Achern will Kultur unterstützen: Künstler und Veranstalter sind erneut Leidtragende der Corona-Regeln
Während sich die Intensivstationen füllen, leeren sich die Säle und Bühnen der Region. Zwar sind Kulturveranstaltungen auch in der zweiten Alarmstufe noch unter 2G-plus-Regelung möglich, dennoch entscheiden sich die meisten Veranstalter, aber auch Künstler, Termine abzusagen und zu verschieben.
Auch wenn es im Gegensatz zum vergangenen Jahr keinen harten Lockdown gibt, ist absehbar, dass die Kulturszene abermals einen Winterschlaf einlegen muss.
In der Acherner Stadtverwaltung, dem größten Kulturveranstalter der Region, will man auf Anfrage dennoch keine Parallelen zum vergangenen Jahr ziehen. Man habe bereits in der aktuellen Spielzeit seit September 24 Veranstaltungen im Rahmen von gong Achern und in der Alten Kirche Fautenbach auf die Bühne bringen können.
Menschen haben Lust auf Live-Musik
Sollte es doch noch zu einem Teil-Lockdown kommen, wolle man dennoch alles möglich machen, was die Verordnung und ein Hygienekonzept zuließen. Viele Künstler hätten den letzten Kultur-Stillstand finanziell nicht überlebt. Deshalb sei es aus der Sicht der Verwaltung notwendig, selbst unter schwierigen Voraussetzungen auch künftig ein vielfältiges Kulturprogramm auf die Beine zu stellen. Die nächste Veranstaltung ist das weihnachtliche Flötenkonzert am 3. Dezember von Flautando Köln im Festsaal der Illenau. Derzeit dürfen 50 Prozent der Saalkapazität besetzt werden.
Die Leute bleiben einfach zu Hause und kaufen keine KartenOlaf Fütterer, Dirigent und Kulturmanager
Olaf Fütterer, Dirigent, Kulturmanager und unter anderem Leiter der Singakademie Ortenau, gehört zu den wenigen Kulturschaffenden in der Region, die nicht noch auf Einnahmen aus anderen Tätigkeiten zurückgreifen können. Entsprechend hart trifft ihn die aktuelle Situation. Ob die Veranstaltungen abgesagt werden oder nicht, spiele aus seiner Sicht ohnehin kaum noch eine Rolle.
„Wir haben das geplante James-Bond-Konzert in Lahr abgesagt. Nicht wegen der Hygieneregeln. Die Leute bleiben einfach zu Hause und kaufen keine Karten“, berichtet Fütterer. Auch die Planung weiterer Veranstaltungen sei durch die geringe Resonanz gefährdet. „Zuletzt haben wir bei Kosten von 9.000 Euro rund 900 Euro eingenommen. Das zeigt, wie wahnsinnig hoch das Risiko ist, jetzt Konzerte zu organisieren“, erklärt der Dirigent.
Ihm persönlich mache auch zu schaffen, dass finanzielle Unterstützungen nicht fließen. So warte er seit August auf die Auszahlung einer substanziellen Summe durch die L-Bank. Auch in der Vergangenheit habe es schon Probleme gegeben. Insgesamt habe Fütterer Ansprüche auf rund 50.000 Euro in sieben Anträgen eingereicht. Wobei aber auch schon Gelder überwiesen worden seien.
Darüber hinaus berichtet Fütterer davon, dass die Singakademie Ortenau Probleme habe, Fördermittel im üblichen Umfang zu beantragen und bewilligt zu bekommen, weil die Höhe der Zuwendungen auch immer von den Besuchszahlen und den stattgefundenen Veranstaltungen abhänge.
Dennoch will Fütterer nicht aufgeben: „Ich verharre, backe kleine Brötchen und tue so, als ob wir im kommenden Jahr wieder ohne Einschränkungen auftreten können“. Sollte sich die Hoffnung nicht bewahrheiten, werde es allerdings finanziell knapp.
Etwas entspannter blickt der Wagshurster Musiker Niklas Bohnert auf die Situation. „Meine Bandmitglieder und ich machen nur nebenberuflich Musik. Trotzdem ist es schon schmerzhaft, dass wir seit vergangenem Jahr auf mehreren tausend Euro Produktionskosten für das neue Album sitzen, das wir bisher nicht vernünftig promoten konnten“, berichtet er.
Zwar hätten er und seine Mitstreiter zuletzt ein paar Konzerte spielen können, ansonsten sei das Jahr aber sehr bescheiden verlaufen. „In jedem Fall haben wir bei den wenigen Auftritten gespürt, wie viel Lust die Menschen auf Live-Musik haben“, sagt Bohnert. Alleine schon deshalb sei es wünschenswert, dass die aktuelle Situation bald ende.
Termine werden verschoben
Alexander Schütt von der Kleinkunstbühne Kultur im Stall hat die direkten Folgen der härteren Regeln erst in dieser Woche zu spüren bekommen. Die Bühne war für Veranstaltungen extra in den evangelischen Pfarrgemeindesaal in Freistett umgezogen, um mehr Platz zu haben. Dennoch sagten nun mit Lutz von Rosenberg-Lipinsky und Alfred Mittermeier zwei Kabarettisten ihre Auftritte ab. „Wir gehen jetzt sowieso in eine Weihnachtspause, insofern trifft uns das nicht so sehr“, erkärt Schütt.
Dennoch belaste die Pandemie den wirtschaftlichen Betrieb: „Wir hatten in diesem Jahr elf Auftritte, alles Nachholtermine aus dem vergangenen Jahr. Normal wären 30“. Jetzt müssten Auftritte, die eigentlich 2020 geplant waren, sogar bis ins Jahr 2022 verschoben werden. „Natürlich gibt es immer mal wieder Kommentare von den Kabarettisten, dass ihnen mit der Verschiebung finanziell nicht geholfen sei“, berichtet Schütt. Ihm bliebe aber als Veranstalter oft nichts anderes übrig.