Seit drei Tagen liegen die Corona-Inzidenzen im Ortenaukreis wieder unter der entscheidenden Zahl von 100. Am fünften Tag könnten Lockerungen anstehen – wenn diese Entwicklung belastbar wäre. Daran aber hat man im Offenburger Landratsamt noch erhebliche Zweifel.
Es könnte gut sein, dass das dicke Ende nachkommt: „Ob die Feiertage durch weniger Kontakte eine kleine Trendwende bewirkt haben oder durch mehr Kontakte genau das Gegenteil, das ist zurzeit noch nicht absehbar“, sagt Evelyn Bressau, Leiterin des Offenburger Gesundheitsamts.
Auch der zuständige Dezernent Reinhard Kirr verweist auf Unregelmäßigkeiten: „Es ist zu früh, über mögliche Öffnungsschritte nachzudenken.“
Klinikum erweitert Intensivkapazitäten
Tatsächlich beurteilt der Kreis die Situation weiter als äußerst ernst. Erst am Mittwoch hatte das Ortenau Klinikum angekündigt, in Offenburg und Lahr weitere Intensivkapazitäten an den Krankenhäusern zu schaffen.
Tatsächlich sind 70 der derzeit 80 Intensivbetten belegt, davon 20 mit Covid-19-Patienten, von denen fast die Hälfte invasiv beatmet werden muss. Auch die Zahl der Todesopfer ist weiter gestiegen, auf zuletzt 509.
Es ist zu früh, über mögliche Öffnungsschritte nachzudenken.Reinhard Kirr, Dezernent im Landratsamt
Und die Mutanten sind auf dem Vormarsch: Bis zum 6. April waren fast 1.500 Fälle der britischen Virusvariante nachgewiesen worden sowie 31 Infektionen mit der südafrikanischen oder brasilianischen Mutation. Eine Aussage über den Anteil dieser Virusvarianten an der Zahl der Gesamtinfektionen macht das Offenburger Landratsamt nicht.
Doch der Trend ist klar. Im benachbarten französischen Departement Bas-Rhin sind inzwischen neun von zehn Ansteckungen durch die besonders gefährlichen Virusarten verursacht, ganz überwiegend auch hier von der britischen Variante.
An Schulen viele Kontaktpersonen
In den vergangenen Wochen hatten zunehmend Schulen und Kindergärten eine Rolle bei der Verbreitung des Erregers gespielt – allerdings nicht in dem Maß, wie manche vielleicht meinen.
Laut Bressau handelt es sich meist „um einzelne Fälle mit vielen Kontaktpersonen“, also um viel Arbeit für das Gesundheitsamt. Man habe insgesamt keine vermehrten Ansteckungen von Mitschülern feststellen könne, heißt es weiter.
Derzeit seien an 30 Schulen im Kreis einzelne Personen oder auch mehrere Klassen in Quarantäne, „von großen Ausbrüchen kann man aber hier nicht sprechen“, so Amtsleiterin Bressau weiter. Betroffen seien auch 20 Kindergärten oder Kindertagesstätten, auch hier gebe es, wie bei den Schulen, „vereinzelte Folgefälle“.
Eine zentrale Rolle bei der Pandemiebekämpfung kommt den Impfungen zu, die nach der geänderten Risikobewertung des Vakzins von Astrazeneca nun wieder neu organisiert werden müssen. Unter 60-Jährige sollen bekanntlich ihre Zweitimpfung jetzt mit einem so genannten mRNA-Impfstoff erhalten.
Termine werden automatisch angepasst
Wichtigste Nachricht für die Bürger: Wer einen Zweittermin hat, und das sind alle, die bisher nur eine Erstimpfung bekommen haben, muss nichts unternehmen.
Er wird automatisch umgestellt. Unterdessen wird immer deutlicher, dass der Betrieb der Impfzentren, die bisher mangels der notwendigen Vakzine nie ihre maximale Auslastung erreicht haben, verlängert wird.
Der Ortenaukreis hat für seine beiden Einrichtungen eine Verlängerung bis zum 30. September beantragt. Das von der Messe Offenburg betriebene Zentrale Impfzentrum wird mindestens bis zum 15. Juli online sein. Denn bis dahin, so Messechefin Sandra Kircher, habe man bereits Termine eingestellt.
3.000 Impfdosen für Hausarztpraxen
Recht schleppend verläuft bislang die Immunisierung der Menschen in den Hausarztpraxen. Kreisweit haben sich 158 Ärzte und Praxisgemeinschaften auf eine erste Anfrage hin gemeldet, sagt die Pandemiebeauftragte der Kassenärztlichen Vereinigung und medizinische Leiterin der Impfzentren, Doris Reinhardt.
Auf diesem Wege würden derzeit rund 3.000 Spritzen gegen Corona pro Woche im Kreis verabreicht. Dies sei, so Reinhardt, „eine gute Ergänzung der vorhandenen Impfstruktur“. Dass es recht langsam anlaufe, gebe den Ärzten Gelegenheit, ihre Organisation an die neue Aufgabe anzupassen.