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Erfolgreiche Klage gegen Kündigung

Urteil kommt WG Waldulm teuer zu stehen

Seit Jahren kommen und gehen in Kappelrodeck-Waldulm Kellermeister und Geschäftsführer bei der Winzergenossenschaft. Jetzt ist der Rotweinbetrieb vor Gericht schmerzhaft auf die Nase gefallen.

Mann im Weinkeller
Trennung im Streit: Vorstandschef Andreas Wiegert im Keller der WG Waldulm. Jetzt traf man sich vor dem Offenburger Landgericht wieder, das Ergebnis dürfte die WG massiv finanziell belasten. Foto: Frank Löhnig

Die Winzergenossenschaft in Waldulm steht vor einem gewaltigen finanziellen Problem. Der im Frühjahr 2020 gekündigte Geschäftsführer und Vorstandschef Andreas Wiegert hat erfolgreich auf Weiterbeschäftigung geklagt.

Er hat zudem nach Ansicht des Offenburger Landgerichts Recht auf eine erhebliche Nachzahlung von Vergütungen für seine bereits geleistete Arbeit. Die Kündigung betrachtet das Gericht als wirkungslos.

Das heißt: Die WG Waldulm muss Wiegert seine Bezüge bis zum Ende seiner regulären Vertragslaufzeit weiter zahlen. Allein dafür werden 9.000 Euro monatlich fällig, dazu kommt knapp eine Viertelmillion Euro, die ihm das Gericht für seine bisherige Arbeit zugesprochen hat.

Demnach war Wiegert seit Anfang 2017 für die Genossenschaft als Geschäftsführer tätig, zudem seit April als Vorstandsvorsitzender. Einen Vertrag hatte er aber erst Ende 2019 erhalten – drei Monate vor der Kündigung.

Genossenschaft finanziell unter Druck

Die Entscheidung des Gerichts bringt die finanziell ohnedies unter Druck stehende Genossenschaft in Nöte und wirft Fragen zu deren Geschäftsgebaren auf. Georg Börsig, derzeit bei der WG an Ruder, wollte die Vorgänge auf Anfrage am Montag ebenso wenig kommentieren wie Andreas Wiegert. Nach Informationen dieser Zeitung muss die Winzergenossenschaft ihrem früheren Vorstandschef im Ergebnis deutlich mehr als eine halbe Million Euro zahlen – der Vertrag läuft wohl bis Ende 2023.

Eine erhebliche finanzielle Herausforderung für eine Genossenschaft, die seit Jahren in einer finanziell angespannten Situation agiert. Vor allem die geringe Nachfrage nach Rotwein hat den Waldulmern mehr und mehr zu schaffen gemacht. Wie Wiegert in einem Gespräch mit dieser Zeitung schon Anfang 2019 deutlich machte, musste man Wein teilweise unter den Gestehungskosten abgeben.

Kleiner Betrieb produziert teuer

Dazu kommt: Waldulm ist eine von ganz wenigen kleinen Genossenschaften in der Region, die sich noch keinen starken Partner gesucht haben. Eine in vielfacher Hinsicht nahe liegende Fusion mit dem benachbarten Kappelrodeck scheiterte bekanntlich an verschiedenen Vorbehalten. Inzwischen stehen die Kappelrodecker nicht mehr zur Verfügung, die Hex hat sich mit der WG Oberkirch zusammengetan.

In dieser Situation holte man sich Andreas Wiegert als Retter. Der bemängelte Probleme in Vertrieb und Marketing und kündigte im März 2019 an, am Rotwein festzuhalten: „Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom“. Ein Jahr später setzte man ihm aber den Stuhl vor die Tür, eine weitere Facette der fahrigen Personalpolitik, die man in Waldulm betrieben hatte. In wenigen Jahren wurden drei Geschäftsführer verschlissen, auch im Keller zog lange keine Ruhe ein.

Rechtsmittel sind möglich

Der Vorstandschef wehrte sich, zog vor Gericht – und gewann den Prozess auf ganzer Linie. „Die Kündigung wurde als unwirksam angesehen, weil für das Gericht Kündigungsgründe und die Einhaltung der Kündigungsfrist nicht ersichtlich waren“, teilt die Kammer mit. Die ordentliche Kündigung werde erst wirksam, wenn der Dienstvertrag ausläuft, so das Gericht weiter. Gegen das Urteil sind Rechtsmittel möglich.

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