Endlich ist er anerkanntes Vollmitglied seines Kreidler-Clubs. Dafür musste der Linkenheimer Marco Wappner ganz schön viel tun. „Erst als ich um die Hand der Tochter eines Gründungsmitglieds angehalten hatte, haben sie mich aufgenommen. Dann war ich erst mal drei Jahre als Prospect dabei”, erzählt er. In der Zeit habe er sich bewährt und allerlei Dienste übernommen.
Die Faszination des 39-Jährigen für alte Mopeds hängt mit seiner Jugend zusammen. „Ich bin mit 15 Mofa gefahren und die alte Leidenschaft habe ich wieder entdeckt.” Als Badener werde er zwar nie ein Voll-Pfälzer sein, auch wenn er eine Pfälzerin geheiratet hat. Aber er dürfe in der Kreidler-Crew seines Schwiegervaters Herbert Scharinger aus Neuburg am Rhein mitmachen.
Der trägt den Spitznamen „Dr. Kreidler” und hat zu seinem 40. Geburtstag von seiner Familie und Freunden eine grüne Kreidler RMC geschenkt bekommen. „Fahrbereit! Das war mein Traum. Ich hab gleich eine Ausfahrt gemacht.” Der 62-Jährige Uwe Ertel erzählt, wie er 2005 drei alte Kreidler Floretts für je 100 Euro bekommen hat und aus den „Scheunenfunden“ zwei fahrtüchtige Oldtimer-Mopeds zusammen bastelte – der Anfang des Kreidler-Clubs. „So geht das mit den Ersatzteilen”, erklärt er. Außerdem müsse man Kleinanzeigen durchforsten und zur Not nachgebautes Zubehör aus China bestellen.
Ein Vergaser, ein Kraftstofffilter, zehn Zündkerzen, mehrere Seilzüge und das passende Werkzeug waren im Gepäck, als die sechs Männer aus der Pfalz am Wochenende nach Achern aufbrachen. Die Anfahrt mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 Stundenkilometern dauerte rund drei Stunden. „Kurz vor dem Ziel ist mein Kupplungszug gerissen – nach 30 Jahren,” berichtet Andreas Schmitt.
Der 60-Jährige saß schon 1975 auf einer Kreidler, stieg später auf ein Motorrad um. Vor 15 Jahren entdeckte er seine Liebe zum Moped wieder und fährt jetzt beides: eine Harley und eine knallrote Florett. „Mit dem Moped sieht man mehr von der Landschaft”, schwärmt er.
50 weitere Fans kamen hinzu
Auch Walter Lindner (66) ist in seiner Jugend Kreidler gefahren, später auf eine Harley umgestiegen und heute wieder begeistert von der Technik der 60er und 70er Jahre. Viele Kreidler-Fahrer sind heute genauso alt wie ihre nostalgischen Zweiräder. Das stellte sich in Achern heraus, wo wegen des Besuchs der Kreidler-Crew aus der Pfalz spontan fast 50 weitere Fans alter Mopeds mit ihren Schätzchen zusammenkamen. Der Wirt des Gasthauses Linde, wo die Pfälzer übernachteten, hatte einfach über die sozialen Medien dazu aufgerufen.
„Wir bekommen tolle Reaktionen, wenn wir zusammen unterwegs sind”, erzählt Marco Wappner: „Fast jeder sagt, so ein Moped hätte er früher auch gefahren. Oder zumindest fahren wollen!” Es sei ein Hobby, das an die Jugend erinnere. Das Lebensgefühl der 60er und 70er Jahre bringt ihnen nicht zuletzt der Geruch der Abgase ihrer Mopeds zurück. Sobald die Kickstarter getreten sind und der Motor zu knattern anfängt, liegt der „Nostalgie-Duft” in der Luft.
Zweirad kann eine Wertanlage sein
Viel mehr als den früheren Neuwert von etwa 2000 D-Mark muss man heute für eine Florett zahlen. Wer eine in gutem Zustand und fahrbereit hat, für den ist sie eine Wertanlage. „Bestimmt ärgert sich der Verkäufer heute noch, der mir die drei für 300 Euro verkauft hat”, vermutet Uwe Ertel. Er habe schon Tränen in den Augen von Männern gesehen, die ein altes Moped aus ihrer Jugend wieder gesehen haben. Es nochmal zu besitzen sei wie die Erfüllung eines Traums.
Die Kreidler-Crew aus der Pfalz träumt noch von einem Moped-Trip „mit der Florett nach Lloret.” Ein Begleitfahrzeug wäre für die Tour an die Costa Brava unverzichtbar – schon allein wegen der Ersatzteile.