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Eröffnungsfahrt

Vor 125 Jahren ging es vom Achertal erstmals mit dem Zug in die weite Welt

Die Achertalbahn wurde vor 125 Jahren eingeweiht. Der Acher- und Bühler Bote veröffentlichte am 1. September 1898 eine Festzeitung, in dem das Projekt und der Großherzog gerühmt werden.

Exklusiv -Vor 125 Jahren am 1. September 1898 wurde die Achertalbahn eingeweiht.  Dem Acher- und Bühler Boten veröffentlichte damals eine Festzeitung, in dem das Projekt und der Großherzog gerühmt und der genaue Ablauf des Festtages beschrieben werden.,
Die Dampflokomotive „Badenia“ Lok 28 von 1900 befuhr jahrzehntelang die Achertalstrecke, hier bei einer Nostalgiefahrt 2007 im Oberacherner Bahnhof. Foto: Roland Spether

Als der Kessel der Dampflok des Eröffnungs-Sonderzugs am 1. September 1898 in Ottenhöfen angefeuert war, erlebte das Achertal einen Festtag wie aus dem Bilderbuch.

Stolze Honoratioren im feinen Zwirn stiegen in die Personenwagen ein, die Blasmusik spielte zünftige Märsche und Leute entlang der Bahntrasse der Reisegesellschaft winkten ihr fröhlich zu.

Nach einer Ausgabe dieser Zeitung über diesen Festtag startete um 8 Uhr der Sonder-Zug am Bahnhof in Ottenhöfen zur Eröffnungsfahrt der Achertalbahn und fuhr direkt an den Bahnhof in Achern. Dort kredenzten die Stadtväter in der „Bahnhofsrestauration“ eine Erfrischung und empfingen „auswärtige Gäste“ für die Jungfernfahrt.

Festprogramm mit Ansprachen und Festzug erstreckt sich über den Tag

Dann ging es zurück ins Achertal, an jedem Bahnhof gab es einen Ehrentrunk und Ansprachen der Bürgermeister und um 12.30 Uhr ein Festzug und Festessen im Gasthaus „Zum Engel“ in Ottenhöfen. Um 17.20 Uhr ging es wieder zurück. Wer dann immer noch Hunger und Durst hatte, konnte sich abends in Kappelrodeck „in sämtlichen Wirtschaften“ an Banketten laben.

„Nunmehr ist das große Werk vollendet: das idyllische, von einer arbeitsamen, rührigen, unternehmungslustigen Bevölkerung bewohnte, wein-, wald-, und sagenreiche Acherthal ist dem großen Welteisenbahnnetze angeschlossen“, war damals auf der Titelseite einer Sonderausgabe des Acher- und Bühler Boten zu lesen.

Auf mehreren Seiten berichtete der Artikel in höchsten Lobeshymnen, aber auch kritisch über die Achertalbahn und den dampfenden Einzug einer neuen Zeit. Wer den emotional aufgeladenen Leitartikel schrieb und darin auch von dem „so ungemein segensreich regierenden Großherzog Friedrich“ schwärmte, ist nicht mehr bekannt.

So konnten die Bürger unter der Schlagzeile „Rückblick auf die Entstehung der Bahn“, umrahmt von einem imposanten Foto „Seiner königlichen Hoheit Großherzog Friedrich von Baden“, eine wahre Lobeshymne auf die großherzogliche Regierung und den Landesherrn lesen.

Denn alle politisch Verantwortlichen hatten sich nach Meinung des Verfassers in „warmer Weise“ des Projektes angenommen und es wurde schnellstens ein Gesetzesentwurf auf den Weg gebracht, den die Abgeordneten beider Kammern „ohne jede Gegnerschaft“ befürworteten.

Wen wunderte es da, dass der Redakteur die Regierenden in himmlische Höhen hievte und dem „geliebten Großherzog“ wünschte, dass es ihm durch die „göttliche Vorsehung vergönnt sein möge, noch eine lange Reihe von Jahren in so huldvoller und segensreicher Weise wie bisher sein Volk und Land zu regieren“.

Ingenieur Karl Müller aus Freiburg wird mit der Planung beauftragt

„Festzeitung zur Eröffnung der Nebenbahn Achern-Ottenhöfen“ steht in großen Buchstaben als Schlagzeile auf der Titelseite der Zeitung, in der ausführlich über die lange Vorgeschichte und die Notwendigkeit einer solchen Bahnlinie und vor allem über das liebe Geld geschrieben wurde.

Mit der Planung und „Ertragsberechnung“ wurde der Ingenieur Karl Müller aus Freiburg beauftragt, der die Investition mit Grundstückskäufen auf etwas mehr als eine Million Mark bezifferte. Der Großherzog steuerte einen „einmaligen Staatsbeitrag“ von 250.000 Mark bei, denn das Finanzkonzept sah vor, dass ein jährlicher Überschuss von insgesamt 28.300 Mark errechnet wurde.

Ein zentraler Grund für den Bau war die Holzwirtschaft aus den Staats-, Gemeinde- und Genossenschaftswaldungen sowie die vielen Firmen, die im Achertal seit jeher angesiedelt sind.

Auch der Tourismus blühte in größter Pracht, denn in der Festzeitung werden auf mehreren Seiten die reizvollen Orte und bedeutende Ausflugsziele wie Edelfrauengrab, Mummelsee und Allerheiligen in Wort und Bild vorgestellt.

Die Ziele werden auch in Gedichten geradezu besungen, wie das „Lob des Schwarzwaldes“ gegenüber kritischen Wandervögeln in Richtung sonnigem Süden: „Wenn and’re gen Italien zieh’n, mich lockt es wahrlich nicht dahin. In meinem Schwarzwald will ich wandern, von einem Berg und Thal zum andern.“

Im Jahr 1896 gibt es grünes Licht für den Bau der Strecke

Dieses Urlaubserlebnis konnten nun auch die Sommerfrischler aus der Stadt dank des „Bähnels“ genießen, das die Bürgermeister, Wirte und Fabrikanten wie der Steinbruchbesitzer Leuther aus Kappelrodeck sowie die Oberacherner Fabrikanten Florentin Ziegler (Wattefabrik) und Wilhelm Nauwerk (Bindfadenfabrik) durch langes Bohren bei den Obrigkeiten und eigene stattliche Geldbeträge auf die Schiene brachten.

Nach einer Begehung der geplanten Strecke hatte das zuständige Großherzogliche Ministerium am 19. Juli 1895 und die zweite Ständekammer am 6. März 1896 grünes Licht für den Bau der 10,7 Kilometer langen Bahnstrecke gegeben.

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