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Jahresrückblick

Oberkirch schließt, Ettenheim vor dem Aus: Ortenaukreis schafft bei der Klinikreform Tatsachen

Lange wurde gestritten, noch länger geplant. 2021 hat der Ortenaukreis damit begonnen, seine Klinikreform umzusetzen. Das gilt für geplante Neubauten, aber auch für die Schließung von Standorten.

Mann vor einer Tür
Der Architekt des Neuanfangs: Verwaltungsleiter Michael Goldt vom Klinikum in Achern hat die Schließung des Oberkircher Krankenhauses begleitet und plant jetzt die Folgenutzung. Foto: Frank Löhnig

Das war es für das Oberkircher Krankenhaus. Ohne viel Federlesens hat der Kreis im September im Renchtal das Licht ausgemacht. Es ist nach Gengenbach der zweite Klinikstandort, der vom Netz geht – und ziemlich sicher wird Ettenheim bald folgen. Der Kreistag hat im Herbst die Weichen dafür gestellt. Es geht ums Geld, und zwar um viel Geld. Denn das Defizit steigt. Es geht aber auch um das Personal. Nicht erst seit Corona, jetzt aber besonders, fehlen dem Klinikum die Mitarbeiter.

Jahrelang hat man im Ortenaukreis erbittert um die Zukunft der einstmals neun Krankenhäuser gestritten. Am Ende war klar: Vier bleiben übrig. Es war ein politischer Drahtseilakt ohne Beispiel. Doch je konkreter die Pläne der unter dem Begriff „Agenda 2030“ zusammen gefassten großen Klinikreform werden, um so leiser wird der Protest.

Ruhe ist aber auch 2021 nicht. Dafür sorgen im Oberkircher Fall die Mitglieder des „Runden Tischs“, die sich auch dann nicht mit den Plänen des Kreises zufrieden geben, als sich die Politik im Renchtal längst mit dem Unausweichlichen abgefunden hat.

Oft wird es aber auch persönlich. Sei es, dass am Wohnort von Klinik-Geschäftsführer Christian Keller Fahndungsplakate auftauchen („Klinikschließer wohnen unerkannt unter uns“), sei es, dass sich Kai-Achim Klare, Chef der SPD-Kreistagsfraktion und im Wahlkampf stehender Ruster Bürgermeister, einer Flugblattaktion ausgesetzt sieht („Gesundheitspolitik, die tötet“). Vor allem auf der Website „Gesundheit ist keine Ware“ pflegen Aktivisten einen sehr eigenen Blick auf den Versuch des Kreises, die Strukturprobleme seiner Krankenhäuser in den Griff zu bekommen.

Dass es schwieriger werden wird als jemals befürchtet, das ist seit Dezember 2020 klar. Landrat Frank Scherer und Klinik-Chef Christian Keller legten dem Kreistag einen Finanzbericht vor, der wenig Gutes verheißt. Nicht nur wegen Corona zeichnet sich ein Defizit ab, das weit über dem liegt, das man 2018 beim Beschluss der Agenda 2030 zugrunde gelegt hatte. Schuld ist auch, aber nicht nur, Corona.

Der Kreistag zieht Konsequenzen – und lässt alle Hoffnungen, dass Oberkirch irgendwie doch noch zu retten wäre, platzen. Das liegt nicht einmal am Geld. Es fehlt schlicht am Personal in dem Haus, das sowieso nur noch aus einer Abteilung besteht. „Es war uns personell einfach nicht mehr möglich, den Betrieb aufrecht zu erhalten“, sagt Michael Goldt, Verwaltungsleiter der beiden Häuser in Achern und Oberkirch.

Oberkircher Krankenhaus wird schneller geschlossen als geplant

Am Ende geht alles ganz schnell. Eigentlich sollte Oberkirch zum Oktober schließen, doch dafür hat es dann auch nicht mehr gereicht – im September ist Schluss. Denn es fehlt an allen Ecken und Enden, nicht nur beim Geld und beim Pflegepersonal. „Da geht“, sagt Goldt, „doch kein junger Arzt mehr hin, Stichwort Weiterbildung.“ Man habe den Betrieb in den letzten Monaten schon von Achern aus gestützt.

Goldt hat jetzt die Aufgabe, das Haus auf dem Weg zur Folgenutzung zu begleiten – beispielsweise mit den Genesungsbetten, einem Novum in der Ortenau, das die Lücke zwischen dem akut stationären Bereich und dem Pflegeheim schließen soll. Dazu gibt es ein medizinisches Versorgungszentrum und eine Notfallpraxis. Das ergibt zumindest eine medizinische Grundversorgung am Eingang des Renchtals.

Der Kreis hat 2021 begonnen, die Beschlüsse zur Agenda 2030 aus dem Jahr 2018 unumkehrbar zu machen. Das gilt in Oberkirch und Ettenheim, das gilt aber auch in Achern und Offenburg, wo die Neubaupläne konkret werden. Goldt hat beim Gespräch mit dieser Zeitung ein Modell des neuen Acherner Klinikums vor sich stehen, am Nachmittag soll unter Führungskräften darüber gesprochen werden, welche Abteilung wohin kommt.

Und auch in Offenburg wird es ernst. Teile des Hauses müssen sehr bald fertig sein, weil sie auch den Standort Achern mitversorgen werden. Und der geht, wenn alles läuft wie geplant, 2028 ans Netz.

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