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Skeptischer Blick über Grenze

Schüler sollen zuhause bleiben - wird das Coronavirus am Rhein ausgebremst?

Das Coronavirus wütet im Elsass. Der Ortenaukreis hat deshalb restriktive Maßnahmen empfohlen. Unternehmen sollen auf ihre französischen Mitarbeiter verzichten, Schüler und Lehrer aus Frankreich zuhause bleiben. Gleichwohl steigt die Zahl der Erkrankungen in der Ortenau an.

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Schüler aus Frankreich solle vorerst auf einen Schulbesuch in der Ortenau verzichten. Foto: dpa

Mit weitreichenden Maßnahmen versucht der Ortenaukreis, die Verbreitung des Coronavirus auszubremsen. Man wolle so einen Zusammenbruch des Gesundheitssystems verhindern, machten Landrat Frank Scherer und seine Amtsleiterin Evelyn Bressau am Montag in einem Pressegespräch deutlich.

Dabei richtet sich der Blick vor allem nach Westen: Im Elsass hat sich der Erreger deutlich schneller verbreitet als auf der deutschen Rheinseite. Dies legt wohl auch an einer freikirchlichen Veranstaltung in der Fastenwoche bei Mulhouse. Auch mindestens zwei der mittlerweile 13 Infizierten im Ortenaukreis haben sich dort direkt angesteckt, bei fünf weiteren geschah dies mittelbar.

Keine Mitarbeiter aus dem Elsass mehr?

Im Landratsamt reagiert man umfassend. Die Behörde empfiehlt Arbeitgebern in der Ortenau, auf Mitarbeiter aus dem Elsass in nächster Zukunft möglichst zu verzichten. Schüler, Kindergartenkinder, Erzieher und Lehrer aus Frankreich sollen ebenfalls vorerst auf einen Besuch der deutschen Einrichtungen verzichten.

Fast 100 Kilometer Grenze

Diese beiden Maßnahmen haben zwar nur den Charakter von Empfehlungen, doch die Linie ist klar – das Virus soll die fast 100 Kilometer lange Grenze zu Frankreich so langsam wie möglich überspringen. Die spannende Frage der nächsten Tage dürfte dabei sein, welche Auswirkungen dies auf die Wirtschaft in der Grenzregion hat.

24.000 Einpendler täglich

Zahlen der Betroffenen konnte Scherer am Montag nicht nennen. Es sei aber bekannt, dass täglich 24.000 Menschen aus dem Elsass nach Baden einpendeln. Die Folgen dieser Maßnahmen – der Kreis empfiehlt unter anderem auch die Absage aller Veranstaltungen mit mehr als 200 Teilnehmern – sind noch nicht absehbar.

Viele Unternehmen betroffen

Auch Großunternehmen wie der Europa-Park in Rust dürften Schwierigkeiten haben, die Vorgaben so ohne Weiteres umzusetzen. Denn auch dort stammt ein großer Teil der Mitarbeiter aus dem Nachbarland und, nebenbei bemerkt, jeder dritte Gast.

Virus soll gebremst werden

Ziel ist nicht mehr, das Virus aus der Ortenau herauszuhalten. Mit 13 bekannten Infizierten und einer beängstigenden Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen ist es längst angekommen. Es gehe vielmehr darum, die Ausbreitung des Keims so weit auszubremsen, dass das Gesundheitssystem an der Zahl der Erkrankten nicht kollabiert. „Die eigentliche Gefahr ist nicht das Virus an sich, wir wollen ein Systemversagen in unserer Sicherheitsarchitektur verhindern“, betonte Landrat Scherer. Dann wären Krankenhäuser und Rettungskräfte nicht mehr einsatzbereit.

Infektionswege nachgezeichnet

Das Gesundheitsamt in Offenburg hat in den vergangenen Tagen große Mühe darauf verwendet, in jedem einzelnen Fall den Infektionsweg zu bestimmen. Ein wichtiger Punkt, um weitere Kontaktpersonen zu identifizieren und den Keim so einzudämmen. Im Elsass aber gelinge dies inzwischen nicht mehr, die Behörden hätten weitreichende Einschränkungen angeordnet.

Auch wenn die Infektion nach vor allem im südlichen Elsass verbreitet ist – es sei nur eine Frage der Zeit, bis das Problem mit aller Wucht auch im Bas-Rhin ankomme. Teilweise ist es das schon.

Situation ist ein wenig eskaliert.
Andreas Schröder, Chefarzt der Klinikhygiene am Ortenau Klinikum

„In Straßburg ist die Situation ein wenig eskaliert“, sagt Andreas Schröder, Chefarzt der Klinikhygiene am Ortenau Klinikum. So habe man am dortigen Krankenhaus dringend mehr als ein Dutzend zusätzlicher Beatmungsplätze einrichten müssen. Eine Lage, auf die man sich auch am Kehler Klinikum einstellt – das Haus könne notfalls mit all seinen 75 Betten komplett zur Isolierstation gemacht werden, machte Schröder deutlich „ich hoffe aber nicht, dass wir das brauchen“.

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Kontaktarmes Verhalten empfohlen

„Kontaktarmes Verhalten“ empfiehlt Doris Reinhardt als Vertreterin der Kassenärztlichen Vereinigung den Menschen, um auf diese Weise den Keim möglichst auszubremsen „Nicht das Virus ist gefährlich, sondern seine rasche Ausbreitung“, mahnte sie. Den Ärzten legte sie nahe, entsprechendes Management zu betreiben.

Dauer der Einschränkungen unklar

Unklar ist, wie lange an den am Montag verkündeten Restriktionen festgehalten werden muss: Das Problem an dem Virus sei einerseits, dass das menschliche Immunsystem es noch nicht kenne, andererseits aber auch, dass es noch nicht erforscht sei, so dass man sei Verhalten anders als beim Grippeerreger nicht vorhersagen könne. „Dieses Virus hat noch keinen Sommer erlebt“, sagt Evelyn Bressau.

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