Hält Corona die Menschen davon ab, zum Blutspenden zu gehen? Das ist offenbar nicht der Fall - zuweilen haben sich im Pandemiejahr 2020 sogar mehr Spendenwillige als sonst gemeldet. Das freut die Ortsvereine des Deutschen Roten Kreuzes, trotzdem sind nicht alle Beteiligten ganz glücklich über die virusbedingten Veränderungen.
Einig sind sich die Vereinsvertreter in der Region bei der neuen Terminregelung: Wer zum Spenden gehen will, kann das nicht mehr spontan, sondern muss sich für Tag und Uhrzeit anmelden, hat dafür aber keine langen Wartezeiten.
Das werde von den Spendern gut angenommen und erleichtere den Helfern die Arbeit: am Spendentag selbst, aber auch bei der Vorbereitung der obligatorischen Essen nach dem „Aderlass“, denn so können die benötigten Mengen viel genauer vorbereitet werden.
Viele Leute sind in dieser Zeit mehr bereit, zu helfen.Josef Steinel, DRK Ottenhöfen-Seebach
Sogar leicht gestiegen sind die Spenderzahlen während der Pandemie an vielen Orten, auch in Kappelrodeck: „Vielleicht wurde mehr Menschen bewusst, dass Blut trotz Corona gebraucht wird, manche hatten vielleicht auch einfach mehr Zeit“, vermutet Helga Streicher vom DRK Kappelrodeck-Waldulm.
Ähnlich sieht das Josef Steinel, Bereitschaftsleiter beim DRK Ottenhöfen-Seebach: „Viele Leute sind in dieser Zeit mehr bereit, zu helfen; gerade im vergangenen Frühjahr hatten wir sehr viele Erstspender“. Die vielen „Stammspender“ im Achertal kennen seiner Ansicht nach den etwas anderen Ablauf schon, der mit Fiebermessen und Desinfizieren beginnt, und auch der Verein habe inzwischen Routine.
Eine gewisse Routine bemerkt auch Wolfgang Bär, Vorsitzender im Renchener Ortsverein. Die Spendenbereitschaft sei hier 2020 wider Erwarten um etwa zehn Prozent höher ausgefallen als in den Jahren zuvor. Bärs Ansicht nach habe aber auch das Blutspendewesen insgesamt durch die neuen Gegebenheiten eine positive Entwicklung durchgemacht.
„Wenn man die Terminvergabe nach Corona beibehalten würde, wäre das eine gute Sache“, sagt Celia Runge vom DRK Lauf, die im vergangenen Jahr ebenfalls eine verstärkte Spendenbereitschaft beobachtet hat. Hier hatte man etwa 200 verfügbare Zeiträume für Spender an einem Tag.
„200 Spenden bekommt man mit festen Terminen viel besser bewältigt als ohne, und für die Spender selbst ist es auch entspannter, weil sie genau wissen, wann sie dran sind.“
Nicht nur das vereinfacht die Organisation für die Vereine, sondern auch die Tatsache, dass es wegen der Ansteckungsgefahr keinen Imbiss, sondern Essenspakete für die Spender gibt. „Der zeitliche Aufwand für die Vorbereitung des Imbiss’ und für die Reinigung in der Halle nach dem Termin, oftmals bis 22 Uhr, fielen ebenfalls weg“, berichtet Jörg Armbruster, Vorsitzender in Sasbach.
Die Anzahl der freien Plätze an einem Spendentag mache der Blutspendedienst abhängig von der Örtlichkeit, davon, wie viele Spender gemäß Hygienekonzept gleichzeitig in der Halle sein dürfen, und vom Bedarf der benötigten Blutspenden, erklärt Karl-Heinz Withum, Blutspendebeauftragter im Ortsverein Achern.
Eine weitere neue Vorgabe sei die Reduzierung des Personals: „Zum Schutz unserer Helfer müssen diese nun mindestens 18 Jahre alt sein, was den Einsatz unseres Jugendrotkreuzes so gut wie unmöglich macht“, so Withum, „ebenso sollen sich die Helfer aus Risikogruppen auch nur nach eigenem Ermessen einbringen“.
Freiwillige kamen vor Corona gern in Gruppen
Während es in normalen Zeiten mitunter schwierig gewesen sei, vor allem wochentags genügend Helfer zu finden, müsse man nun manchem motivierten Ehrenamtlichen absagen, weil nicht so viele gebraucht werden, beobachtet Andreas Hamm, Vorsitzender des Freistetter DRK.
„Auch ich habe nicht den Eindruck, dass die Leute wegen Corona vor dem Blutspenden zurückschrecken.“ Geordnet gehen die Spendebereiten zum Fiebermessen, werden nach Symptomen gefragt und sprechen dann mit einem Arzt. „So geht alles schneller“, sagt Hamm, „vorher kamen öfter auch ganze Gruppen, zum Beispiel aus demselben Betrieb nach Feierabend“.
Wegen Corona höre ich damit doch nicht auf.Frank Lasch, Vielfach-Blutspender aus Freistett
Über Arbeitskollegen kam auch Thomas Eckstein zum Blutspenden - inzwischen war er 137-mal dabei. „Was jetzt wirklich fehlt, ist das Zusammensitzen nach dem Spenden: Für viele ist die Geselligkeit ein Grund, weshalb man überhaupt damit angefangen hat“, sagt Eckstein, der selbst im Wagshurster Ortsverein aktiv ist.
„Die Atmosphäre ist ganz anders“, findet auch Mehrfach-Spender Frank Lasch aus Freistett, der 101-mal dabei war. Das Festlegen-Müssen auf einen Termin habe ihm zunächst nicht behagt, sagt er. Als sich die Pandemie-Lage nicht besserte, sei er dann doch wieder spenden gegangen: „Wegen Corona höre ich damit doch nicht auf“.