streitig gemacht und wachsen weiter“, sagt der 35-jährige Unternehmer stolz.
Starker Investor mit an Bord
Das Selbstbewusstsein ist nicht unbegründet. Zu Jahresbeginn ist der amerikanische Finanzinvestor General Atlantic mit einem dreistelligen Millionenbetrag bei powercloud eingestiegen und hält 45 Prozent am Unternehmen. Die New Yorker sind einer der weltweit führenden Tech-Investoren und beteiligten sich von 2011 bis 2013 bereits an Facebook. Auch digitale Schwergewichte wie AirBnB, Uber oder Flixbus zählen zum Portfolio.
Marco Beicht behält Mehrheitsanteile
Das Investment bildet die Grundlage für ein beschleunigtes Wachstum, auch im Ausland. Beicht besteht darauf, dass er weiterhin eine Mehrheit von 55 Prozent an seinem Unternehmen hält. Bei powercloud an Bord ist ebenfalls Achim Berg – ehemaliger Geschäftsführer von Microsoft Deutschland sowie einst Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann-Arvato und Vertriebsvorstand der Telekom – sowie Thomas Nowak, ehemals Finanzvorstand bei Vodafone.
Großprojekt in Achern geplant
Nicht nur international, auch in Achern hat Beicht Großes vor: Im Laufe des kommenden Jahres sollen in den Illenauwiesen die Bagger anrollen. Dort investiert Beicht 85 Millionen Euro in einen IT-Campus, wo künftig 200 Menschen arbeiten sollen. Auch 140 Wohnungen sowie ein Design-Budget-Hotel für Freelancer, externe Partner, Kunden und Gäste des Unternehmens sollen auf dem Areal entstehen. Läuft alles nach Plan, könnte der Umzug vom beschaulichen Mösbach an den neuen Standort 2021/22 gelingen.
Weitere Märkte im Blick
Warum hat sich Beicht für Achern entschieden? „Achern ist meine Heimat, die Gegend ist attraktiv.“ Der Unternehmer stellt klar, dass jedoch auch der Standort in Leipzig und der Standort der E-Mobilitäts-Tochter Chargecloud in Köln parallel gleichmäßig wachsen sollen. Zu den Umsätzen macht powercloud keine Angaben. Sie lägen im achtstelligen Bereich. Daneben hat das Unternehmen die Märkte jenseits der Landesgrenzen im Blick – im europäischen Ausland sieht Beicht „enormes Potenzial, da sich die dortigen Energiemärkte erst wirklich öffnen und der Wettbewerb stark zunimmt“.
Marco Beicht hat ein Gespür, neue Trends und Geschäftsfelder zu entdecken, um darin zu investieren. Nach seinem Abitur an der Heimschule Lender 2003 in Sasbach studierte er Betriebswirtschaft mit Stationen in Großbritannien und China. Bereits 2004 entwickelte er mit seiner ersten Firma IntelliShop AG Plattformen für Online-Shops, zu einer Zeit als Online-Shopping in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckte. Kunden von IntelliShop kamen aus 13 Ländern, darunter unter anderem Eismann, T-Mobile oder die Österreichische Post.
Nach dem Verkauf 2010 entwickelte Beicht mehrere Unternehmen, darunter auch die WebProspector GmbH. 2012 gründete er Powercloud. Zudem investierte er beispielsweise auch in den Sockenhersteller von Jungfeld, an welchem auch TV-Star Joko Winterscheidt beteiligt ist, und in weitere Start-ups. Dem Wunsch, ein Freizeitangebot für Kinder zu schaffen, folgte dann sprungpark.de, ein Betreiber von Trampolinhallen, unter anderem in Remchingen und Saarbrücken.
Gemeinsam mit Mennekes, einem Weltmarktführer, und Rheinenergie investiert Beicht in Chargecloud. Dies ist ein Unternehmen, das Software für die Verwaltung und Abrechnung der Nutzung von E-Ladestationen entwickelt – „ein künftiger Milliardenmarkt“, ist Marco Beicht überzeugt.