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Kein Ausgang

So fühlt sich Quarantäne an: Drei Betroffene aus dem Acherner Umland berichten

14 Tage nur zu Hause, physisch abgekoppelt von der Außenwelt – drei Menschen erzählen, wie sie ihre Corona-Quarantäne erlebt haben. Eins vorweg: Wer keine Symptome hat, für den kann diese Zeit sogar ganz nett sein.

Ein Kind mit Mundschutz schaut aus dem Fenster seines Hauses.
Wann geht es wieder nach draußen: Das Zuhause nicht verlassen zu dürfen, ist eine völlig neue Erfahrung. Diejenigen, die die Quarantäne ohne Covid-Symptome überstehen, erleben diese Zeit zum Teil aber auch positiv. Foto: Óscar J. Barroso/dpa

Am dritten Tag wird noch motiviert Brot gebacken, am siebten Tag gehen langsam die Brettspiel-Ideen aus, und am zehnten Tag sehnt man sich dringend nach Wald und Wiesen. So oder ähnlich könnte man sie sich vorstellen: die Quarantäne.

Drei Menschen aus dem Raum Achern erzählen, wie sie diese Zeit erlebt haben. Die einen sehen sie als eine positive „Pause“ des Alltags, anderen fällt schnell die Decke auf den Kopf – und wer tatsächlich an Covid-19 erkrankt, für den hat die Isolation zu Hause noch einmal eine völlig andere Bedeutung.

Nach vier Tagen kam dann doch der Lagerkoller.
Thomas Gerth, Hauptamtsleiter in Lauf

„Man macht sich natürlich zuallererst Sorgen, infiziert zu sein, und dass es auch das nahe Umfeld betrifft, die Familie oder die Kollegen“, sagt Thomas Gerth, Hauptamtsleiter im Laufer Rathaus. Gemeinsam mit Frau und Kind musste er sich im März in die eigenen vier Wände zurückziehen, nachdem Corona-Fälle im Kindergarten der Tochter aufgetreten waren: Nach damaliger Rechtslage galt die Quarantäne für die gesamten Haushalte, in denen die Kindergartenkinder leben.

„Die ersten vier Tage waren völlig in Ordnung, da wussten wir noch, was wir alles machen können. Danach kam dann doch der Lagerkoller.“ Im Nachhinein sagt er: „Es war machbar. Man wächst als Familie noch enger zusammen.“

Irgendwie wussten sie sich zu beschäftigen: „Wir haben glücklicherweise einen Garten, konnten zudem im Homeoffice weiterarbeiten und uns die Zeit mit dem Kind aufteilen.“ Auch die Frage, wie man sich eigentlich versorgt, wenn man das Zuhause nicht verlassen darf, sei schnell geklärt gewesen: „Familie, Freunde und Nachbarn haben uns unterstützt. In der Situation merkt man, wie wichtig das Miteinander ist.“

Ein Corona-Fall in einer Acherner Kita vor einigen Wochen zwang auch eine Mutter aus Oberachern dazu, zu Hause zu bleiben. Ihren Namen will sie nicht in der Zeitung lesen: Sie habe die Quarantäne in ihrem Umfeld „sehr geheim halten“, sagt sie, „weil es da doch ziemlich ängstliche Menschen gab“. Zuerst sei sie schockiert über die Quarantäne-Anordnung gewesen, dann überwog die Freude: „Wir konnten diese Zeit genießen – nur wir drei“, erzählt sie.

Ihr fünfjähriger Sohn, der in den betroffenen Kindergarten geht, die zehnjährige Tochter und sie selbst mussten acht Tage zu Hause bleiben. Der Grund: Der Sohn habe die Kita zu der Zeit, als das infizierte Kind dort war, gerade nicht besucht. „Vermisst haben wir eigentlich nur das Rausgehen, aber es war erträglich.“ Stattdessen wurde gemeinsam gekocht, gespielt und ein Großputz gemacht. „Es war für mich eine schöne Erfahrung“, sagt sie, „weil der Alltag wegen Arbeit und Terminen sonst nicht so intensiv ist“.

Eigentlich hatte ich mich gefreut, dass ich jetzt Zeit habe.
Günter Dußmann, Gemeinderat in Sasbach

Das Gegenteil hat Günter Dußmann erlebt: Nicht in Quarantäne, sondern in Isolation musste der Bühler Feuerwehrkommandant, der in Sasbach lebt und dort auch Gemeinderat ist, im Herbst. Ehefrau, zwei Kinder und die Mutter erkrankten im Abstand von jeweils zwei Tagen an Covid-19, die Mutter starb an den Folgen.

Bei jedem neuen positiven Fall verlängerte sich die Isolationszeit für alle. „Wir hatten im Haus keinen Kontakt mehr. Ich war der Letzte und dachte schon, dass der Kelch an mir vorübergeht“, sagt Dußmann. „Eigentlich hatte ich mich gefreut, dass ich jetzt Zeit habe, zu Hause viel zu erledigen.“

Folgen sind auch nach Monaten spürbar

Es kam anders: Über Nacht schlug die Krankheit zu und raubte ihm alle Kräfte. „Wenn man so krank ist, macht man nicht viel“, sagt er. „Mein Handy lag auf dem Nachttisch. Immer, wenn es geklingelt hat, weil eine Nachricht kam, habe ich mich gefreut, aber ich konnte es nicht einmal in die Hand nehmen.“ Er habe nur Ruhe gewollt und auch kein Zeitgefühl mehr gehabt.

„In Quarantäne zu müssen, ist wohl schlimmer, wenn man das alles ohne Nebenwirkungen erlebt“, sagt er. Die Folgen der Krankheit spürt er auch nach Monaten: „Da ist eine Müdigkeit, die einfach nicht weggeht“, sagt Dußmann und betont: „Ich kann nachvollziehen, wenn man vielleicht keine Maske mehr tragen will. Aber die Leute, die die Pandemie abstreiten, verstehe ich nicht.“

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