Rund 1.300 Impfausweise von Kehler Kindern und Jugendlichen nimmt das Gesundheitsamt des Ortenaukreises unter die Lupe. In Kehl gibt es nach Informationen dieser Zeitung zwei neue Masern-Verdachtsfälle bei Schülern des Einstein-Gymnasiums und der Tulla-Realschule. Ein Fall ist inzwischen bestätigt, wie das Gesundheitsamt am Donnerstag mitteilte.
Da beide Schulen betroffen sind, hat das Gesundheitsamt Maßnahmen ergriffen, um die Infektionskette zu unterbrechen. Die Eltern aller Kinder wurden unterrichtet und gebeten, die Impfpässe ihrer Kinder in der Schule vorzulegen. Beide Schulen bleiben am Freitag geschlossen.
"Fastnachtsferien günstig"
Sollte sich herausstellen, dass bei einzelnen Schülern keine Immunität vorliegt, dürfen diese Kinder bis zum Ablauf der möglichen Inkubationszeit die Schule nicht betreten. „Insofern sind die anstehenden Fastnachtsferien aus epidemiologischer Sicht günstig, da die betroffenen Schüler nicht viel Unterricht verpassen“, so Evelyn Bressau, Amtsleiterin des Gesundheitsamtes. Wichtig sei jedoch, dass nicht immune Schüler auch nicht an Veranstaltungen und Festen teilnehmen. Dies sei besonders während der Fastnachtszeit eine Herausforderung
Hoch ansteckende Krankheit
Die Masern, allen bisherigen Recherchen zufolge aus Straßburg eingeschleppt, waren Mitte Januar zunächst in Kehl ausgebrochen. In den folgenden Wochen hatten sich aber weitere Infektionen fast im gesamten Kreis bestätigt. Weiter verbreitet wurde die hoch ansteckende Krankheit sehr wahrscheinlich in Notaufnahmen und Arztpraxen im Ortenaukreis.
Impfstatus wird geprüft
Das Vorgehen des Gesundheitsamts in Kehl spricht für sich. In Oberkirch waren nach Masernfällen an zwei Schulen Kinder vom Unterricht ausgeschlossen worden, wenn sie keinen ausreichenden Impfstatus nachweisen konnten. Ähnliches droht den Kindern und Jugendlichen in Kehl jetzt. Die beiden betroffenen Schulen liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander.
Lange Inkubationszeit
Das Problem dabei: Zwischen Infektion und dem Ausbruch der Masern können bis zu 21 Tage vergehen, und Patienten sind bereits mehrere Tage vor dem Auftreten der ersten Symptome ansteckend. Deshalb müssen ungeimpfte Schüler vergleichsweise lange dem Unterricht fern bleiben.
Streit um die MMR-Impfung
Das Auftreten der Masern in der Ortenau hat die Debatte über die Immunisierung von Kindern mit der MMR-Kombiimpfung (Masern, Mumps, Röteln) neu entfacht. Impfgegner hatten sich zuletzt mehrfach mit der Behauptung zu Wort gemeldet, dass die neuen Masernfälle auch bei geimpften Kindern und Erwachsenen ausgebrochen seien.
Gesundheitsamt widerspricht
Dem hatte das Gesundheitsamt in Offenburg widersprochen. Alle bislang in der Ortenau bekannte Fälle seien bei nicht geimpften Menschen aufgetreten. In den meisten Fällen habe man zudem einen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit bereits bekannten Erkrankungen ermitteln können.
Eine Impfung genügt nicht
Die Behörde weist auch auf mögliche Impfreaktionen hin, beschrieben werde in diesem Zusammenhang ein Hautausschlag. Bislang gebe es keine Hinweise, dass die zur Impfung verwendeten Viren der Masern oder der Röteln auf Kontaktpersonen übertragen werden. Das Gesundheitsamt hatte deshalb nach der Ausbreitung der Masern nochmals dringlich zur Impfung aufgerufen.
Schutz bei 91 Prozent
Der Schutz nach einer einzigen Immunisierung liege im Durchschnitt bei 91 Prozent, bei einer zweimaligen Gabe des Vakzins wie empfohlen liege die Effektivität je nach zugrunde gelegter Studie zwischen 93 und 99 Prozent, so Evelyn Bressau, Leiterin des Gesundheitsamts in Offenburg. Der überwiegende Anteil der an Masern in Deutschland Erkrankten betreffe ungeimpfte oder lediglich einmal geimpfte Personen.