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Fahrer „erfunden“

Durchsuchungen in Speditionen: Unternehmen im Ortenaukreis tricksen offenbar mit Fahrtenschreibern

Die Fahrer hat es gar nicht gegeben: Zwei Speditionen aus dem Ortenaukreis haben offenbar ganz erheblich bei den Lenkzeiten getrickst. Jetzt kam die Polizei.

Ein digitaler Fahrtenschreiber (unten links) und ein zusätzlicher Bildschirm zum Flottenmanagement
Eigentlich manipulationssicher: Die elektronischen Fahrtenschreiber kann man auch überlisten, haben zwei Unternehmen aus der Ortenau herausgefunden. Deshalb bekamen sie nun Besuch von Polizei und Zoll. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Virtuelle Lastwagenfahrer haben zwei Speditionen aus dem Ortenaukreis ersonnen. Deshalb haben sie jetzt Ärger mit der Justiz. Am Freitag vor einer Woche durchsuchten 56 Beamte von Verkehrs- und Kriminalpolizei sowie Mitarbeiter des Hauptzollamts mehrere Betriebe und Privatwohnungen.

Sie stellten umfangreiches Beweismaterial sicher – unter anderem elektronische Fahrerkarten, die die gute alte Tachoscheibe im gewerblichen Güterverkehr längst abgelöst haben.

Die neue Technik sollte eigentlich manipulationssicher sein. Die beiden inzwischen in Insolvenz befindlichen Unternehmen haben aber offenbar doch Mittel und Wege gefunden, zu tricksen. Sie „erfanden“, so vermuten die Ermittler, einfach zusätzliche Fahrer und umgingen so die strengen Regeln bei den erlaubten Lenkzeiten.

Das ist wohl auch nicht manipulationssicher.
Wolfgang Kramer, Polizeisprecher

Ins Rollen gekommen ist die ganze Angelegenheit durch Betriebsprüfungen. Den Mitarbeitern des Gewerbeaufsichtsamts beim Landratsamt war, so ein Polizeisprecher, aufgefallen, dass da etwas nicht stimmen konnte. Bereits im Vorfeld habe sich so der Verdacht auf rund 360 Delikte seit Anfang 2021 ergeben. Wie viele es tatsächlich waren, werden die Ermittler jetzt in akribischer Kleinarbeit herausarbeiten müssen.

Eigentlich sollte die jahrzehntelang genutzte Tachoscheibe durch ein fälschungssicheres elektronisches System ersetzt werden. Doch das hat offenbar auch seine Tücken: „Das ist wohl auch nicht manipulationssicher, wenn man mit Zweitkarten hantiert. Doch es hat sich jetzt gezeigt, dass der Trick einer Betriebsprüfung nicht standhält“, sagt Polizeisprecher Wolfgang Kramer.

Viel Arbeit bei der Auswertung nach Durchsuchungen in der Ortenau

Jetzt allerdings müssten die zahlreichen sichergestellten elektronischen Medien genau unter die Lupe genommen werden, um festzustellen, von wie vielen Einzeldelikten man auszugehen habe, so Kramer. Da stehe den beteiligten Beamten „harte Auswertearbeit“ bevor.

Die „simulierte“ Besetzung des Lastwagens mit zwei Fahrern, die sich dann vor den Augen des Gesetzes am Steuer abwechseln, laufe rechtlich unter der Überschrift „Fälschung beweiserheblicher Daten“. Bereits den Betriebsprüfern sei aufgefallen, dass es in vielen Fällen wohl tatsächlich nur Einzelfahrer gegeben habe, was dann die weiteren Ermittlungen und die Durchsuchungen zur Folge hatte.

Polizei und Staatsanwaltschaft sprechen von „erheblichen Unregelmäßigkeiten“

Dabei stellten die Beamten unter anderem auch Dokumente und Mobiltelefone neben den elektronischen Speichermedien für die Fahrtenschreiber sicher. Polizei und Staatsanwaltschaft sprachen am Donnerstag von „erheblichen Unregelmäßigkeiten“, die Anklagebehörde habe Ermittlungen gegen den Inhaber und den ehemaligen Verkehrsleiter eines Unternehmens eingeleitet.

Ob es zwischen den beiden Betrieben Verbindungen gibt und welcher Art diese waren, konnte die Polizei am Donnerstag auf Nachfrage nicht sagen.

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