Skip to main content

Umstrittenes "Motodrom"

Straßensperrung für Motorradfahrer auf K5311 bei Achern wird Gerichte beschäftigen

Jetzt haben die Motorradfahrer es wohl übertrieben: Die Kreisstraße 5311, seit Jahrzehnten bekannt als illegale Rennstrecke für Zweiradfahrer, soll gesperrt werden. Dagegen regt sich Widerstand. Anwohner dagegen freuen sich auf deutlich ruhigere Sonntage im Sommer.

Motorradfahrer
Beliebtes Motorradrevier: Die K5311 zwischen Wagshurst und Rheinbischofsheim bleibt für Motorradfahrer gesperrt. Die wollen erneut gegen die Anordnung durch Landratsamt und Stadt klagen. Foto: Benedikt Spether

Die Sperrung der Kreisstraße 5311 zwischen Rheinbischofsheim und Wagshurst für Motorradfahrer an Wochenenden wird möglicherweise bald die Gerichte beschäftigen. „Wir werden klagen“, kündigt Michael Wilczynski, stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbands der Motorradfahrer (BVDM), an. Man warte nur noch, bis die Schilder stehen.

Unterdessen ärgert sich eine Anwohnerin, dass die Biker mit den ersten Sonnenstrahlen wieder in Scharen auftauchen, um auf der kurvigen Strecke mal ordentlich Gas zu geben. „Man bekommt mit der Zeit auch einen Zorn auf die 95 Prozent der Motorradfahrer, die anständig fahren“ sagt Diana Ronecker.
Sie wohnt gemeinsam mit ihrem Partner und den beiden Kindern (ein und vier Jahre alt) am Wagshurster Ortsausgang und muss mit ansehen, wie sich die Motorradfahrer dort treffen, um die nächsten „Runden“ im Motodrom abzusprechen. Man traue sich fast nicht mehr auf die Straße.
Zum Thema: Baden-Baden, Gaggenau und andere Städte möchten Motorradlärm massiv einschränken

Immer wieder Klagen angestrengt

Seit Jahrzehnten klagt der Bundesverband der Motorradfahrer gegen Streckensperrungen in Deutschland, nicht selten mit Erfolg. Er vertritt eigentlich ein durchaus gemäßigtes Klientel von Motorradfahrern, richtet zum Beispiel das Elefantentreffen aus, zu dem es Zweiradfahrer in klirrender Kälte zu winterlichen Lagerfeuern zieht.
25.000 Mitglieder vertritt der Verband über die angeschlossenen Vereine. Er leistet Lobbyarbeit und hat ein Auge darauf, dass Strecken nicht einfach so dicht gemacht werden
Man werde nun sehen, ob im Vorfeld genug getan wurde, um die Unfallhäufung dort zu verhindern, ob es beispielsweise genug Kontrollen gegeben hat: „Die Behörden sind gefragt, die Jungs, die da rasen, herauszuziehen“, sagt Wilczynski, „wer sich nicht benehmen kann, der gehört nicht auf die Straße“.

Treffen vor der Haustüre

Das dürfte auch Diana Ronecker unterschreiben. Vor ihrer Haustüre treffen sich die Biker aus der Ortenau, aus Frankreich oder aus Baden-Baden, um sich für die nächste Runde zu verbreden, gerne mit laufenden Motor, brüllend unter dem Helm hervor.

Man merkt erst, wenn einmal zwei Minuten Ruhe ist, wie belastend das ist
Diana Ronecker, Anwohnerin

„Die fahren nicht einfach durch, die fahren immer wieder hin und her“, klagt Ronecker, mit der entsprechenden Geräuschkulisse den ganzen Tag lang – vor allem sonntags: „Man merkt erst, wenn einmal zwei Minuten Ruhe ist, wie belastend das ist“, sagt die Wagshursterin.
Nichts gebracht hat der Ausbau der Straße, jedenfalls nicht aus Sicht der Anwohnerin. Es seien eher mehr als weniger Biker geworden seither, hunderte vielleicht an bestimmten Tagen, sie hat sie nicht gezählt. Bösen Willen unterstellt sie den Zweiradfahrern nicht – „wir haben vor einigen Jahren immer wieder mal versucht, an die Vernunft zu appellieren, sind zu ihnen ausgegangen“. Man habe nicht gedacht, dass es so laut sei, war oft die Antwort.

Auch Porschefahrer treffen sich

Es treffen sich schon mal 20 Motorradfahrer aufs Mal, letzthin auch eine Gruppe Porschelenker, die dann auch noch den Radweg zugeparkt habe – und einen Radfahrer, der sich beschwerte, harsch angegangen sei: „Der musste sich ziemlich beschimpfen lassen.“ Richtig rund geht es sonntags, oft bis spät in den Abend: „Wir haben da Fahrer, die sind um halb zehn noch unterwegs.“

Das größte Problem mit dem Hirn bei den Motorradfahrern ist, dass es zwar vorhanden ist, aber zu wenig genutzt wird

Ricky Lowag, Verkehrspolizist und selbst Motorradfahrer

Dass es auch anders geht, glaubt Ricky Lowag, zuletzt drei Jahre Ausbilder bei der Polizei in Bruchsal und jetzt Verkehrspolizist im Odenwald. „Selber schuld“, kommentiert er die Sperrung und appelliert an die Vernunft der Motorradfahrer. Sie hätten es selbst in der Gashand, ob es so weit komme. Vor zehn Jahren hat er einen Verein gegründet, sucht den Kontakt mit den Bikern.

Weiterlesen: Zahl der Motorradunfälle ging 2019 stark zurück
Doch es sei schwer, einige zu erreichen: „Das größte Problem mit dem Hirn bei den Motorradfahrern ist, dass es zwar vorhanden ist, aber zu wenig genutzt wird.“ Motorradfahren sei eben eine sehr emotionale Sache.
nach oben Zurück zum Seitenanfang