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Meldung an Führerscheinstellen

Autoposer-Szene hat sich rasant ausgebreitet: Polizei in Offenburg greift durch

Einst ein fragwürdiges Privileg vor allem der großen Städte, hat sich die Autoposer-Szene auf das flache Land ausgebreitet. Die Polizei will sich das nicht bieten lassen. Es drohen drastische Folgen.

Verkehrsunfall
So kann es enden: In einem Zaun landete dieser hochwertige Wagen bei einem Autorennen auf dem Parkplatz eines Offenburger Möbelhauses. Die Polizei geht jetzt gegen die Poser-Szene vor. Foto: Polizeipräsidium Offenburg

Die Täter: Junge Männer meist im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Der Tatort: Gerne der Parkplatz eines Supermarktes oder eine wenig belebte Straße, meist abends, wenn es dunkel ist. Das Tatwerkzeug: Ein Auto oder ein Motorrad, nicht selten aus der oberen Preisklasse und immer „frisiert“. Mit anderen Worten: Die Autoposer sind in der Ortenau angekommen. Und die Polizei reagiert.

Was vor einigen Jahren eigentlich Großstädten vorbehalten war, hat sich auf das flache Land ausgedehnt. Junge Männer fahren ihre teuren Schlitten spazieren, geben zu viel Gas, machen zu viel Lärm – und landen nicht selten im Zaun oder an einem anderen Auto. Gefahr für Leib und Leben inklusive.

Das Polizeipräsidium Offenburg will jetzt gegen die Szene vorgehen, flächendeckend und koordiniert. Das heißt: Wer auffällt, bekommt eine Gelbe Karte. Das setzt einen Prozess in Gang, der am Ende mit dem Verlust des Führerscheins enden kann.

Autoposer: Junge Männer in teuren Schlitten – bis Mitte Mai bereits 82 Fälle

Offenburg – vor allem das Industriegebiet West – und Achern sind bislang die Brennpunkte der schnell wachsenden Autoposer-Szene. Seit Jahren fallen die jungen Herren immer öfter mit dem auf, was der Leiter der Verkehrspolizeidirektion im Präsidium, Peter Westermann, als Verhalten wie aus dem Tierreich beschreibt: „Haben Sie jemals einen balzenden Auerhahn gesehen?“, fragt er rhetorisch.

Man merkt: Die Poserszene ist bei der Polizei ebenso mies angesehen wie beim Rest der Bevölkerung, der unter dem sinnlosen Hin- und Herfahren mit den meist viel zu lauten und sonst wie aufgemotzten Autos (und Motorrädern) leidet.

Car-Freitag mit Corona-Verstößen in Massen.
Peter Dieterle, Leiter Polizeirevier Offenburg

Eine Unsitte, die immer mehr um sich greift: „Bis Mitte Mai hatten wir mit bereits 82 Fällen fast so viele wie die 100 aus dem gesamten vergangenen Jahr“, sagt Westermann. Unrühmlicher Höhepunkt war der „Car-Freitag“ in Offenburg mit rund 100 beteiligten Fahrzeugen und, so Revierleiter Peter Dieterle, „Corona-Verstößen in Massen“. Die klaren Hotspots seien derzeit Offenburg und der Bereich um Achern, wo auch die Biker auf der teilweise für sie gesperrten Kreisstraße zwischen Wagshurst und Rheinbischofsheim „posen“.

In Rastatt ist die Autoposer-Szene erst im Entstehen

In Offenburg trifft man sich auf dem Parkplatz eines Möbelhauses und vor einem Schnellrestaurant, dem ebenfalls eine große Asphaltfläche angeschlossen ist, in Rastatt ist die Szene erst im Entstehen mit Anfängen auf dem Parkplatz eines Supermarkts („Wir sind dran“, sagt Westermann), in Baden-Baden sind es vor allem Motorradfahrer am Helbingfelsen, in Lahr hat sich eine kleinere Szene vor allem junger Biker mit Leichtkrafträdern etabliert.

Die Folgen gehen mittlerweile über die bloße Belästigung hinaus. Man habe inzwischen einige Verkehrsunfälle. Dazu übertreiben es einige wirklich. In Offenburg, so Peter Dieterle, sei man auf einen lauten Lamborghini aufmerksam geworden. Beim TÜV sprengte er nicht nur die bei 130 dB endende Skala des Lärmmessgeräts, bei der richtigen Drehzahl spuckte der Wagen 40 bis 50 Zentimeter lange Flammen aus den beiden Auspuffrohren.

Dazu kommen Blechschäden bei Unfällen, die durch rasante Fahrten ausgelöst werden, in beträchtlicher Höhe und die nicht selten wohl zu Regressforderungen der Versicherungen führen werden.

Ärger über Autoposer: So reagiert die Polizei

Die Polizei setzt, wie immer in solchen Fällen, auf „Repression und Prävention“, wobei ein klarer Schwerpunkt wohl auf der Repression liegen wird. Dazu zählt zum Beispiel das Stufenkonzept bei den Bußgeldern, die sich beim zweiten Verstoß verdoppeln, beim dritten verdreifachen bis es irgendwann ein automobiles „Betretungsverbot“ für bestimmte Bereiche gibt – bewehrt mit einem Zwangsgeld. „Das ist ein scharfes Schwert“, sagt Sebastian Thomann, der die Aktion bei der Polizei koordiniert.

Geschärft wird dieses Schwert auch durch den Informationsaustausch im Präsidium. Der stellt sicher, dass sich ein Poser nicht in Rastatt als Unschuldslamm darstellen kann, wenn er in Offenburg beispielsweise bereits aktenkundig ist. Eine „Gelbe Karte“ soll die Fahrer vorwarnen, dass sie und ihr Gefährt unter polizeilicher Bobachtung stehen. Dazu gibt es „niederschwellige und konsequente Meldungen bei den Führerscheinstellen“, wer über die Stränge schlägt, könnte zur MPU, landläufig Idiotentest genannt, gebeten werden.

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