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Kauf auf Vorrat

Tafel in Achern leidet unter Hamsterkäufern in Supermärkten

Warum legen sich die Menschen einen Vorrat mit Toilettenpapier an? In den Acherner Supermärkten reißen die Hamsterkäufe wegen des Coronavirus weiterhin nicht ab. Das schadet nicht nur Kunden, die ihre Produkte nicht mehr in den Regalen finden. Es geht auch auf Kosten der Acherner Tafel.

In einem Acherner Supermarkt sind wegen des Coronavirus alle Desinfektions-Artikel restlos ausverkauft.
In einem Acherner Supermarkt sind wegen des Coronavirus alle Desinfektions-Artikel restlos ausverkauft. Foto: Michael Brück

Von Michael Brück

Montagmorgen. Schon gut eine Viertelstunde bevor der Discounter in der Acherner Güterhallenstraße seine Türen öffnet, hat sich der Parkplatz schon zu mehr als der Hälfte gefüllt. Vor dem Eingang haben sich Dutzende Kunden Stellung gebracht.

Das wöchentliche Werbeblättchen des Einkaufsmarktes hatte am Wochenende Desinfektionsartikel angekündigt. Ein Gut, das seit Corona in Deutschlands Supermärkten kaum noch zu kriegen ist. „Wir wollen auf Nummer sicher gehen“, erzählt ein Ehepaar, das sich schon früh aus Mösbach auf den Weg gemacht hat. „Die ganze Diskussion in den Medien hat uns schon ein wenig verunsichert.“

So wie ihnen geht es derzeit vielen Bürgern. In Deutschland wird wieder gehamstert. Das haben auch die großen Verbrauchermärkte längst bemerkt. So sagt etwa Kristina Schütz, Pressesprecherin der Rewe-Group, gegenüber unserer Zeitung, dass es bundesweit bei den Rewe- und Penny-Märkten zu einer verstärkten Nachfrage bei lang haltbaren Lebensmitteln, Nährmitteln, Konserven und Hygieneartikel komme.

Toilettenpapier steht besonders hoch im Kurs

Unter anderem sei Toilettenpapier derzeit besonders hoch im Kurs. „Erklären können wir uns das allerdings nicht. Die Kunden teilen uns ihre Beweggründe ja leider nicht mit”, sagt Schütz. Die erhöhte Nachfrage sei derzeit noch kein Problem. Denn: „Es gibt keine Engpässe in der Warenversorgung“, beschwichtigt sie. Man habe die Frequenz der Belieferung erhöht, beziehungsweise angepasst. „Wir sind gut auf die Situation eingestellt.“

Discounter sind vorbereitet

Auch bei Lidl beobachtet man die Lage sehr genau. „Unser wichtigstes Ziel ist es, Mitarbeiter und Kunden zu schützen und die Warenverfügbarkeit für die Bevölkerung sicherzustellen“, sagt Melanie Pöter von der Pressestelle des Discounters. Grundsätzlich habe Lidl für verschiedene Szenarien Prozesse entwickelt, die den betrieblichen Ablauf in Lagern und Filialen unter besonderen Umständen sicherstellen.

Dazu gehöre bei Engpässen beispielsweise die Belieferung aus anderen Lagerstandorten oder die Umplanung von Logistikrouten. „In einigen Regionen und Filialen verzeichnen wir deutlich erhöhte Abverkäufe. Besonders Artikel aus dem Trockensortiment wie Konserven und Nudeln sowie aus dem Hygienebereich Toilettenpapier und Desinfektionsmittel werden aktuell stark nachgefragt“, erklärt Pöter.

Abgabe nur in haushaltsüblichen Mengen

Die Versorgungssicherheit steht auch bei der Drogeriemarkt-Kette dm im Vordergrund der Bemühungen. Sebastian Bayer, Geschäftsführer für Marketing und Beschaffung: „In den letzten Tagen ist die Nachfrage nach verschiedensten Artikeln – wie beispielsweise Hygiene-Produkte – aus unserem Sortiment sprunghaft angestiegen. Aufgrund des abrupten Anstiegs sind temporär Produkte an manchen Standorten nicht erhältlich. Wir haben bereits reagiert und Maßnahmen entlang der gesamten Lieferkette ergriffen, um unsere Märkte wieder mit Waren zu versorgen.“

Die Kolleginnen und Kollegen in den Märkten, auch in der Ortenau, habe man darüber informiert, dass gerade bei den derzeit sehr nachgefragten Artikeln darauf zu achten sei, nur haushaltsübliche Mengen herauszugeben. So wolle man Hamsterkäufen vorbeugen.

