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Themenwoche zum Wohnen und Leben

Es gibt nicht genügend bezahlbare Wohnungen im Ortenaukreis

Wie finden Menschen ein Dach über dem Kopf, die bereits an der unteren Einkommensgrenze angekommen sind? Der Sozialdezernent des Ortenaukreises über das Wohnen, wenn das Geld knapp ist.

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Schwierige Wohnungssuche: Vor allem alleinerziehende Mütter haben es auf dem Immobilienmarkt nicht leicht. Darauf weist auch das Frauenhaus immer wieder hin, sagt Kreis-Sozialdezernent Georg Benz. Foto: Peter Steffen / dpa

Wenn schon Menschen mit mittleren und höheren Einkommen bisweilen Schwierigkeiten haben, eine Wohnung zu finden, wie sieht es dann bei Geringverdienern aus?

Es gebe genug Wohnungen, aber nicht genug bezahlbare.

Das sagt der Sozialdezernent der Ortenaukreises, Georg Benz, im Gespräch mit unserem Redakteur Frank Löhnig.

Die Wohnkosten sind immer so ein heikler Punkt, wenn es um Hartz IV geht. Was darf eine Wohnung denn für jemanden kosten, der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch SGB II bezieht, wie es offiziell heißt?
Benz

Wir haben die Wohnkosten im Kreis in drei Kategorien eingeteilt: Die höchste gilt für die Mieten in Offenburg und (oder) Kehl, die mittlere für Achern, Appenweier, Ettenheim, Friesenheim, Gengenbach, Lahr und Oberkirch, die niedrigste für alle übrigen Kommunen. In Heller und Pfennig heißt dies: Für eine vierköpfige Familie würden wir zwischen 624 und 787 Euro Kaltmiete im Monat als angemessen akzeptieren. Was darüber ist, muss der Betroffene selbst übernehmen. Im Moment ist die Angemessenheitsprüfung wegen Corona ausgesetzt, aber sie wird vermutlich auf die eine oder andere Art wiederkommen. Derzeit sind 85 Prozent der Mieten im Bereich des SGB II im Kreis konform mit den Obergrenzen.

Wie sind die festgelegt worden?
Benz

Das ist ein schwieriges Kapitel. Wir haben nach den Vorstellungen des Bundes zwei schlüssige Konzepte erarbeitet, die wurden jedes Mal von den Gerichten beanstandet, wie in vielen anderen Stadt- und Landkreises bundesweit. Jetzt orientieren wir uns an den Sätzen für das Wohngeld, auf die wir nochmals zehn Prozent draufgelegt haben. Das hat jetzt auch Bestand, zumal die zahlreichen Gerichtsentscheidungen dieses Vorgehen als rechtmäßig bestätigen.

Finden die Menschen mit diesen Sätzen eine Wohnung?
Benz

Ich kann das jetzt nicht mit Zahlen belegen, aber unserer Erfahrung nach schon. Man findet etwas, aber nicht immer in dem Ort, in dem man gerne wohnen möchte, und auch nicht immer gleich. Generell gilt, dass es durchaus genügend Wohnungen gibt, aber nicht genügend bezahlbare Wohnungen.

Wer hat denn da besondere Schwierigkeiten?
Benz

Knapp sind erfahrungsgemäß die kleinen Wohneinheiten, die sind meist ziemlich teuer und zu den genannten Bedingungen nicht zu kriegen. Vor allem alleinerziehende Frauen stehen immer wieder vor Problemen. Das Frauenhaus beklagt sich zum Beispiel immer wieder, dass Frauen nicht ausziehen können, weil man ihnen nur mit Vorbehalt vermietet. Auch bei Menschen, die aus der Obdachlosenszene kommen, ist es extrem schwierig, auch wenn die sich wieder eine Wohnung leisten können. Generell gilt: Die Menschen, die sich auch sonst in unserer Gesellschaft an den Rand gedrängt sehen, haben auch hier Probleme. Und manchmal wird auch versucht, das auszunutzen.

Wie das?
Benz

Indem zum Beispiel in ehemaligen Hotels oder Gaststätten einzelne Zimmer zu völlig unangemessenen Preisen vermietet werden. Da wird dann versucht, die Not auszunutzen – ein paar Quadratmeter zu wirklich unlauteren Bedingungen.

Welche Rolle spielt der soziale Wohnungsbau in der Region?
Benz

Der hinkt hinterher. Das Fehlen von bezahlbarem Wohnraum ist immer wieder ein Thema, das im Raum steht. Auch Familien mit mehreren Kindern haben, unabhängig von der Frage, ob sie staatliche Leistungen beziehen, bisweilen Schwierigkeiten, entsprechende Wohnungen zu hinnehmbaren Preisen zu finden. Doch das sind Momentaufnahmen, man müsste mal eine systematische Bestandsaufnahme machen, beispielsweise einen Mietspiegel erstellen. Soweit ich weiß, ist Offenburg die einzige Stadt, die in dieser Hinsicht aktiv geworden ist.

Zur Serie

Eine angemessene Wohnung kann in einem wohlhabenden Land wie Deutschland eigentlich jeder erwarten. Warum das aber keine Selbstverständlichkeit mehr ist, warum es gerade im Raum Achern an Wohnungen fehlt und ob der Markt sich bald entspannt, diese Fragen rückt die Themenwoche zum Wohnen und Leben in den Mittelpunkt.

In dieser Woche werden wir das Problem an jedem Tag aus einem anderen Blickwinkel betrachten – und nach Lösungen fragen.

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