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Sie kommen mit dem Zug

"Umzugscrasher" halten die Polizei in der südlichen Ortenau in Atem

Sie sind meist schon betrunken und sie kommen mit dem Zug: Zu Hunderten tauchen Jugendliche auf Fastnachtsumzügen in der südlichen Ortenau auf. Sie halten die Polizei in Atem, auch wenn es eher selten zu gravierenden Straftaten kommt.

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Bunt und fröhlich soll die Fastnacht sein. Doch Horden betrunkener Jugendlicher halten die Polizei in Atem. Foto: Wittek

Vorglühen war gestern. Was vor einigen Jahren bei der Fastnacht mit ein paar mutwillig volltrunkenen Jugendlichen angefangen hat, ist jetzt eine Massenbewegung. „Umzugscrasher“ nennt die Freiburger Polizei jene Jugendlichen, die zu Hunderten im Pulk anreisen und beim fastnächtlichen Treiben auf den Straßen sturzbetrunken mal so richtig die Sau rauslassen.

Vier Fälle hat die Polizei in der Ortenau in diesem Jahr schon gezählt, und es scheint, als kämen die teilweise heftig betrunkenen Jugendlichen aus dem Süden – aus dem Großraum Freiburg und dem Markgräflerland.

Polizei und Ordnern machen sie eine Menge Arbeit – allein schon wegen ihrer Zahl. In Lahr wurden 1.300 Jugendliche gezählt. Angereist wird mit dem Zug, getrunken auf Vorrat – „wir sammeln viel Hochprozentiges ein“, sagt Wolfgang Kramer vom Polizeipräsidium Offenburg.

Noch scheint es, als würde sich das Phänomen auf die südliche Ortenau beschränken – betroffen waren neben Lahr Umzüge in Sulz, Ringsheim und Ettenheim mit jeweils mehreren hundert problematischen Gästen.

Wir sammeln viel Hochprozentiges ein.
Wolfgang Kramer, Polizeipräsidium Offenburg

Was dahinter steckt und wie die Jugendlichen sich organisieren, bleibt offen. Im Freiburger Polizeipräsidium hält man sich bedeckt – zuständig für die Fälle in der Ortenau seien die Kollegen aus Offenburg, so Sprecher Özkan Cira.

Kaum Straftaten, aber viel Arbeit für die Polizei

So richtig „gecrasht“ haben die Trunkenbolde noch keinen Umzug in der Ortenau. Doch sie machen eine Menge Arbeit. Polizei und Vereine hatten nach Gewaltexzessen bei Fastnachtsveranstaltungen um die Jahrtausendwende ihre Sicherheitskonzepte eng aufeinander abgestimmt. Doch dieses Miteinander könnte an Grenzen stoßen. Die jungen Gäste sorgen für reichlich Arbeit, auch wenn am Ende selten gravierende Straftaten stehen.

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Nach drei Jahren ist es wieder soweit: Der große mittelbadische Fastnachtsumzug findet am Dienstag, 21. Februar, nach einer Corona-Pause in Achern statt. Die Narrhalla Achern hofft auf gutes Wetter und Einnahmen. Foto: Daniela Busam

„Das ist immer das gleiche Verhalten, da brodelt es ein bisschen, da schubsen sie rum, da liege einige Alkoholleichen, richtig Volltrunkene“, so Kramer. Unschön, aber nicht außergewöhnlich bei der Fastnacht. Hier aber macht es die schiere Zahl der „Kunden“: „Unsere Einsatzkräfte haben gestöhnt“. Sie hätten ständig eingreifen müssen, die Stimmung sei gereizt: „Ich will nicht das Wort explosiv verwenden, aber Nickeligkeiten liegen schon in der Luft“.

Von 14 bis 20 Jahren

Die jungen Narren kommen aus dem Süden, das Alter beginnt bei 14 oder 15 Jahren, geht aber hoch bis an die 20. Am Bahnhof erwartet sie dann die Polizei, die erst mal harte Alkoholika einsammelt. Strafrechtlich bleibt an Ende meist wenig, gemessen an der vielen Arbeit für die Beamten, die die Jugendliche teilweise auch zum Zug zurück begleiten – wie Hooligans nach einem Fußballspiel.

Freilich braucht es nicht immer die Umzugscrasher – heftig getrunken und vorgeglüht wird auch anderswo. „Ich habe Jugendliche in Bohlsbach gesehen, die hatten einen richtigen Stierblick“, erinnert sich Kramer.

In der nördlichen Ortenau sind die offenkundig organisierten Gruppen bislang nicht aufgefallen – „Gottseidank war es immer ruhig“, erinnert sich Marcus Möhrle. Er bereitet gerade den großen Umzug am Fastnachtsdienstag durch Achern vor.

Doch dass die Acherner auf einen solchen Ansturm betrunkener Jugendlicher vorbereitet wären, darf bezweifelt werden. Alle 200 bis 300 Meter, so Möhrle, habe man bisher Ordner aufgestellt, „so, dass man sich halt noch sieht“.

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