Versorgung sichergestellt

Eine erhöhte Nachfrage im Bereich der Grundnahrungsmittel sei derzeit auch bei den Scheck-in-Einkaufscenter zu beobachten, sagt Maud Neumann-Merkel von der Supermarkt-Kette, die von Achern bis Frankfurt am Main mehrere Einkaufsmärkte betreibt.

Die ausreichende Versorgung aller Märkte sei aktuell und auch weiterhin sichergestellt. „Versorgungsengpässe haben wir im Moment lediglich im Bereich der Desinfektionsmittel.“ Und tatsächlich waren die entsprechenden Regale im Acherner Scheck-in zumindest am Samstagabend wie leergefegt.

Gähnende Leere

Zurück zum Discounter in der Güterhallenstraße: Nur wenige Minuten nachdem die Mitarbeiterinnen den Markt geöffnet haben, ist von den neu eingetroffenen Desinfektionsmitteln nichts mehr zu sehen. Nur ein gutes Dutzend leerer Kartons liegen verstreut rund um das Regal. Auf einem roten Kärtchen steht der handschriftliche Hinweis: „Maximal drei Desinfektionsartikel pro Kunde.“

Auch beim Toilettenpapier sieht es nicht besser aus. Wo sonst auf vier Paletten Papier verschiedenster Qualitäten lagert, herrscht gähnende Leere. Leer sind auch die Regale mit Reis und Nudeln.

Lange Schlangen vor den Kassen

An vier Kassen haben sich derweil lange Schlangen gebildet. Die meisten Einkaufswagen sind nur wenig gefüllt, und an Kasse Vier weist eine Mitarbeiterin gerade einen Kunden höflich aber bestimmt darauf hin, dass er nur drei Artikel aus dem Desinfektions-Sortiment mitnehmen dürfe. Er müsse sich jetzt entscheiden: Tücher, Gel oder Spray. Alles Überschüssige wird sofort wieder einkassiert.

Eine Kundin dahinter freut sich. Sie darf sich von den einkassierten Flaschen etwas aussuchen und entscheidet sich für ein Spray. Hinten in der Schlange haben zwei Damen längst bemerkt, dass es den Aldi-Kassiererinnen ernst ist mit der Rationierung. „Kannst Du das hier bitte noch für mich mitnehmen?“, fragt eine.

Prüfen die Sachlage zu jedem einzelnen Artikel
Anamarie Inden, Pressesprecherin von Aldi Süd in Mühlheim

Anamarie Inden, Pressesprecherin von Aldi Süd in Mühlheim, versichert, dass auch bei Aldi die Versorgung sichergestellt sei. Man beobachte die Ausbreitung des Corona-Virus genau. Und auch die Rückmeldungen aus den einzelnen Filialen werde man sehr genau auswerten. Zudem stehe man im engen Austausch mit Lieferanten und Logistikpartnern. „Dabei prüfen wir auch die Sachlage zu jedem einzelnen Artikel“, sagt sie.

Vorrat für zehn Tage gilt als Empfehlung

Warum es derzeit in verschiedenen Bereichen zu Hamsterkäufen kommen kann, versuchen Psychologen laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe damit zu erklären, dass viele Menschen auf diese Weise für sich einen Weg sehen, sich für den Kampf mit einem unbekannten und unsichtbaren Gegner zu wappnen.

Zudem, so das Bundesamt, sei es ohnehin ratsam, immer genügend Vorräte im Haus zu haben, um mindestens zehn Tage über die Runden zu kommen. Allerdings, so merkt man an, seien diese Maßnahmen eher für Überschwemmungen, starke Schneefall-Ereignisse oder längerfristige Stromausfälle gedacht.

Tafel als Opfer

Als Opfer von Hamsterkäufen sieht sich derzeit auch die Tafel in Achern. Denn, so berichten einige ehrenamtliche Mitarbeiter, seit etwa zwei Wochen habe gerade bei den Discountern in der Region das Warenangebot massiv nachgelassen. „Wo wir sonst auf einer Tour 23 Kisten mit Lebensmitteln erhalten, sind es derzeit gerade mal drei“, heißt es von Seiten der Ehrenamtler. Vor allem Gemüse und Obst sei fast nicht mehr zu bekommen. mbü



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