Wiederholt sich das Corona-Wunder vom vergangenen Sommer? Der Ortenaukreis ist als einziger Landkreis auf der Corona-Grafik für das BNN-Verbreitungsgebiet seit Tagen tief grün eingefärbt.
Seit den Pfingstfeiertagen liegt die Inzidenz der Neuinfektionen unter der entscheidenden Marke von 50. Eine wirkliche Erklärung für den fast senkrechten Absturz der Ansteckungsraten gibt es nicht.
Doch kommende Woche winken weitere Lockerungen.
Komplizierter Takt der Erleichterungen
Am Sonntag wird der Kreis aller Voraussicht nach den Schwellenwert von 50 zum fünften Mal in Folge unterschreiten. Davon würde bereits von Montag an unter anderem der Einzelhandel durch den Wegfall der Testpflicht profitieren. Weitere Lockerungen könnten dann am 3. Juni greifen – eine Folge der inzwischen höchst komplizierten Corona-Regeln, die einzuordnen auch die Spezialisten im Offenburger Landratsamt erkennbar Mühe kostet.
Denn der Takt der Erleichterungen (oder Verschärfungen) wird von zwei völlig getrennten Wirkungsmechanismen vorgegeben. Der einfachere ist unmittelbar an die Inzidenz gekoppelt. Liegt die Inzidenz an fünf aufeinanderfolgenden Tagen (und nicht mehr Werktagen wie noch vor kurzem) unter 50, so passiert folgendes:
- Treffen im privaten oder öffentlichen Raum sind wieder für bis zu zehn Personen aus drei verschiedenen Haushalten gestattet, Kinder bis einschließlich 13 Jahre werden nicht mitgezählt. Mit anderen Worten: Feste im kleineren Rahmen sind wieder möglich.
- Der Einzelhandel öffnet unter Auflagen. Das heißt: In kleinen Geschäften bis zu zehn Quadratmetern darf sich immer nur ein Kunde aufhalten, bis 800 Quadratmeter ein Kunde pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche und darüber hinaus eine weitere Person pro 20 Quadratmeter, außer im Lebensmittel-Einzelhandel. Masken müssen im Geschäft und davor, beispielsweise auf den Parkplätzen, getragen werden, Warteschlangen gilt es zu vermeiden.
- Archive, Büchereien und Bibliotheken öffnen ohne Auflagen, ebenso Galerien, Gedenkstätten und Museen.
Zurückgenommen werden die Erleichterungen, wenn die Inzidenz an drei Tagen hintereinander wieder über 50 liegt.
Die zweite Ebene der Lockerungen betrifft unter anderem Gastronomie und Kultur. Wer meint, das bisher Gelesene wäre schon kompliziert, es geht noch bürokratischer. Dieser zweite Schritt tritt nicht bei einer bestimmten Inzidenz in Kraft, sondern wenn die Ansteckungsrate seit dem ersten Öffnungsschritt für 14 Tage im Durchschnitt weiter sinkt. Konkret im Ortenaukreis: Bekanntgabe am 2. Juni, Gültigkeit vom 3. Juni an.
Tests werden in vielen Bereichen verlangt
Dann könnten beispielsweise Gaststätten bis 22 Uhr bewirten (bisher 21 Uhr), mit einem Gast auf zweieinhalb Quadratmetern und den Tischen mit 1,5 Meter Abstand, sowie außen unter Einhaltung der AHA-Regeln. Wellnessbereiche, Saunen und Schwimmbäder dürften unter Auflagen öffnen, bei religiösen Veranstaltungen ist Gemeindegesang erlaubt.
Auch für kontaktarme Sportarten, Fitnessstudios, Messen und Kongresse, Hochschulen, Kunstschulen und ähnliche Institutionen gelten Lockerungen, allerdings meist unter Auflagen. Dabei geht es in der Regel darum, die Zahl der maximal versammelten Menschen zu begrenzen. In allen Fällen gilt ein Test- und Hygienekonzept, verlangt wird also ein tagesaktueller Corona-Test, eine Dokumentation der Kontakte sowie gebotene Hygienemaßnahmen vor Ort.
Inzidenz bei knapp unter 30
Weitere Lockerungen sind nach noch einmal 14 Tagen in einem dritten Öffnungsschritt bei weiter sinkenden Inzidenzen möglich, dabei allerdings ändert sich nur die Maximalzahl der erlaubten Personen. Zudem kommen dann erstmals die Freizeitparks ins Spiel. Freilich wird die Landesregierung, basierend auf dem Modellprojekt in Rust, deren Öffnung wohl deutlich früher erlauben.
Im Ortenaukreis ist die Corona-Inzidenz zuletzt auf einen Wert von knapp über 27 gesunken, am Donnerstag meldete das Landratsamt 33 Neuansteckungen. Fast die Hälfte der Fälle kam zuletzt aus der Altersgruppe unter 35 Jahren, die Zahl der Neuinfektionen bei Senioren ist inzwischen verschwindend gering. Ganz offenkundig eine Folge der Impfungen, die seit Anfang Januar verabreicht wurden.
Mehr als 250.000 Imfungen im Kreis
Inzwischen wurden im Kreis mehr als 250.000 Spritzen mit Corona-Vakzinen gesetzt. Hatte der Altersdurchschnitt der Infizierten im Januar noch bei knapp 55 Jahren gelegen, inzwischen ist er auf nur wenig über 35 gesunken.
Die Impfungen machen sich auch bei der Inzidenz der Neuansteckungen bemerkbar. Deren Höhepunkt hatte im Ortenaukreis kurz vor Weihnachten 2020 bei einem Wert von 241 gelegen, die dritte Welle erreichte den Peak Mitte April mit einem Maximum von knapp unter 200. Seit Anfang Mai ist ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen.