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Zahl beläuft sich auf unter 200

Auch in der Ortenau hat die Polizei mit Reichsbürgern zu tun

Reichsflaggen vor dem Deutschen Bundestag und Angriffe vor der russischen Botschaft von Reichsbürgern auf Polizisten: Die Vorgänge in Berlin lenken den Blick auch auf Anhänger des Reichsbürgertums in der Ortenau.

ARCHIV - 06.06.2016, Baden-Württemberg, Rheinfelden: Ein Mann hält ein Heft mit dem Aufdruck «Deutsches Reich - Reisepass» in der Hand. (Zu dpa: «WE-Umfrage: Strafgebühren für Reichsbürger») Foto: Patrick Seeger/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ | Verwendung weltweit
Ein Mann hält ein Heft mit dem Aufdruck „Deutsches Reich - Reisepass“ in der Hand. Foto: Patrick Seeger/dpa

„Ihre Zahl beläuft sich auf unter 200“, sagt Yannik Hilger, Sprecher des Polizeipräsidiums Offenburg auf Anfrage. In den vergangenen Jahren habe es dabei wenig Bewegung gegeben – die Zu- und Abgänge seien marginal.

Von einer „Reichsbürgerszene“ will man beim Polizeipräsidium nicht sprechen, es handle sich vielmehr um eine Denkweise, der zahlreiche Splittergruppen, Untergruppierungen, aber auch Einzelpersonen nahe stünden oder nacheiferten. Diese seien nicht zwangsläufig vernetzt und lehnten sich teilweise in ihrer Auslegung der jeweiligen Theorien gegenseitig ab, so Polizeisprecher Yannik Hilger.

Unter 200 Reichsbürger in der Ortenau

Eines aber hätten alle Anhänger des „Reichsbürgertums“ gemein: „Sie lehnen das Bestehen der Bundesrepublik, wie wir sie kennen, ab.“ Die Begründungen hierfür seien vielschichtig. „Eine Möglichkeit zeigt die Theorie des fehlenden Friedensvertrages nach Ende des Zweiten Weltkrieges auf, wonach Deutschland nach wie vor besetzt sei und die Reichsregierung lediglich handlungsunfähig, nicht aber abgeschafft sei.“

Die Personenanzahl derer, die sich im Bereich des Polizeipräsidiums Offenburg mit der Ideologie der „Reichsbürger“ beschäftigen, beläuft sich auf unter 200. Ähnlich sieht es in Baden-Württemberg aus: Nach Angaben des jüngsten Verfassungsschutzberichts wurden 2019 rund 3.200 Menschen als Reichsbürger und sogenannte Selbstverwalter eingestuft – gegenüber dem Vorjahr ist diese geschätzte Zahl konstant.

In Deutschland gibt es etwa 19.000 Reichsbürger

Auf Bundesebene sollen es etwa 19.000 sein. Zum Reichsbürgertum zählt etwa die „Verfassunggebende Versammlung“ (VV). Anhänger dieser Gruppierung unterwandern nach Beobachtungen des Offenburger Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“ auch die regelmäßigen Versammlungen von Pandemie-Leugnern und Gegnern der offiziellen Corona-Maßnahmen auf dem Platz der Verfassungsfreunde.

Wer steht dem Reichbürgertum nahe? Der Personenkreis umfasst nach Beobachtungen des Polizeipräsidiums Offenburg sowohl Männer als auch Frauen. Typischerweise handle es sich bei den Anhängern tendenziell um Personen im mittleren bis fortgeschrittenen Alters.

Sie lehnen das Bestehen der Bundesrepublik, wie wir sie kennen, ab
Yannik Hilger, Sprecher Polizeipräsidium Offenburg

„Durchaus erfolgt das Kennenlernen der Ideologie über schlichte Recherchen im Internet mit entsprechender anschließender Indoktrination“, so Yannik Hilger. Nicht selten gingen diesem Interesse private Missstände, wie etwa Verlust der Arbeitsstelle oder eine Scheidung und damit verbundene finanzielle Einschränkungen, voraus.

„In der Regel treten Anhänger der Szene durchaus offen auf“, so der Polizeisprecher. So sei es nicht unüblich, dass etwa von der Bundesrepublik ausgestellte Ausweisdokumente bei einer Behörde abgegeben würden und hierbei konkret erwähnt werde, dass der Inhaber die Ideologie einer der Reichsbürgerbewegungen verfolge.

„Dieses offene Auftreten bedingt, dass die Dunkelziffer bezüglich der Angehörigen dieser Ideologie recht gering sein dürfte“, sagt Yannik Hilger. Ein weiteres Beispiel für das offene Auftreten seien etwa Veränderungen an Kfz-Kennzeichen, die in einer Kontrolle unschwer zu erkennen seien, ebenso die hierzu vorgelegten, oft selbst hergestellten Dokumente, die die Bezeichnung der Bewegung erkennen ließen. Reichsbürger fielen in der Regel durch Ordnungswidrigkeiten auf. Unter den Verstößen seien aber auch Straftaten festzustellen, etwa Urkundenfälschungen.

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