Es regnet in Strömen. Die Wolken hängen tief im Kinzigtal. Die Dame an der Kasse des Freilichtmuseums Vogtsbauernhof in Gutach blickt betrübt zum Himmel. Die Wiedereröffnung nach der Winterpause am Sonntag hat sie sich anders vorgestellt.
„Ich habe einen richtigen Knoten im Bauch“, meint sie. Immerhin steht schon eine Familie mit zwei Kindern vor dem Eingang, ausgestattet mit Regenschirmen und wasserdichten Mänteln.
Freilichtmuseum in Gutach mit Bollenhut-Macherin
Auch Geschäftsführerin Margit Langer ist an diesem Sonntagmorgen bereits unterwegs und schaut nach ihren ehrenamtlichen Unterstützern. Zahlreiche Handwerker präsentieren am Eröffnungstag ihre traditionellen Arbeitsmethoden. Immerhin sitzen sie in den verschiedenen Schwarzwaldhöfen im Trockenen.
Unter ihnen ist Gabriele Aberle aus Gutach. Die 68-Jährige ist eine der beiden letzten Bollenhut-Macherinnen in Gutach, Kirnbach und Reichenbach. Das sind die drei evangelischen Orte, aus denen der berühmte Hut, den junge Frauen bis zur Hochzeit tragen, ursprünglich stammt.
„Inzwischen steht der Bollenhut leider für den gesamten Schwarzwald, dabei haben wir eine schöne Trachtenvielfalt“, sagt Aberle. „Als ich 1974 mit meiner Trachtengruppe und Bollenhüten in die USA reiste, riefen die Leute gleich: Ihr kommt aus Deutschland.“
Wir haben die meisten Gäste im Land.Margit Langer, Geschäftsführerin Freilichtmuseum Vogtsbauernhof
Margit Langer irritiert der trostlose Start nicht. „Es gibt sieben Freilichtmuseen in Baden-Württemberg“, berichtet sie. „Wir sind mit sieben Hektar flächenmäßig das kleinste, haben aber mit durchschnittlich 230.000 Besuchern pro Jahr die meisten Gäste.“
Die Coronajahre mit ihren Einschränkungen und einer Halbierung der Besucherzahl im Jahr 2020 haben ein Loch in die Kasse gerissen. Das Freilichtmuseum, dessen Träger der Ortenaukreis ist, schrieb rote Zahlen. Damit soll jetzt wieder Schluss ein. „Normalerweise decken wir mit unseren Einnahmen die Betriebskosten.“
Das Freilichtmuseum wächst. Stolz zeigt Langer ihre beiden jüngsten Zugänge. Das sogenannte Effringer Schlössle ist ein herrschaftlicher, wenngleich auch bescheidener Bau aus dem Nordschwarzwald. Im Gegensatz zu den Bauernhöfen aus Holz und Fachwerk ist das im Kern spätmittelalterliche Gebäude aus Buntsandstein gemauert.
Das sogenannte Ortenauhaus aus Durbach, ein rund zweieinhalb Jahrhunderte altes typisches Winzerhaus aus der Vorgebirgszone, wird aktuell aufgebaut und soll am 2. Juli eröffnet werden. Es ist das erste Gebäude, das nicht direkt aus dem Schwarzwald stammt.
Dass es im Freilichtmuseum fast ausschließlich unterschiedliche Bauernhaustypen aus dem mittleren und südlichen Schwarzwald gibt, ist der Sammelleidenschaft und dem wissenschaftlichen Interesse des Gründers Hermann Schilli zu verdanken. Bis 1973 war der Landkreis Wolfach, der damals in den neuen Ortenaukreis aufging, Träger des Museums.
Die Konzentration auf Schwarzwälder Haustypen ist also historisch bedingt. Daraus hat sich die überraschende Tatsache entwickelt, dass die Rheinebene, die flächenmäßig einen großen Teil des Ortenaukreises ausmacht, im Freilichtmuseum keine Berücksichtigung findet. Zumindest die Vorgebirgszone hält nun mit dem „Ortenauhaus“ Einzug.
Margit Langer und der wissenschaftliche Leiter Thomas Hafen (beide seit 2007 im Amt) haben das Museumsgelände nicht nur um zwei Hektar erweitert, sie planen auch drei neue Gebäude, von denen mit dem Effringer Schlössle und dem „Ortenauhaus“ zwei bereits angekommen sind. Damit sollen Nordschwarzwald und Vorgebirgszone abgebildet werden. Ob irgendwann einmal Haustypen aus der Rheinebene zu sehen sein werden, ist aktuell allerdings noch völlig offen.