Die Oberkircher sind schuld. Wäre die Kriminalität im Renchtal nicht wegen eines ausufernden Drogenfalls durch die Decke gegangen, so könnte das Polizeirevier Achern/Oberkirch sensationell niedrige Verbrechenszahlen vermelden.
So aber laviert man eher im statistischen Mittelfeld eines insgesamt entspannten Jahres 2020 herum. Entspannt jedenfalls, was die Zahl der Straftaten angeht.
Doch die Pandemie macht der Polizei täglich zu schaffen, einmal natürlich im Umgang mit dem Bürger, der ja auch ansteckend sein könnte, zum anderen im Revier und dem Dienstwagen.
Corona stellt Acherner Polizei vor Herausforderungen
„Corona war für uns ein großes Aufgabenfeld“, sagt der Acherner Revierleiter Guido Kühn bei der Vorstellung der alljährlichen Kriminalitätsbilanz für die nördliche Ortenau.
Das habe zu Mehrarbeit geführt, weil man die internen Abläufe umstellen musste, aber auch, weil es immer wieder was Neues gab: „Wir mussten all die Änderungen umsetzen und das den Kollegen auch immer wieder nahebringen.“
Insgesamt hatten wir nur wenige Erkrankungsfälle.Guido Kühn, Leiter Polizeirevier Achern/Oberkirch
Damit geht es der Polizei nicht anders als anderen Behörden, die den jeweils aktuellen Erkenntnissen und Anordnungen aus Stuttgart immer wieder hinterher hecheln. Unter dem Strich aber ist die Bilanz positiv.
„Wir kamen recht gut durch die Zeit, insgesamt hatten wir nur wenige Erkrankungsfälle“, so Kühn. Wenige heißt nicht keine. „Es gab Ansteckungen im unteren einstelligen Bereich“, sagt Kühn, in einem Fall auch im Dienstwagen unter Kollegen.
Doch es sei nicht zu schweren Krankheitsverläufen gekommen. Bei den Kollegen habe es natürlich Unsicherheit gegeben, „das war für alle ein großes Thema“.
Den Bürgern stellt die Polizei hier ein gutes Zeugnis aus. „Die Menschen waren sehr verständig“, sagt Guido Kühn, „in letzter Zeit allerdings merkt man eine gewisse Müdigkeit“.
Das sei aber eine subjektive Beobachtung. Meist sei es gar nicht erst zu einer Anzeige gekommen, weil die Bürger auf Hinweise der Polizei zu den Corona-Regeln reagiert hätten. Es habe auch einige Aktionen der Querdenker gegeben, „aber nicht in dem Maße wie in Ottersweier und Offenburg“.
Weniger Ladendiebstähle wegen Corona-Lockdown
Corona und Kriminalität – bereits die Bilanz des Polizeipräsidiums hatte deutlich gemacht, dass die beiden Dinge eng zusammenhängen.
Die Delikte ändern sich, insgesamt aber wird es weniger. So sind zum Beispiel die vielen Ladendiebstähle, die die Bilanz nicht selten prägen, bei geschlossenem Einzelhandel kein Thema.
Insgesamt lagen die Straftaten im Revierbereich auf dem niedrigsten Wert seit 21 Jahren, seit 2016 sei ohnedies ein beständiger Rückgang der Kriminalität festzustellen gewesen, so Guido Kühn.
Die Delikte konzentrierten sich in Achern, Oberkirch und Renchen, „dann“, so der Revierleiter, „wird es schon sehr überschaubar“. Ähnlich sieht es bei der Verteilung innerhalb der Stadt aus.
In Achern zum Beispiel gab es die weit überwiegende Zahl der Straftaten in der Kernstadt und, mit Abstrichen, in Oberachern. Die Stadtteile spielten in der Statistik praktisch keine Rolle, mit Ausnahme von Fautenbach und Önsbach mit ihrer Lage an der Bundesstraße 3 vielleicht.
Achern bei Straftaten leicht über Landesschnitt
Blickt man auf die so genannte Häufigkeitszahl der Straftaten, so liegt Achern mit 4.867 auf 100.000 Einwohner hochgerechnet leicht über dem Landesschnitt, Oberkirch mit 3.300 in etwa auf dem Niveau des gesamten Reviers und damit weit unter dem landesweiten Werten.
Heile Welt im Umland. In Lauf gab es gerade mal 1.256 Straftaten auf 100.000 Einwohner, in Sasbachwalden 1.387 und in Seebach 1.547.
Nur Oppenau und Achern liegen über dem Revierschnitt, Oppenau übrigens, wie Kühn ausdrücklich betont, nicht wegen des Waldläufers, der im vergangenen Sommer mehrere tausend Polizisten in Atem hielt, sondern unter anderem wegen einiger Drogendelikte.
Wichtig ist der Polizei die Kriminalität, die dem Bürger besonders nahe geht – wie Wohnungseinbrüche. 2014 gab es einen Höchstwert mit 90 Fällen, inzwischen sind es noch 32, wie im Jahr davor auch.
Dabei, so Kühn, waren nicht immer die klassischen Banden am Werk: „Da gibt es zum Beispiel auch den getrennt lebenden Ehemann, der meint, er müsse noch einige Sachen aus der früher gemeinsamen Wohnung holen.“