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Künstler aus der Region

Winfried Hoggenmüller aus Achern will mit Poesie die Welt fassen

Der Dichter und Arzt Winfried Hoggenmüller aus Achern ist Mitbegründer der Illenau-Initiative. Sein erstes Gedicht schrieb er mit 14 Jahren.

Künstler Serie - Der Dichter und Arzt Winfried Hoggenmüller aus Achern
In seinen Gedichten hält Winfried Hoggenmüller Erfahrungen des Augenblicks in Worten fest, die sich auf das Wesentliche konzentrieren. Foto: Roland Spether

Achern. „Frühsommertag / unter tausend Kastanien / Sonnenblättern / höre ich die leisen Gespräche / der Abschiedsvögel.“ Im Frühsommer unter einem Kastanienbaum sitzen, Vogelstimmen hören, wer denkt dabei an herbstliche Abschiedsstimmung?

Für Winfried Hoggenmüller aus Achern kann ein solcher Moment der Anlass sein, dem Schauen, Staunen und Schweigen jenen kreativen Raum zu eröffnen, in dem Gedanken wie von selbst kommen und aus Beobachtungen und Stimmungen Worte werden. Dann reiht sich ein Wort an das nächste, neue Wortschöpfungen entstehen – mit viel Bedacht und konzentriert auf das Wesentliche.

Hoggenmüller ist auf der Suche nach dem „Zauberwort“

Der promovierte Internist, ausgebildete Psychotherapeut und Mitbegründer der Illenau-Initiative liebt Gedichte, schreibt Gedichte und hat viele veröffentlicht. „Über die Schönheit der Dinge zu staunen und eine Erfahrung des Augenblicks in Worten festzuhalten, geht nicht, wenn ich ständig in Aktion bin“, sagt Hoggenmüller.

Seit seiner Jugend ist er auf der Suche nach dem „Zauberwort“ ist. Dies verwendete Joseph Freiherr von Eichendorff in seinem Gedicht „Wünschelrute“. Er faszinierte Hoggenmüller bereits als Schüler am Suso-Gymnasium in Konstanz und ließ ihn seither nicht mehr los.

„Schläft ein Lied in allen Dingen, die da träumen fort und fort, und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“ Dieses Gedicht ist eine Einladung, sich immer wieder neu auf die Suche nach dem zu machen, was das Wesentliche ist und die Welt im Innersten zusammenhält.

Für Hoggenmüller gehört dazu die Poesie und damit jene wundervolle Kunst, mit der Kraft der Sprache die Welt in ihrer Schönheit und Lebendigkeit, aber auch Zerbrechlichkeit und Endlichkeit in Worte zu fassen, zu deuten und zu verstehen. Dies können Augenblicke des Alltags, Erfahrungen in der Natur und Begegnungen mit Menschen sein, kurzum: das Leben in seinen vielfältigen Facetten, in Freud und Leid, in Liebe und Schmerz.

Sein erstes Gedicht schreibt Hoggenmüller mit 14 Jahren

Ein Deutschlehrer brachte in ihm die wundervolle Welt der Poesie zum Klingen, mit 14 Jahren schrieb er sein erstes Gedicht und während seines Medizinstudiums in Marburg besuchte er ein Seminar über Eichendorff. Dass ein angehender Arzt, der mehr in der Welt der verifizierbaren Naturwissenschaft, der exakten Diagnostik und zielgerichteten Therapie zu Hause ist, sich mit einem schlesischen Lyriker und Schriftsteller der Romantik beschäftigt, war für den Professor ungewöhnlich.

Auch Schriftstellern wie Rainer-Maria Rilke, Gottfried Benn sowie den Dichterinnen Hilde Domin, Rose Ausländer, Mascha Kaleko, Ingeborg Bachmann fühlt er sich verbunden, wenn sie aus ihrer Perspektive die Dinge, das Leben und die Welt mit ihrer Kunst des Schreibens nachdenklich, tiefgründig und einfühlsam auf den Punkt bringen.

Der Lyriker verarbeitet Erfahrung mit Patienten in seinen Gedichten

Diese Sensibilität für das Sein der Menschen und das Dasein der Welt half Hoggenmüller auch auf der Kehrseite der Lebens-Medaille, wenn er als Arzt und Mitarbeiter des Hospizdienstes mit dem unheilbaren Leid und dem nahenden Tod von Menschen konfrontiert wurde.

„Gerade im Umgang mit sterbenden Menschen kann das rechte und einfühlsame Wort, auch ein existenzielles Gedicht oder ein Schweigen, eine Hilfe in großer Not sein“, sagt Hoggenmüller – so auch in seinem Gedicht „Roter Traum“ beschrieben: „Manchmal / träume ich / mein Tumor / steige/ wie ein roter Ballon / auf / zu meinen Regengedanken.“

Vor 20 Jahren entstanden Texte zu einer Ausstellung mit Objekten von Cordula Schneider-Hoffmann, gezeigt in den Frauenkliniken in Lahr und in München. Ab 2006 kam es zu jährlichen Veröffentlichungen im Almanach deutschsprachiger Schriftsteller-Ärzte, 2011 fand im Kulturprogramm „Gong“ eine Generationen übergreifende Veranstaltung mit Rainer Schöttgen und Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Achern statt: „Wenn der Wind im Nachtfenster atmet“, bei der sich Worte, Bilder, Musik und Tanz zu einer wohltuenden Harmonie formten.

Mit Bildern von Rainer Schöttgen erschien das Buch „Hier wohnst du – weit weg“. Nach seiner Tätigkeit als Facharzt und Psychotherapeut nahm er, inzwischen auch Mitglied im Autoren-Netzwerk Ortenau-Elsass, eine Vortrags- und Seminartätigkeit zu verschiedenen Themen wie „Das menschliche Herz, der herzliche Mensch“, „Bibel und Lyrik“ auf und las zuletzt Gedichte zum Abschied der Akademie der älteren Generation: „Zuhören im Herbst / es gibt noch sonnige / leise Tage / auf halben Wegen / entgrenzte Farben / und zuhörende / Worte zwischen / den fallenden Blättern“.

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