Mehr als eine Kenntnisnahme war nicht drin. Im Streit um die Finanzierung von neuen Kreisstraßen hat der Ausschuss für Umwelt und Technik am Donnerstag in Offenburg die heikelsten Punkte umschifft. Inhaltlich geklärt ist damit nichts, jedenfalls nicht bei den gerade anstehenden Bauvorhaben.
Die Debatte machte vielmehr deutlich, dass man schnell Willkür hinter den Eckpunkten der vorgelegten Bewertungsmatrix wittern könnte. Zumindest, wenn man den Kürzeren zieht.
Die Einschätzung der Acherner Nordtangente und der geplanten Ortsumfahrung von Oberkirch und Zusenhofen (wir berichteten) nahmen die Kreisräte lediglich „zur Kenntnis“. Der Ball wird damit erneut weiter gespielt. Jetzt müssen die betroffenen Kommunen und die Kreisverwaltung aushandeln, wie die Kosten aufgeteilt werden. Doch die Matrix wird dafür den Rahmen abstecken und liefert dem Kreis im Zweifel Argumentationshilfen.
Hoher Zeitdruck bei Entscheidung über Acherner Nordtangente
Bei der Acherner Nordtangente, die bekanntlich das neue Klinikum erschließen soll, stehen alle unter hohem Zeitdruck. „Wir müssen dieses Jahr entscheiden, wenn wir bis 2023 warten, brauchen wir es nicht mehr“, warnte Acherns OB Klaus Muttach. Im November oder Dezember soll der Bauantrag für das neue Krankenhaus eingereicht werden.
Dann aber muss klar sein, ob es wie geplant über die Nordtangente erschlossen werden kann. Falls dies im Spätherbst nicht geklärt ist, wird es haarig. „Wenn wir es bis dahin nicht schaffen, wird sich die Krankenhaus-Planung völlig anders präsentieren, deutlich schlechter für Anwohner und Patienten“, warnte Muttach.
Er stelle nicht in Frage, dass die Kriterien für die Matrix, nach der sich die kommunale Zuzahlung bei den Kreisstraßen bemisst, redlich erarbeitet worden sind, so der OB weiter. Doch es sei schon merkwürdig, wenn am Ende bei deren Anwendung genau das herauskomme, was die Kreisverwaltung vorher angesagt habe.
Muttach nannte eine ganze Reihe von Details, bei denen die Nordtangente im Vergleich zur Umgehung Ringsheim-Lahr am Ende aus seiner Sicht deutlich schlechter wegkommt – einschließlich der Frage, ob die Erschießung des Europa-Parks oder die eines Krankenhauses das vordringlichere kommunale Anliegen ist.
Oder die Verkehrsentlastung, die bei beiden Projekten gleich sei, aber mit unterschiedlichen Schulnoten bewertet werde – zwei bei Ringsheim, drei in Achern. „Es fällt“, so der OB, „schwer, das den Menschen in Sasbach oder Achern zu erklären“.
Er habe „das mindere Vergnügen“ gehabt, bei der Ausarbeitung der Kriterien dabei gewesen zu sein, sagte Matthias Gutbrod (FW), man habe um jeden einzelnen Punkt mit der Verwaltung gerungen. Es sei daher nicht sinnvoll, solche Gespräche wie ursprünglich vorgesehen im Rund des gesamten Kreistags zu führen. Nicht eben überschäumend auch die Begeisterung bei den Sozialdemokraten, „Wir sind einen Schritt weitergekommen“, befand deren Sprecher Kai-Achim Klare.
Fortführung nach Sasbachwalden kein Thema mehr
Im Sande verlaufen ist ein Antrag von Valentin Doll (FW), noch einmal über die Durchbindung der Nordtangente nach Sasbachwalden zu sprechen. Sasbachwalden habe derzeit keine Möglichkeit, ohne Ortsdurchfahrten am überregionalen Verkehr teilzunehmen. Zudem verbessere sich durch dieses letzte Teilstück der Score der Straße in der Bewertungsmatrix.
Das sei von Achern, Sasbach und Sasbachwalden „mehr oder weniger stark abgelehnt worden“, hielt Dezernent Michael Loritz in der von Grünen-Kreisrätin Dorothe Granderath souverän geleiteten Sitzung dagegen. Sie vertrat Landrat Frank Scherer, der noch in Covid-Quarantäne ist.
Das Landratsamt, so Loritz, könne „nicht gegen den kommunalen Konsens arbeiten“. Man laufe vielmehr Gefahr, sich dadurch eine weitere Verzögerung einzuhandeln ohne, dass sich etwas ändert: „Ich erwarte da kein positives Ergebnis“.