Beim traditionellen Martini-Herbstgespräch der Offenburger Weinwirtschaft im Burgundersaal der Weinmanufaktur Gengenbach-Offenburg in Zell-Weierbach wurde nicht nur über das gute Herbstergebnis des Jahrgangs in Kilogramm und Öchsle gefachsimpelt, es gab auch kritische Töne zur Kostenexplosion in Weinberg und Keller und auch die derzeitige Prämierungsflut wurde am Rande gestreift.
Was mit dem ersten Herbstgespräch damals am Martinstag, dem 11. November 1998, gemeinsam von der Stadt Offenburg mit der hiesigen Weinwirtschaft in der „Offenburger Sonne“ aus der Taufe gehoben wurde, ist zwischenzeitlich fester Bestandteil neben den vielen gemeinsamen Aktivitäten von Stadtmarketing und den Offenburger Winzern. Einst war zu diesem traditionsreichen Brauchtumstag gerade die Lese vorbei, heute liegen nahezu füllfertige Weine des gleichen Jahrganges zu diesem Zeitpunkt in den Kellern.
Klimabedingt haben sich die Lesetermine von damals dem Oktober als dem Hauptlesemonat, auf heute Ende August und September verlagert. „Der Lesezeitraum hat sich in kompakten drei Wochen noch in den kalendarischen Sommermonaten abgespielt“, so Matthias Wolf in seinen einleitenden Worten zur Kernaussage zum Herbstablauf 2022.
Der Wettergott hat es mit uns in dem Hitzejahr noch gut wollen.Matthias Wol ingut, Schloss Ortenberg
Die Vertreter der Offenburger Weinrunde repräsentieren eine Rebfläche von nahezu 500 Hektar Rebfläche am südlichsten Teil des Bereiches Ortenau. „Der Wettergott hat es mit uns in dem Hitzejahr noch gut wollen, wenn man die gefallenen Niederschläge als Maßstab nimmt“, so Wolf weiter. Zwischen Rammersweier und Gengenbach sind Ende August reichlich Niederschläge in einem Maß wie sonst nirgends gefallen.
Reibungsloser Herbstverlauf mit sehr guter Menge
„Ein extrem emotionaler Jahrgang, lange Zeit unspektakulär, dann kam Stress, zum Schluss waren alle höchst zufrieden“, sagt auch Jochen Basler vom Weingut Pieper-Basler. Resümee aller Weinprofis: Es war ein reibungsloser Herbstverlauf mit sehr guter Menge und hervorragendem Qualitätspotenzial. Ein Jahrgang, der in jeder Hinsicht begeistert.
Ein extrem emotionaler Jahrgang.Jochen Basler , Winzer
Ein Thema in der Runde war der Vollerntereinsatz. Mathias Renner setzte auch 2022 auf die Handlese, während alle übrigen Vertreter den Maschineneinsatz im Hinblick auf die hohen Lohnkosten und der qualitativ hervorragenden Arbeit des „Traubenschüttlers“ immer mehr bevorzugen. Das habe das Jahr 2022 eindeutig wieder offenbart.
Das jahreszeitlich späte Herbstgespräch gab den Betrieben Gelegenheit, schon ihre Jungweine vorzustellen. Was allesamt in den unterschiedlichen Sorten an Jungweinen gezeigt wurde, war eine Fortsetzung des optimalen Ernteergebnisses. Die betonte Fruchtigkeit mit viel Rasse und Schmelz lässt jetzt schon Freude auf diesen Jahrgang aufkommen. Die Winzer hoffen mit dieser hohen Qualität auf Rückenwind in dem schwierigen Umfeld des momentanen Marktes.
Am Rande des Gespräches kam die derzeitige „Prämierungswulst“ zur Sprache. Einige der anwesenden Betriebe haben sich aus bestimmten Wettbewerben verabschiedet. „weil zu viel Kommerz bei einigen Prämierungen, vor allem denen von Zeitschriften und privaten Veranstaltern, dahinter stehe“, so der Tenor der Runde. Verurteilt wurden auch Titel wie “Weltmeister“ oder „Vizeweltmeister“, die es offiziell überhaupt nicht gibt und deren Bezeichnung unerlaubt sei.
Die Offenburger Weinguts- und Genossenschaftsvertreter sehen diese Weinwettbewerbe, vor allem die offiziellen, als unerlässlich, aber mit Maß und Ziel. Im Hinblick auf die Transparenz des eigenen Leistungsstandes sind solche Tests ein wichtiger Maßstab. Die Prämierungen haben in der Vergangenheit die Weinqualität gesteigert und das Image gefördert, so die Weinmanager aus der Ortenau.